• 05.02.2009 18:31

  • von Stefan Ziegler

Raynaud: "Ökologie ist kein Zuschauermagnet"

Die Tourenwagen-Weltmeisterschaft WTCC erfreut sich steigernder Beliebtheit und wird von den Zuschauern als umweltfreundliche Serie empfunden

(Motorsport-Total.com) - Zwei Themen beherrschen derzeit den internationalen Rennsport: Kosten und Umwelt. In beiden Bereichen nimmt die Tourenwagen-Weltmeisterschaft (WTCC) eine Vorreiterrolle ein. Dies wurde durch eine unlängst von 'Motorsport-Total.com' durchgeführte Umfrage bestätigt und stieß auch bei den Experten auf dem Motorsportforum des Sports Business Summits in München auf ein positives Echo. Vor allem 'Eurosport'-Vizepräsident Jacques Raynaud zeigte sich hocherfreut darüber.

Titel-Bild zur News: Andy Priaulx und  Robert Huff, Macau, Circuitoo da Guia

Die Tourenwagen-Weltmeisterschaft WTCC bietet seit 2005 tollen Rennsport

"Ich bin etwas überrascht, dass die WTCC an der Spitze der 'grünen' Rennserien steht", erklärte Raynaud im Rahmen der von 'Motorsport-Total.com' präsentierten Vortrags- und Diskussionsreihe, "aber die Tourenwagen-WM profitiert natürlich davon, dass sie kostengünstig und seriennah ist. In den 24 Sprintrennen über jeweils nur 50 Kilometer stoßen wir vergleichsweise wenig CO2 aus. Die WTCC ist also eine umweltschonendere Serie."#w1#

Offenes Reglement ein Problem der WTCC

"Unterstützt werden wir in dieser Hinsicht von der FIA", meinte Raynaud, dem die weiterhin positive Entwicklung der noch jungen Rennserie sehr am Herzen liegt. Hilfestellung bietet der Automobilweltverband FIA, dessen "Make-Cars-Green"-Kampagne in der WTCC beispielhaft umgesetzt wird: kurze Sprintrennen, Biosprit der zweiten Generation und überschaubare Kosten sowie ein stets spektakuläres Geschehen auf der Rennstrecke.

"Die Show steht nun einmal im Vordergrund", gab Raynaud zu Protokoll und fügte an, dass man alleine durch umweltbewussten Motorsport noch lange keinen langfristigen Erfolg erzielen muss: "Die Frage ist doch, wie man den Rennsport attraktiver gestalten kann", sagte Raynaud. "Ökologie ist nun einmal kein Zuschauermagnet. Das Reglement ist hingegen für eine Meisterschaft von allergrößter Bedeutung."

FIA-Kampagne Make Cars Green

Make Cars Green: Die WTCC ist ein Aushängeschild der FIA-Kampagne Zoom

Doch eben jenes stelle momentan eine Kehrseite der Medaille dar, meinte Raynaud. Kein Wunder, schließlich setzen die in der WTCC engagierten Hersteller allesamt auf unterschiedliche Konzepte: BMW fährt einen Hecktriebler mit Benzinmotor, Chevrolet befeuert die Vorderachse mit herkömmlichem Sprit und die SEAT-Mannschaft betankt ihre frontgetriebenen Werksfahrzeuge mit Diesel - von Einheitlichkeit keine Spur.

Und die Konkurrenz macht daraus keinen Hehl: Der TDI-Motor aus dem Hause SEAT stand in der vergangenen Saison mehr als einmal im Zentrum der Kritik der Mitbewerber und hatte den Ruf, über deutlich mehr Leistung als die Benzinrivalen zu verfügen. Den Fans vor Ort schien zudem das Diesel-Zischgeräusch eher weniger zu gefallen, verbreiten die anderen WTCC-Rennwagen doch stets ein wohlklingendes, tiefes Grollen.

Erst Kostensenkung, dann die Umwelt

"Wenn man die SEAT-Dieselmotoren aufgrund ihres Sounds als nicht mehr motorsportgemäß empfindet, dann ist das eine konservative Einstellung", kommentierte Raynaud dieses Thema. "Veränderungen sind ein Muss, da sollte man gegebenenfalls weniger Sound in Kauf nehmen. Die Show darf dabei allerdings nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. Im Zweifelsfall sollte die Umwelt Priorität genießen."

Ungeachtet dessen beobachtet der Vizepräsident von 'Eurosport' die Entwicklung der Tourenwagen-WM mit Wohlwollen: "Das Promoten der WTCC bereitet uns viel Vergnügen", meinte Raynaud. "Wir sind stolz darauf, wie sich die ETCC zu einer solchen Weltmeisterschaft entwickelt hat. Die Hersteller haben großes Interesse an der WTCC - und auch die FIA, die ihre 'Make-Cars-Green'-Kampagne im Rahmen der WTCC noch ausbauen will."

Jörg Müller, Imola, Autodromo Enzo e Dino Ferrari

Die Tourenwagen-WM entwickelt sich auch im fünften Jahr weiter positiv Zoom

Laut Raynaud macht sich derzeit auch das Tourenwagenbüro erste Gedanken über das Reglement der kommenden Meisterschaftsjahre. So wird anscheinend schon intensiv über die Einführung von Hybridtechnologie diskutiert und auch die Frage nach dem Treibstoff für die Saisons 2010 und 2011 will beantwortet werden. Doch angesichts der aktuellen Wirtschaftslage lautet das Motto wohl eher: erst Kostensenkung, dann die Umwelt.

"Die Ökothematik wird in ihrem Gesamtkonzept wohl etwas überschätzt", sagte 'Motorsport-Total.com'-Geschäftsführer Armin Gastl auf dem Motorsportforum. "Das ist ein aktueller Trend, hinter dem die Grunderkenntnis steht, dass die Show fehlt. Die Ökologie ist dabei eine Facette unter vielen. Sie stellt aber auch eine große Chance dar, denn sie bietet eine Diskussionsplattform. Es ist einfach wichtig, sich diesem Thema zu stellen."