Smedley: Wie man ein Auto in Monaco abstimmt

Felipe Massas Renningenieur Rob Smedley räumt mit der Mär auf, in Monaco käme es nur auf den Fahrer an, und erklärt, wie man in den Häuserschluchten schnell ist

(Motorsport-Total.com) - "Monaco ist Hubschrauber-Fliegen im Wohnzimmer" - kaum jemand hat das Formel-1-Roulette in den monegassischen Häuserschluchten treffender beschrieben als Ex-Weltmeister Nelson Piquet. Und tatsächlich ist die Formel 1 nirgendwo extremer als im Fürstentum, wenn die Boliden nur Millimeter von den Leitplanken entfernt am Casino vorbeischießen. Dieser Ansicht ist auch Gerhard Berger, der einst meinte, dass man die Faszination und den "Wahnsinn" Formel 1 als Zuschauer nirgendwo besser nachvollziehen kann als in dieser legendären Streckenpassage.

Titel-Bild zur News: Felipe Massa

Widerspruch Monaco: High-Speed in den engen Häuserschluchten Zoom

Felipe Massas Renningenieur Rob Smedley hatte in Monaco ebenfalls ein Aha-Erlebnis. "Einmal gingen ein Kollege und ich los, um uns ein Rennen einer Nachwuchsklasse eingangs der Swimming-Pool-Passage anzusehen", erinnert er sich. "Nun ja, als wir gesehen haben, wie knapp sie bei Tempo 200 km/h an die Begrenzung heranfahren, da waren wir uns einig, dass wir vielleicht ein bisschen mehr Respekt vor den Fahrern haben sollten."

Die Gratwanderung, am Limit zu sein und doch nirgends anzuschlagen, trennt in Monaco die Spreu vom Weizen. "Wir sagen unseren Fahrern immer, sie sollen die Begrenzung so oft wie möglich leicht streifen, denn so gewinnt man Rundenzeit", sagt der Brite. Hier kann der Fahrer einen größeren Unterschied machen als auf den meisten anderen Grand-Prix-Kursen - dennoch ist es eine Mär, dass man in Monaco auch mit einem schlechten Auto gewinnen kann.

Worauf es aus technischer Sicht ankommt

Vor allem mechanischer Grip und ein gutes Setup sind wichtig, damit sich der Fahrer in seinem Boliden wohlfühlt - und nur so kann er die letzten Zehntelsekunden herausquetschen. "Man benötigt eine sehr gut liegende Vorderachse, um die vielen langsamen Kurven so gut wie möglich attackieren zu können", erklärt Smedley Monaco aus der Ingenieurssicht.

"Gleichzeitig muss man die Höhenunterschiede, die Randsteine und die Bodenwellen in Betracht ziehen", weiß er. "Das Auto springt sehr, also muss man sich die Brems- und die Beschleunigungspunkte sehr gut einprägen. Der mechanische Grip hat eine große Bedeutung, da es fast keine schnellen Kurven gibt, nur langsame, die zum Teil sehr eng sind - wie die Loews-Haarnadel."

Die Aerodynamik spielt eine untergeordnete Rolle - man setzt auf maximalen Abtrieb, kümmert sich aber wegen der mangelnden Geraden kaum um den Luftwiderstand. "Auf dem Papier ist das eine ineffiziente Wahl, aber so funktioniert das hier", sagt Smedley. "In Hinblick auf die Gewichtsverteilung versucht man, diese so weit wie möglich nach hinten zu verlagern, denn das Heck muss steif sein - gekoppelt mit einer weichen Vorderachse, um in den langsamen Kurven Untersteuern zu vermeiden."

Fahrer benötigt Selbstvertrauen

Ein weiterer Faktor macht den Teams das Leben in den Straßen von Monaco noch schwieriger: der Kurs wird im Grunde nur einmal im Jahr für ein Autorennen genutzt und verändert sich daher im Laufe des Wochenendes durch den Gummiabrieb deutlich. "Das verschleiert die Auswirkungen der Modifikationen am Auto", befürchtet Smedley, dass man einige Male im Dunkeln tappen wird.

Auch ein Crash kann das Wochenende deutlich beeinträchtigen, denn die Piloten benötigen viel Zeit, um sich auf den Kurs einzuschießen: "Das Selbstvertrauen spielt eine große Rolle. Mit jeder weiteren Runde bekommt der Fahrer ein klareres Bild, wie viel er pushen kann, bevor er ans Limit gerät. Wenn sonst alles erledigt ist, dann ist das einer der Faktoren, der die größte Auswirkung auf die Verbesserung der Rundenzeit hat."