Pirelli lässt sich von Schumacher nicht beeinflussen

Sportchef Paul Hembery erklärt, warum er nicht auf Michael Schumachers Wünsche hören wird, und richtet sich weiterhin nach dem, was die Mehrheit will

(Motorsport-Total.com) - Michael Schumacher hat mit seiner Kritik an den aktuellen Formel-1-Reifen in den vergangenen Wochen rege Diskussionen ausgelöst. Doch bei Monopol-Hersteller Pirelli nimmt man die Kritik an den italienischen Produkten gelassen hin: "Das kümmert mich nicht. Es ist sein Problem, nicht unseres", antwortet Sportchef Paul Hembery auf die Frage, was ihm durch den Kopf geht, wenn Pirelli-Reifen vom erfolgreichsten Rennfahrer aller Zeiten mit "rohen Eiern" verglichen werden.

Titel-Bild zur News: Paul Hembery

Paul Hembery denkt gar nicht dran, Michael Schumacher hörig zu sein

Hembery hat auf Schumachers Äußerungen schon während des Mugello-Tests reagiert und diese teilweise auf dessen Frust über die sportliche Erfolglosigkeit zurückgeführt. Man werde aber sicher nicht wegen der Meinung eines Fahrers die Reifen ändern: "Das würden wir nie tun", stellt er klar. "Es würde erfordern, dass sich alle zwölf Teams an einen Tisch setzen, diskutieren und uns dann sagen, dass sie etwas anderes wollen. Das wird aber nicht passieren."

Auftrag an Pirelli kam von Schumachers Chef

Schumacher ist er nicht böse, obwohl es keine Aussprache gegeben hat: "Er ist ein großer Champion und es steht ihm zu, dass er seine Meinung frei äußert. Es ist eine Meinung. Wir müssen uns an die Vorgaben halten - und man hat uns nicht aufgetragen, einen Reifen zu replizieren, der ein ganzes Rennen hält, ohne abzubauen. Das war nicht der Input. Es war übrigens sogar Michaels Teamchef, der uns aufgetragen hat, uns an Kanada 2010 zu orientieren."

Durch die vielen Folgekommentare nach der Kritik des Mercedes-Piloten in Bahrain entstehe gerade "ein falscher Eindruck", findet Hembery: "Es gab nur einen einzigen Kommentar, sonst nichts", hält er fest. "Am Ende der vergangenen Saison hat sich niemand, wirklich niemand bei uns beschwert. Diese Saison gibt es einen solchen Fall. Man muss das auch pragmatisch sehen, obwohl er der erfolgreichste Fahrer aller Zeiten ist." Und: "Wir haben Verständnis für Michaels Meinung."


Fotos: Großer Preis von Spanien, Freitag


"Wenn die Fans und Teams das Gleiche wollen wie er, dann werden wir etwas ändern, aber selbst dann braucht man eine ausgewogene Meinung und muss sich nach Zuschauerzahlen richten", erklärt der Brite, dass letztendlich das TV-Publikum der einzige Gradmesser sein darf. "In Foren kann man nicht schauen, denn da ist die Mehrheit leider ein bisschen falsch informiert, wie ich festgestellt habe. Es liegt an allen, das Publikum besser zu informieren - auch an uns selbst."

Pirelli richte sich jedenfalls komplett nach den Wünschen des Paddocks: "Einige denken, dass wir das machen, was wir für am besten halten. Überhaupt nicht! Wir tun das, was sich der Sport von uns wünscht", stellt Hembery klar. "Wenn ein Reifen gewollt wird, der ein ganzes Rennen hält, dann bauen wir ihn. Wenn das gewünscht wird, was wir jetzt haben, bleiben wir dabei. Wenn ein Mittelding gewünscht wird, machen wir das Mittelding."

Pirelli hofft auf Stabilität bei den Reifen

Aber: "Das sollte man nicht alle fünf Minuten über den Haufen werfen, denn die Teams investieren viel Energie und Geld, um ihre Pakete zu maximieren. Sie wollen die Herausforderungen kennen. Daran arbeiten sie gerade", gibt der Pirelli-Sportchef zu Protokoll. "Wenn du reflexartig reagierst und in die andere Richtung gehst, wirfst du damit vielleicht Dinge aus dem Fenster, die du gar nicht rauswerfen möchtest."

"Immerhin reden jetzt alle über die Reifen - das ist Gratiswerbung für uns!" Paul Hembery

Hembery findet, dass die aktuelle Diskussion überzogen ausgetragen wird, schließlich habe sich trotz Schumachers Aussagen nichts daran geändert, dass die Mehrheit die Pirelli-Reifen als Bereicherung für den Grand-Prix-Sport empfindet. "Man kann es auch pragmatisch sehen", grinst der Brite und freut sich über die intensive Medienberichterstattung: "Immerhin reden jetzt alle über die Reifen - das ist Gratiswerbung für uns!"

"Aber im Ernst: Wir haben das nicht ausgelöst, sondern wir machen nur unsere Arbeit", sagt er. "Es ist wie mit allen Dingen: Einige wollen bei den V8-Motoren bleiben, wollen keine V6. Andere würden am liebsten zu den Qualifying-Motoren zurückgehen. Man kann über viele Themen diskutieren, für die es vielleicht nicht eine richtige Antwort gibt. Dann muss man eben den Weg finden, der für die Mehrheit funktioniert. Das versuchen wir."