• 18.03.2012 13:49

Button: "Ein Traumstart"

McLaren-Fahrer Jenson Button spricht über seinen Sieg beim Saisonauftakt in Melbourne und über den möglichen weiteren Verlauf des Rennjahres

(Motorsport-Total.com) - Drei Siege in vier Jahren: Jenson Button drückte dem Großen Preis von Australien in Melbourne wieder einmal seinen Stempel auf. Der britische Rennfahrer schnappte sich beim Start den ersten Platz und machte nach 58 Runden seinen ersten Triumph in dieser Saison perfekt. Für Button und McLaren war es ein Saisonauftakt nach Maß, wie der Ex-Weltmeister in der Pressekonferenz bestätigt. Dort spricht Button über seinen Sieg und auch über die Konkurrenz von Red Bull.

Titel-Bild zur News: Jenson Button

Jenson Button strahlte nach seinem Sieg in Melbourne bis über beide Ohren

Frage: "Jenson, du hast beim Start die Führung erobert und fuhrst nach einem kontrollierten Rennen als Sieger über die Ziellinie. Fasse doch bitte deine Emotionen zusammen..."
Jenson Button: "Ich denke, jeder Sieg bedeutet dir eine Menge. Das wissen wir alle, die wir hier sitzen (er selbst sowie Sebastian Vettel und Lewis Hamilton; Anm. d. Red.). Für uns als Team zeigt dieser Erfolg, wie wichtig der Winter ist."

"Wir hatten einen starken Winter. Das hat die Qualifikation am Samstag dick unterstrichen. Es ist daher klasse, beim ersten Rennen des Jahres einen Sieg einzufahren. Die Jungs in Woking haben im Winter wirklich ausgezeichnete Arbeit geleistet. Das wird ihnen sicherlich dabei helfen, bei ihren Überstunden noch einmal etwas mehr Druck zu machen, um das letzte bisschen herauszuholen."


Fotos: Jenson Button, Großer Preis von Australien


"Daher: Vielen Dank an alle in Woking und an das gesamte McLaren-Team für diesen Sieg in Melbourne. Es war ein Traumstart. Ich kniff mich während des Rennens sogar einmal, um sicherzugehen, dass es kein Traum war."

Die Entscheidung fällt am Start

Frage: "Sprechen wir über den Start: Du fuhrst von Platz zwei auf Rang eins nach vorne..."
Button: "Ich reagierte zwar prima auf das Ampelsignal, fuhr aber nicht so toll los. Ich schaltete etwas zu früh in den zweiten Gang hinauf. Dadurch fiel die Drehzahl zu tief."

"Das hört sich so einfach an, aber das ist es gar nicht."

"Das hört sich so einfach an, aber das ist es gar nicht. Ich hatte also keinen perfekten Start. Er war aber gut genug, um Lewis zu kassieren und als Führender in Kurve eins einzubiegen. Dort hat er sich sehr fair verhalten. Wir haben nicht versucht, uns gegenseitig abzuräumen. Das war sehr nett von ihm."

Frage: "Nach dem Start konntest du gut wegziehen und einen Vorsprung aufbauen, der sich zu stabilisieren schien. Wie war das aus deiner Sicht?"
Button: "Ich wusste, dass ich in den ersten Runden richtig viel Druck machen musste. Mir war klar: Lewis würde mir folgen wie ein Schatten. Ich musste daher versuchen, mich abzusetzen. Nach zwei Runden wurde schließlich das Heckflügel-System freigegeben. Das war also sehr wichtig. Im Rennen fuhren wir aber geschlossen in eine gewisse Unbekannte."

"Wir kamen gut hin, trafen es aber nicht perfekt." Jenson Button

"Am Freitag legte ich als längste Distanz eine Fahrt über acht Runden zurück. Die Bedingungen waren damals aber andere. Für das Rennen war es also nicht einfach, Dinge wie die Einstellungen des Flügels, den Reifendruck und dergleichen richtig auf die Reihe zukriegen. Wir kamen gut hin, trafen es aber nicht perfekt. Im zweiten und dritten Stint passte es aber viel besser."

"Wir hatten dann schon ein besseres Verständnis vom Auto und konnten daher noch stärker auftreten. Alles in allem bin ich sehr zufrieden mit dem Auto. Es gab ein paar Bereiche, in denen es ein bisschen besser hätte sein können. Ich glaube aber: Wir haben an diesem Wochenende wirklich gute Arbeit geleistet."

Das Safety-Car lässt den Vorsprung verschwinden

Frage: "Was ging dir durch den Kopf, als das Safety-Car auf die Strecke kam? Bis dahin hattest du dir ein Polster von zehn Sekunden aufgebaut. Wie war dir dann zumute? Hattest du Bedenken?"
Button: "Ja. Das geht dir aber immer so. Vor allem, wenn es so kühl ist."

"Ich war ein bisschen angespannt." Jenson Button

"Es war später Nachmittag und die Sonne stand schon tief. Da ist es schwierig, die Reifen auf Temperatur zu halten. Das ist dann wirklich das Letzte, was du willst, wenn du das Feld vor dem Neustart anführst. Ich war ein bisschen angespannt, konnte meine Reifen aber auf Temperatur halten und viel Sprit sparen. Das war ziemlich für uns, denke ich."

"Außerdem erwischte ich einen guten Neustart. Das sagte mir: 'Mach für zwei Runden richtig viel Druck, um nach dem Neustart gleich eine Lücke aufzureißen.' Das gelang, und ich war sehr zufrieden damit. Danach ging es nur noch darum, das Tempo bis zum Rennende zu kontrollieren. Ja, es war ein wirklich toller Tag."

Frage: "Schildere uns deine Eindrücke zu den unterschiedlichen Reifenmischungen..."
Button: "Ja, es gibt einen Unterschied. Das ist aber eher eine Sache der Balance als alles andere. Meine größte Sorge war das Safety-Car."

"Wenn du dir erst einmal einen Vorsprung von zehn Sekunden erarbeitet hast, ist das spitze. Du kannst die Geschichte dann zu einem gewissen Grad kontrollieren, doch wenn das Safety-Car herauskommt und es schon 18 Uhr abends ist, dann sind die Reifen nur schwer auf Temperatur zu halten. Das hatten wir im Vorjahr bemerkt. Deshalb machte ich mir große Sorgen."

"Es war schön, Seb binnen zweier Runden drei Sekunden aufzubrummen." Jenson Button

"Wir alle versuchen, die Temperaturen möglichst hoch zu halten, doch wenn du dann wieder Druck machst, hast du ein völlig anderes Gefühl. Dann bleibt leicht mal ein Rad stehen. Das passierte mir aber nicht. Ich konnte erneut eine Lücke aufreißen und aus der Überholzone fahren. Es war schön, Seb binnen zweier Runden drei Sekunden aufzubrummen. Danach kontrollierte ich das Tempo."

"Zum Schluss legte Seb noch einige ziemlich schnelle Runden hin. Ich musste ebenfalls nochmals nachlegen, um die Lücke konstant zu halten. Das gelang aber. Red Bull ist jedoch sehr stark. Ich habe fast das Gefühl, die Rollen haben sich vertauscht. 2011 waren wir im Qualifying nicht so gut, dafür aber im Rennen. Man muss Red Bull für Malaysia sicher auf der Rechnung haben."

Red Bull dreht im Rennen auf

Frage: "Wie überrascht warst du vom Tempo von Red Bull im Rennen?"
Button: "Nicht überrascht. Ich hatte schon nach der Qualifikation betont, dass ich davon ausging, dass sie konkurrenzfähig sein würden. Ich glaube, sie haben es am Samstag einfach nicht auf die Reihe gekriegt. Sie stellten nun ihre Geschwindigkeit unter Beweis und Seb leistete gute Arbeit, um Rang zwei zu erobern. Als Team haben wir bei McLaren aber den besten Job gemacht, würde ich sagen. Ich freue mich schon auf das nächste Rennen."

"Wir haben ihre Serie beendet." Jenson Button

"Wir haben bewiesen, dass wir eine Saison auch stark beginnen können. Das ist klasse. Und es sind doch gute Nachrichten für den Sport, mal keinen Red Bull ganz vorne in der Startaufstellung zu haben. Seit Monza 2010 war immer mindestens einer von ihnen in der ersten Reihe. Wir haben ihre Serie beendet. Sie sind aber da und wir müssen sie im Auge behalten."

Frage: "Wenn ich es richtig gesehen habe, warst du zweimal mit der mittleren Reifenmischung unterwegs. Red Bull setzte dagegen zweimal auf die weiche Variante. Heißt das, der Verschleiß war bei dir ein bisschen größer?"
Button: "Um die Wahrheit zu sagen: Ich weiß es nicht. Über die meiste Zeit des Rennens konzentrierte ich mich vollkommen auf Lewis hinter mir. Er war sehr nahe dran, also wusste ich nicht, was dahinter mit den Red Bulls passieren würde. Ich weiß es wirklich nicht. Das ist eben die Strategie, die wir gewählt haben."

"Ich glaube nicht, dass der Verschleiß ein Thema war. Es ging nur einfach um eine Strategie, die wir für die Beste hielten. Ich betone aber nochmals: Wir hatten hier nur sehr wenig Streckenzeit. Da wird es schwierig, die perfekte Taktik auszuknobeln. Es kommt einfach darauf an, welche Reifen du am Freitag fährst. Ich fuhr damals mit der weichen Mischung und hielt das für den richtigen Weg."

Button verbessert seine Siegquote in Melbourne

Frage: "Es war dein dritter Sieg in Melbourne. Dieser Ort muss etwas Besonderes für dich sein..."
Button: "Ja. Ich schlief übrigens in jedem dieser Jahre im gleichen Zimmer. Als wir dieses Mal hier ankamen, sagte mir meine Freundin: 'Wir sind witzigerweise im gleichen Zimmer wie vor zwei Jahren, als du gewonnen hast.' Vielleicht ist das also der Grund. Wie auch immer. Jeder Rennsieg ist toll, doch hier ist es immer etwas Spezielles."

"Wir beginnen das Jahr sicherlich optimal." Jenson Button

"Es ist auf jeden Fall sehr wichtig, einen starken Auftakt für das Team hinzulegen. In den vergangenen beiden Jahren hatten wir beim ersten Rennen immer ein paar Probleme. Dieses Mal hatten wir dank Lewis die Pole-Position und nun auch den Sieg. Ich denke, das bringt uns für die kommenden Rennen in eine sehr gute Ausgangslage. Wir beginnen das Jahr sicherlich optimal."

"Vielen Dank dafür an das Team und an alle, die so hart dafür gearbeitet haben. Heute früh hörte ich einen Mechaniker sagen: 'Diese Sperrstunde ist wirklich großartig. Das war die erste Pause seit dem Jahresbeginn.' Daher noch einmal vielen Dank an alle in Woking und vielen Dank für all die Überstunden und dergleichen mehr. Ja, es ist ein fantastischer Tag."

Frage: "Drei Siege in vier Jahren. Beantragst du jetzt die australische Staatsbürgerschaft? Wie unterschied sich dieser Sieg von deinen vorherigen Rennerfolgen in Melbourne?"
Button: "Dieser Sieg ist anders als der von 2010. Damals waren die Bedingungen wirklich sehr seltsam."

"Dieses Mal fühlte sich das Auto über das komplette Rennen hinweg gut an." Jenson Button

"Wir starteten im Nassen und danach trocknete die Strecke ab. Ja, das war etwas komplett anderes. 2009 stand ich auf der Pole-Position, doch das Rennen... Es war gut, doch im letzten Stint hatte ich damals ziemlich zu kämpfen. Die Reifen funktionierten ganz anders. Dieses Mal fühlte sich das Auto über das komplette Rennen hinweg gut an."

"Ich denke, wir hatten eine gute Balance zwischen dem Tempo am Start und der Geschwindigkeit am Ende eines Stints. Mein Gefühl sagt mir: Wir hatten dieses Mal eine bessere Balance und einen besseren Reifenhaushalt als in jedem anderen Jahr hier in Melbourne. Das Auto fühlte sich einfach toll an."

"Button-W" gegen "Vettel-Finger"

Frage: "Ich habe deinen Siegergruß verpasst. War es ein 'W' oder ein 'V' oder dergleichen?"
Button: "Ich wollte etwas Neues ausprobieren, aber den 'Vettel-Finger' kann ich nicht schlagen. Darüber sprechen wir noch."

"Ach, ich liebe solche Fragen." Jenson Button

"Mit einer Wasserflasche in der Hand formte ich ein 'W'. Das funktionierte aber nicht so toll. Ich bin mir sicher, wir sehen den 'Vettel-Finger' in dieser Saison noch hin und wieder. Hoffentlich wird das nicht gar so oft der Fall sein. Wir werden hart kämpfen, damit das nicht passiert. Ach, ich liebe solche Fragen."

Frage: "Glaubst du, Seb wird deine Siegergeste auf die Dauer nerven so wie dich im vergangenen Jahr sein 'Vettel-Finger' genervt hat?"
Button: "Das hoffe ich doch."


Fotos: McLaren, Großer Preis von Australien


Frage: "Du bist sicher mit der Statistik vertraut, wonach der Sieger in Melbourne meist auch den WM-Titel einfährt..."
Button: "Na, das hört sich doch gut an, oder nicht? Ich siegte hier aber 2010 und war am Ende nicht Weltmeister. Es ist aber eine tolle Geschichte für dich persönlich, an einem solchen Ort das erste Rennen des Jahres zu gewinnen. Das ist eine schöne Motivation. Man darf sich davon aber nicht verrückt machen lassen. Es war nur einer von 20 Grands Prix."

Auch in Malaysia möchte Button siegen

Frage: "Das nächste Rennen findet in Malaysia statt. Du bist wahrscheinlich erneut auf den Sieg aus. Die Konkurrenz ist aber groß und wir scheinen vor einer spannenden Saison zu stehen. Wie siehst du das nach dem ersten Grand Prix?"
Button: "Wir alle glauben, dass 2012 ein ganz besonderes Jahr für die Formel 1 werden wird. Im vergangenen Jahr hatten schon fünf Weltmeister in der Startaufstellung."

"Ich bin schon sehr gespannt darauf, nach Malaysia zu reisen." Jenson Button

"In diesem Jahr sind es sechs Champions und viele konkurrenzfähige Rennställe. Es ist gut zu sehen, dass es der Formel 1 derzeit richtig gut geht. Es ist echt klasse, derzeit ein Teil des Sports zu sein. Ich bin schon sehr gespannt darauf, nach Malaysia zu reisen. Daran denke ich im Augenblick aber noch gar nicht."

"Ich werde jetzt erst einmal den Abend mit dem Team, meinen Freunden und meiner Familie genießen. Allzu wild wird es nicht werden, denn am Montag und am Dienstag werde ich wieder trainieren. Ein paar Bier oder Johnny Walkers mit der Crew werden es aber schon werden. Ab morgen konzentriere ich mich dann auf Malaysia."

Frage: "Und was bedeutet das Ergebnis von Melbourne für das Rennen in Sepang?"
Button: "Nun, es ist ein vollkommen anderer Rennplatz. Manche Leute hatten hier in Australien ein paar Probleme damit, ihre Reifen aufzuwärmen. Dergleichen wird es in Malaysia nicht geben. Es geht darum, ein gutes Setup für diesen Kurs zu finden."

"Konstanz ist dort der Schlüssel zum Erfolg. Daran müssen wir arbeiten. Ich sehe aber keinen Grund, warum wir das Auto nicht auch in diesen Bedingungen zum Arbeiten bringen könnten. Wir fuhren mit dem Fahrzeug bisher aber nur in recht kühlen Verhältnissen. Das Bild könnte sich daher komplett verändern. Wir haben allerdings ein paar gute Ideen für das Auto. Hoffentlich sind wir damit gut vorbereitet."