McLaren möchte Hamilton nicht verbiegen

McLaren-Geschäftsführer Jonathan Neale will Lewis Hamiltons Kanten nicht abschleifen und sieht ihn als Beweis, dass das Team nicht mehr so steril wie einst ist

(Motorsport-Total.com) - Lewis Hamilton wurde im Vorjahr regelmäßig für seinen aggressiven Fahrstil kritisiert, der für zahlreiche Zwischenfälle - vor allem mit seinem alten Rivalen Felipe Massa - gesorgt hatte. Der McLaren-Star ließ so einige WM-Punkte liegen und musste sich daher mit Platz vier in der Fahrer-WM abfinden - zwei Plätze hinter seinem Teamkollege Jenson Button.

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton

McLaren möchte Lewis Hamilton in Zukunft nicht einschränken

Denoch will sich Hamilton nicht verändern. Der Brite kündigte bereits an, seinem Fahrstil auch 2012 treu zu bleiben - sein Team würde sich Veränderungen auch gar nicht wünschen. Das bestätigt nun McLaren-Geschäftsführer Jonathan Neale.

"Wir wollen, dass Lewis eine Art Fahrer bleibt, bei dem man weiß, wenn er im Rückspiegel auftaucht, dass er dort nicht bleiben wird", sagt er gegenüber 'F1 Racing'. "Er wird es immer probieren, denn Fahrer sind zum Rennfahren da und nicht zu einer Prozession. Wir finden das gut, er auch und ich wette, dass die meisten Zuschauer zuhause das auch gut finden."

McLaren durch Hamilton Team mit Kanten?

Er vergleich Hamilton mit Michael Schumacher, der ebenfalls nie klein bei geben würde und dadurch natürlich für viele ein Reibebaum ist. Zudem sieht er den Weltmeister 2008 als Beweis dafür, dass das Image des sterilen McLaren-Rennstalls längst überholt ist.

"Er ist kein Marketingobjekt und genau das macht ihn für viele Leute so anziehend. Er ist aus einem etwas anderen Holz geschnitzt und jeder freut sich über leidenschaftliche Sportler, die ihr Bestes geben wollen. Und wenn sie es übertreiben, dann halten sie sich nicht im Zaum wie ihr Managementteam", spielt er auf Situationen wie Hamiltons umstrittenes TV-Interview an, als er im Frust nach der Zielflagge scherzte, er müsse wohl wegen seiner Hautfarbe so oft zu den Rennkommissaren.

Neale findet es nicht weiter tragisch, wenn in der Hitze des Gefechtes einmal Worte fallen, die man nach reiflicher Überlegung zurückhalten würde: "Die Formel 1 ist ein leidenschaftlicher Sport." Der McLaren-Geschäftsführer gibt sich tolerant: "Viele Dinge, die wir tun, sind klinisch und präzise, aber es ist großartig, dass es immer noch Kanten und Leidenschaft gibt. In der Vergangenheit wurde uns vorgeworfen, ein markenorientierter Ingenieurs-Tempel zu sein. Aber hoffentlich haben die Leute in den vergangenen Jahren erkannt, dass wir uns nicht so ernst nehmen."

Fahrstil, Helm und Schuhe beweisen Individualität

Das Image der "McLaren-Festung" stimme nur in Teilbereichen: "Man hat dieses Gefühl, wenn man ins McLaren Technology Center kommt - das ist Teil unseres Markenimages und wir benutzen es auch in der Garage. Wir wollen als McLaren eine Marke darstellen. Dennoch gibt es Spielraum für Individualität. Die Leute zeigen das auf unterschiedliche Weise."

Neale nennt einmal mehr Hamilton als Beispiel: "Lewis trägt einen individuellen Helm oder ein unterschiedliches Paar Schuhe. Und er hat einen Fahrstil, wo er es im Gegensatz zu vielen anderen Fahrern bevorzugt, ein recht loses Heck zu haben."

"Hoffentlich haben die Leute in den vergangenen Jahren erkannt, dass wir uns nicht so ernst nehmen." Jonathan Neale

Bei McLaren schätzt man vor allem Hamiltons unbändigen Einsatzwillen: "Selbst 2009, als er uns unter Druck setzte, ihm das beste Auto zu geben, wussten wir, dass er alles geben würde, ganz egal, wie langsam, schnell oder kaputt das Auto sein würde. Er würde in jedem Auto 100 Prozent geben und das ist für eine Firma wie unsere extrem motivierend."

McLaren will mit Hamilton weitermachen

Vor allem bei einem Formel-1-Team geht laut Neale ein großer Teil des Vorwärtsdrangs von der Motivation der Mitarbeiter aus: "Wenn die Fahrer also ihren Teil beitragen, dann steht die Firma hinter ihnen. Lewis Mentalität, nie aufzugeben, ist unglaublich. Das hat uns sehr viel Glauben geschenkt, als wir dem Feld hinterherfuhren."

Aus diesem Grund wünscht er sich einen Verbleib des Briten bei McLaren. "Lewis ist bei uns sehr gut aufgehoben. Ron Dennis und Martin Whitmarsh kennen ihn schon lange und wir wollen uns um ihn kümmern. Wir wissen aber auch, dass er sein eigener Herr ist, dass er seinen eigenen Weg gehen wird. Und so wie wir alle wird auch er in seinem Leben richtige und nicht ganz richtige Entscheidungen treffen. Er schlägt sich aber sehr gut - besser, als ich es in seinem Alter getan hätte." Daher hofft er, "dass Lewis noch viele Jahre hier verbringt und ein mehrfacher Weltmeister wird. Das würden wir ihm wünschen und wir würden ihm gerne die Autos bieten, mit denen er das schafft."

"Wir wissen auch, dass er sein eigener Herr ist, dass er seinen eigenen Weg gehen wird." Jonathan Neale