Wie Marko Vergne 2010 zum Durchbruch verhalf

Der Vater von Jean-Eric Vergne wollte schon immer einen Fahrer in die Formel 1 bringen - Helmut Marko beschleunigte die Karriere aber mit Distanz zum Elternhaus

(Motorsport-Total.com) - Jean-Eric Vergne gilt unter den Red-Bull-Junioren als "Lieblingspilot" von Chef Helmut Marko - Grund ist sein großes Kämpferherz. Der Franzose, der dieses Jahr als einer von zwei Rookies an der Formel 1 teilnimmt, hat die hohen Erwartungen bisher erfüllt. Bei seinem erst zweiten Grand Prix in Sepang bewies er bei schwierigen Bedingungen, wozu er imstande ist - mit Platz acht sicherte er sich vier WM-Punkte.

Titel-Bild zur News: Helmut Marko (Motorsportchef), Jean-Eric Vergne

Helmut Marko warf seinen Schützling Jean-Eric Vergne 2010 ins kalte Wasser

Dabei stammt Vergne gar nicht aus einer Motorsport-Familie. Sein Vater verdiente mit einer interessanten Entwicklung, die heute den Ärzten in Krankenhäusern zugute kommt, viel Geld. "Er interessierte sich stets für den Motorsport, aber er hatte nie das Geld dafür", erinnert sich der Toro-Rosso-Pilot gegenüber 'Autosport'. "Er ging in die Schule und wurde ein Ingenieur in den Bereichen Medizin und Elektronik und entwickelte ein System, mit dem man die Anzahl der Inhaltsstoffe des Bluts zählt. Als er genug Geld hatte, hörte er auf und baute nahe Paris eine Kartstrecke."

Und so kam auch Vergne schon in jungen Jahren aktiv in Kontakt mit dem Motorsport. "Ich begann schon sehr jung - als ich fünf Jahre alt war, hatte ich mein erstes Kart", bestätigt der Mann aus Pontoise. "Als ich drei war, hatte ich bereits ein Lenkrad in der Hand - mein Vater ist gefahren, und das war wirklich schön."

Vergne wuchs an der Kartbahn auf

Tatsächlich fand er perfekte Voraussetzungen vor, um eine Motorsport-Karriere anzufangen. "Drei Jahre lang lebten wir im Grunde an der Rennstrecke, als sie unser Haus bauten", erinnert sich der Teamkollege des langjährigen Weggefährten von Daniel Ricciardo. "Jeden Morgen ging ich direkt nach dem Aufwachen auf die Kartbahn. Mit zehn Jahren fing ich dann so richtig an - mit elf gewann ich meine erste Meisterschaft."

Es macht den Anschein, als wäre Vergne alles in die Wiege gelegt worden, um Formel-1-Fahrer zu werden. Durchaus überraschend, denn der Red-Bull-Junior wirkt für sein Alter sehr reif und extrem ehrgeizig. Wie auch bei Lewis Hamilton, spornte Vater Vergne seinen Sohn an: "Es war sein Traum, einen Fahrer in die Formel 1 zu bekommen - und er hatte viele Fahrer, wie Emanuel Collard."

Zunächst hatte Vergne aber den Eindruck, dass ihn sein Vater von einer Motorsport-Karriere fernhalten wollte: "Als ich kam, hatte er bereits ein paar Fahrer, und er wusste, wie schwierig es ist, und er wollte nicht wirklich, dass ich das tue. Er pushte mich nicht sehr. Er machte mir das Leben schwer, damit ich Kartfahren durfte. Einerseits musste ich der Beste in der Schule sein, ich musste viel arbeiten. Andererseits wollte ich so viel wie möglich Kartfahren."

Seit 2007 bei Red Bull

Nach ersten Erfolgen in den niedrigeren Kategorien stieß Vergne bald aufgrund seiner Anatomie an seine Grenzen. Mit 13 war er einer der Größten seiner Altersgruppe - kein Vorteil im Kartsport, wo jedes Gramm eine Rolle spielt. Doch der Youngster biss sich trotz der Rückschläge durch und wandelte sich wieder zum Siegfahrer.

Ende 2007 tauchte er durch den Sieg in der Formel Campus auf dem Radar von Red Bull auf. Bei einer Nachwuchs-Sichtung setzte er sich durch und wurde von Marko in seinen Talentekader aufgenommen. Der Durchbruch erfolgte nach einigen schwierigen Jahren mit finanzschwachen Teams erst 2010, als Marko bei seinem Schützling für einen Tapetenwechsel sorgte.

Jean-Eric Vergne

Jean-Eric Vergne in seiner Schlüsselsaison 2010 im Formel-3-Auto von Carlin Zoom

Marko schickt Vergne nach Großbritannien

"Der war bis jetzt immer nur in französischen Teams", fiel dem Österreicher damals auf. "Das zu ändern, gehört einfach mit dazu - für die Abnabelung und für das Selbstständigwerden. Aus dem Grund ist bei ihm das Hauptaugenmerk England, das ist Teil der Erziehung: Raus aus Frankreich, weg von den Geborgenheiten des Elternhauses und der Sprache."

Marko schickte Vergne zum Carlin-Rennstall in die britische Formel 3. "Das hat mein Leben verändert", sagt er heute. "Die zwei Jahre davor waren so schwierig für mich - dann hat sich mein Leben gewandelt, alles wurde viel einfacher." Dabei hatte Marko angedeutet, was er von ihm verlangt: "Er sagte mir, dass Jaime Alguersuari und Daniel in ihrem ersten Jahr gewonnen hatten, also musste ich das auch tun, sonst sei ich nicht gut. Für mich waren alle Strecken neu, ich war in einem neuen Team, in einem neuen Leben, lebte in Großbritannien. Aber ich habe dieses Jahr wirklich genossen, es war für mich eine große Hilfe."

Inzwischen fährt Vergne mit Toro Rosso für ein italienisches Team, doch in Großbritannien hat "JEV", wie er intern genannt wird, 2010 eine neue Heimat gefunden. "Ich lebe dort immer noch", sagt er. "Und ich mag die britische Mentalität. Das hat mir geholfen, in meiner Karriere vorwärts zu kommen."