Button: Als Favorit in eine neue McLaren-Ära

228 Starts und kein bisschen müde: Fitter denn je reist Jenson Button zum Auftakt nach Melbourne - Zahlt sich die Entwicklungsstrategie von McLaren aus?

(Motorsport-Total.com) - Drei Jahre im "Löwenkäfig" mit Lewis Hamilton haben Jenson Button noch stärker gemacht. Viele Freunde und Berater haben ihn nach seinem Titel gewarnt, zu Lewis' Team zu wechseln - Hamilton würde ihn zerstören. Drei Saisons später hat sich das Blatt bei McLaren gewendet. Hamilton ist weg, dafür steht mit Sergio Perez ein unerfahrener Teamkollege an der Seite von Button. Nun ist der 33-Jährige - nebenbei mit 228 Starts der unumstrittene Senior im Feld - Teamleader und muss die Mannschaft zurück in die Erfolgsspur bringen.

Titel-Bild zur News: Jenson Button

Volle Konzentration auf 2013: Jenson Button will den Titel zu McLaren holen

"Wir (McLaren) haben die Weltmeisterschaft seit 2008 nicht mehr gewonnen, ich seit 2009 nicht mehr", knirscht Button mit den Zähnen. "Das sind vier Jahre und wir möchten sie zurückholen", fordert er gegenüber dem 'Guardian'. Dafür werde man alles geben, was möglich ist. "Aber ich denke, abgesehen von Sebastian (Vettel) wird jeder das gleiche sagen. Fernando (Alonso; Anm. d. Red.) hatte ein großartiges letztes Jahr, aber hat am Ende die Weltmeisterschaft nicht gewonnen. Also wird auch Ferrari sagen: 'Das ist ein wichtiges Jahr für uns. Es war eine lange Zeit.'"

Viel Konkurrenz, ein Ziel. Doch um das zu erreichen, muss alles zusammenpassen. "Es muss eine makellose Saison sein, doch dafür müssen wir entspannt bleiben, uns wirklich zusammenreißen und uns auf jedes kleine Detail am Auto und am Rennwochenende konzentrieren. Wir dürfen uns keine Fehler erlauben", erzählt 'JB' weiter. "Wir können uns kein Jahr wie 2012 erlauben", spricht er auf die Kette an Zuverlässigkeitsproblemen, Fehlern und Inkonstanz an. "Alles muss nach Plan laufen, denn ich denke nicht, dass die Leute große Fehler machen werden."

Der Albert Park als gutes Pflaster

Eine Saison beginnt aber nicht erst, wenn die Ampel in Australien am Sonntag um rund 17:03 Uhr Ortszeit auf grün schaltet. Für viele Mitarbeiter bei McLaren gilt schon seit Mitte 2012 volle Konzentration auf die kommende Saison. Doch zumindest sportlich ist dann für Jenson Button der Moment gekommen, an dem es wirklich um die Punkte geht. Dass er von Beginn an auf die Saison eingestellt ist, hat der Weltmeister schon öfter bewiesen: Sollte er auch in diesem Jahr in Australien die Zielflagge als Erster sehen, wäre es sein vierter Triumph im Albert Park in fünf Jahren.

Jenson Button

In Melbourne hatte der McLaren-Pilot in der Vergangenheit häufiger Grund zum Feiern Zoom

Allerdings sprang nur 2009 am Ende auch der Weltmeistertitel heraus. "Selbst, wenn du das erste Rennen gewinnst, heißt das noch lange nicht, dass du auch die Meisterschaft gewinnen wirst", weiß der McLaren-Pilot. "Das habe ich im letzten Jahr bewiesen." Damals siegte Button zum Auftakt souverän und sah wie der große Favorit für den weiteren Jahresverlauf aus, allerdings dauerte es bis zum zwölften Saisonrennen, bis der Mann aus Frome auf der Ardennen-Achterbahn in Spa seinen zweiten Grand Prix gewann.

In diesem Jahr könnte der Auftakt für die Chrompfeile allerdings ein wenig schwieriger werden. Bei den Wintertests in Jerez und Barcelona hatte das Team laut Button mit ein paar Problemen zu kämpfen und konnte nicht das Optimale aus dem Auto herausholen. Doch dies läge daran, dass man sich bei McLaren für ein neues Design und gegen eine einfache Evolution des MP4-27 entschieden habe. "Wir wollten ein Auto bauen, dass das ganze Jahr hindurch stark ist, deswegen haben wir so viele Änderungen vorgenommen", bestätigt Button gegenüber 'Reuters'.

Geht die Strategie auf?

Diese beträfen vor allem das Aussehen des Autos, die Gestaltung der Aufhängung und wie das alles die Aerodynamik des Boliden beeinflusst. "Uns steht eine sehr lange Saison bevor und wir möchten in der Lage sein, das Auto während des gesamten Jahres zu entwickeln. Einige Teams kommen vielleicht mit einem Auto, dass sie in Brasilien benutzt haben, nur mit ein paar Optimierungen. Das bedeutet, dass sie im ersten Rennen stark sein werden, aber sie werden die Entwicklung nicht wie wir das ganze Jahr durchziehen können. Das ist die Idee, die wir haben."


Fotos: Jenson Button, Testfahrten in Barcelona


"Trotzdem wollen wir beim ersten Rennen schnell sein", ergänzt Button. "Wir wollen vom Wort 'Go' an siegen." Zwar werde es vermutlich für jeden ein hartes Rennen werden, da alle ziemlich nah beieinander seien, dennoch zielt auch der Teamleader bei McLaren auf den obersten Podestplatz im Albert Park. Dreimal in vier Jahren ist das immerhin gelungen. Doch nicht nur deswegen kommt der 33-Jährige gern nach Melbourne: "Australien ist so ein besonderes Rennen für uns. In Brasilien sind wir immer am Ende der Saison und nicht viele Leute lächeln im Paddock. Aber beim ersten Rennen ist alles frisch, neu, aufregend. Jeder einzelne im Fahrerlager strahlt."

"Es ist ein großartiger Ort, um die Saison zu beginnen - ein wunderschöner Schauplatz, die 'Aussies' sind auch generell große Sportfans. Natürlich hatte ich bei meinen Erfolgen ein gutes Auto, aber beim Sieg 2010 war es nicht so gut." Woran es liegt, dass Button ausgerechnet im Albert Park so gute Leistungen zeigt, wüsste der Brite aber auch gerne: "Vielleicht passt es zu meinem Stil, vielleicht bin ich entspannter und besser vorbereitet. Es ist ein Rennen, das ich mit der Atmosphäre und dem Drumherum in Melbourne wirklich genieße."

(Frostiges) Leiden für den Erfolg

Mit "besser vorbereitet" hat sich der bekennende Triathlet selbst ein Stichwort gegeben. Es gibt wohl kaum einen Piloten im Feld, der fitter ist als Jenson Button. Marathon, Halbmarathon, Triathlon - je anstrengender desto besser für den Briten. Auch in diesem Winter hat 'JB' wieder hart trainiert, um perfekt für die Saison gerüstet zu sein. Dabei gibt er selbst an, noch viel fitter zu sein, als zu Zeiten seines WM-Titels mit Brawn: "Man legt immer noch ein wenig mehr Einsatz in das Wintertraining. Und weil ich schon so viele Jahre trainiere, summiert sich alles."

Jenson Button

Jensons zweites Hobby: Triathlon - Kein anderer Fahrer quält sich so wie der Brite Zoom

"Die Stundenanzahl, die ich nun absolviere, hätte ich vor vier Jahren gar nicht leisten können. Es wäre physisch einfach viel zu fordernd für meinen Körper gewesen", erklärt er. "Aber mein Körper ist jetzt daran gewöhnt, also kann ich auch mehr Zeit in ihn investieren. Aber es dreht sich nicht nur um physisches Training im Winter, es geht auch um mentales Training und darum, sich durch alles durchzukämpfen."

Ein besonderes Erlebnis in der Hinsicht erlebte der McLaren-Pilot im Februar. In Cannes an der französischen Riviera nahm der mit dem britischen Verdienstorden ausgezeichnete Rennfahrer an einem Halbmarathon teil. Und obwohl es "nur" ein Halbmarathon war, war es eines der schmerzhaftesten Dinge, die er je getan hat, sagt der Brite. Das Problem waren die frostigen Temperaturen bei dem Wettbewerb. Doch alles würde sich auf der Strecke auszahlen, glaubt er.

"Wie ich bis zum Ende ausgehalten hab? Ich habe an viele Dinge gedacht: Das erste Saisonrennen, darauf vorbereitet zu sein, mental bereit zu sein, keinen Druck zu spüren, mich mit mir selbst und im Team wohl zu fühlen. Das hat mich weitermachen lassen. Ich denke, die Stärke, die ich dadurch gewonnen habe, wird mir helfen, wenn ich zum ersten Rennen komme." Button ist somit bestens vorbereitet und gilt als einer der Titelanwärter.

Horner "beeindruckt"

Das ist auch der Konkurrenz nicht verborgen geblieben. Allen voran Red-Bull-Teamchef Christian Horner sieht in dem 33-Jährigen eine echte Gefahr: "Wenn das Auto seinen Anforderungen entspricht, dann sehe ich keinen Grund, warum er nicht den Titel gewinnen sollte. Er ist mit Sicherheit ein Fahrer, den wir nicht unterschätzen werden." Doch der Teamchef gibt zu, dass das nicht immer der Fall gewesen sei. Seit dem Jahr 2009 sei alles anders.

"Zur Überraschung aller ging er dahin, was als Lewis' Team verstanden wurde - und er hat ihnen zu denken gegeben", erzählt Horner. "Die Richtung ist dann immer mehr gekippt. 2011 hatte Jenson die Oberhand. Jenson ist ein ziemlich gewiefter Arbeiter und wusste wohlmöglich, dass er in Sachen reinem Speed nicht so schnell war wie Lewis. Aber er wusste, er kann ihn schlagen, wenn er seine anderen Talente benutzt. Er hat das Team scheinbar um sich herum gezogen und es wird interessant sein, zu sehen, was in diesem Jahr passiert."

Jenson Button

Der Ausstieg von Honda war zugleich Tief- und Wendepunkt in Buttons Karriere Zoom

"Jenson hat mich enorm beeindruckt seit dem schwierigen Jahr, in dem er nach dem Honda-Ausstieg nicht wusste, ob er fahren werde oder nicht", lobt Horner seinen Landsmann weiter. Sein Management habe damals sogar bei ihm angefragt, ob vielleicht ein Platz bei Toro Rosso frei sei. "Er kam zurück und hat 2009 abgeliefert, bevor er die Seiten wechselte." So habe sich letztlich doch noch alles zum Guten gewendet.

Das sieht auch Button selbst so: "Es gibt keinen Grund für mich, unglücklich zu sein", strahlt der Ex-Weltmeister. "Ich genieße das Leben, ich arbeite hart und bin sehr glücklich, in der Position zu sein, in der ich mich befinde. Ich habe etwas gefunden, in dem ich gut bin und mein Hobby zum Beruf gemacht. Ich bin an einem großartigen Ort, aber wenn ich rausfahre und mein Visier runterklappe, dann geht es nur noch um mich. Es geht nur darum, die Ziellinie für mich und mein Team als Erster zu überqueren."