EU-Beschwerde: Christian Horner sieht Chance für Red Bull

"Es ist nie zu spät, sich zu beschweren": Die Argumente für die EU-Beschwerde, warum Lotus (doch) nicht mitgemacht hat und was sich Red Bull davon erhofft

(Motorsport-Total.com) - Force India und Sauber haben kürzlich bei der Europäischen Union offiziell Beschwerde gegen die Einnahmenverteilung in der Formel 1 eingelegt. Diese verstößt ihrer Meinung nach gegen EU-Wettbewerbsrecht, weil die großen Teams bevorzugt werden und teilweise sogar Sonderzahlungen kassieren, für die sie sich nicht auf sportlichem Weg qualifizieren müssen.

Titel-Bild zur News: Bernie Ecclestone, Christian Horner, Vijay Mallya

Bernie Ecclestone, Christian Horner und Vijay Mallya im Jahr 2011 Zoom

Betroffen sind aber eigentlich nicht nur zwei, sondern fünf Teams - Lotus, Toro Rosso und Manor-Marussia haben die Beschwerde nicht unterschrieben. Im Fall von Lotus hängt das mit der "einzigartigen Situation" zusammen, in der sich das Team laut Geschäftsführer Matthew Carter befindet: "Hätten wir einen anderen Weg eingeschlagen, wenn wir nicht potenziell neue Eigentümer hätten? Ja, wahrscheinlich."

Hintergrund: Renault hat kürzlich eine Absichtserklärung unterschrieben, das Lotus-Team zu übernehmen, und verhandelt mit Bernie Ecclestone über einen begünstigten Status als Premiumteam. Dann Radau zu schlagen, wäre für das Gesprächsklima wohl wenig förderlich. Carter: "Uns wurde geraten und wir haben auf höchstem Niveau besprochen, dass wir diesen Weg einschlagen sollen. Also haben wir entschieden, uns nicht anzuschließen."

Tost: Vertrag unterschrieben, und damit basta

Für Franz Tost und Toro Rosso war die Aktion hingegen nie ein Thema: "Wir haben vor einigen Jahren einen Vertrag unterschrieben. Wir kannten den Inhalt. Daher gibt es für uns keinen Grund, Forderungen gegen den Inhaber der kommerziellen Rechte zu stellen." Das sieht Vijay Mallya anders: "Ich kann bestätigen, dass Verträge unterschrieben wurden. Aber die Diskrepanz zwischen den Verträgen war zu dem Zeitpunkt, als die Verträge unterschrieben wurden, nicht bekannt."


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Und der Force-India-Teamchef hat die Lacher auf seiner Seite, wenn er sagt: "Es ist nie zu spät, sich zu beschweren, nicht wahr?" Was viele übrigens nicht begreifen: Ecclestone kommt die EU-Beschwerde möglicherweise gar nicht ungelegen. Als Force India und Co. vor einem Jahr in Austin mit Boykott gedroht haben, war er es, der in einem emotionalen Mediengespräch andeutete, dass er am liebsten alle bestehenden Verträge zerreißen und neu anfangen würde.

Was will Ecclestone wirklich?

Den kleinen Privatteams, die immer das Rückgrat der Formel 1 waren, mit mehr Geld und einem kostengünstigen Motor zu helfen, das wäre nach Meinung von Ecclestone in der aktuellen Lage die Rettung. Doch die bestehenden Verträge mit Ferrari, McLaren, Mercedes, Red Bull und Williams kann er nur zerreißen und neu aufsetzen, wenn er von außen juristisch dazu gezwungen wird - weshalb ihm die EU-Beschwerde eigentlich entgegenkommt.

"Der Promoter könnte auch entscheiden, das gesamte Preisgeld nur dem siegreichen Team zu geben." Christian Horner

Und noch einer würde profitieren, sollte die EU für Force India und Sauber entscheiden: Christian Horner, der immer noch verzweifelt nach einem Motor für Red Bull sucht und bei Mercedes und Ferrari bisher abgeblitzt ist. Grundsätzlich findet er: "Der Promoter könnte auch entscheiden, das gesamte Preisgeld nur dem siegreichen Team zu geben. Dann haben die anderen Teams immer noch die freie Wahl, ob sie an so einer Meisterschaft teilnehmen wollen."

Aber ein mögliches EU-Urteil könnte auch auf andere Aspekte weitreichende Auswirkungen haben - zum Beispiel eben auf die Motorenfrage: "Ich bin gespannt, wie die EU darüber entscheidet. Denn dann könnten wir auch die Frage stellen: Verstößt es auch gegen Wettbewerbsrecht, wenn sich Teams dagegen weigern, Motoren zur Verfügung zu stellen? Alles könnte vor der EU-Kommission landen", stellt Horner eine Spekulation in den Raum.