• 26.05.2010 22:06

  • von Andy Priaulx

Priaulx-Kolumne: "Ich konnte es kaum glauben"

BMW Pilot Andy Priaulx schreibt in seiner Kolumne bei 'Motorsport-Total.com' über die aufregenden Monza-Läufe und den erneuten Überraschungssieg

Liebe Leser von 'Motorsport-Total.com',

Titel-Bild zur News: Andy Priaulx

Dieser Sieg kam überraschend, war mir aber natürlich nicht unwillkommen...

die Ereignisse des vergangenen Wochenendes würden ein gutes Drehbuch für eine Motorsport-Seifenoper abgeben. Ich war schon immer der Ansicht, dass Glück bei vielen Dingen eine wichtige Rolle spielt. Aber nachdem, was mir in Marrakesch und nun auch in Monza widerfahren ist, glaube ich sogar noch viel fester daran.

Uns war klar, dass wir nicht die Pace haben würden, um es mit den Autos von SEAT und Chevrolet aufzunehmen. Auf einer so schnellen Strecke wie Monza ist das keine gute Ausgangslage. Gleichwohl ist der Windschatten auf diesem Kurs ungeheuer wichtig. Wenn du es richtig hinbekommst, kannst du damit ein Defizit bei der Geschwindigkeit wettmachen.#w1#


Fotos: Andy Priaulx, WTCC in Monza


Mein Wochenende begann nicht unbedingt nach Plan: Beim Test am Freitag explodierte an meinem Auto eine Bremsscheibe. Ich hatte nur eine Runde absolviert und musste für den Rest der Zeit zusehen, wie die Jungs meinen BMW 320si reparierten. Dadurch geriet ich etwas ins Hintertreffen, denn meine Konkurrenten hatten mir in Bezug auf das Setup eine halbe Stunde voraus.

Ich wusste also: Die beiden Freien Trainings am Samstag würden extrem wichtig sein. Ich hätte mir aber keinerlei Sorgen machen müssen, denn dieser Zwischenfall erwies sich im Nachhinein doch als kein allzu großer Nachteil. Von der ersten Runde an war ich bei der Musik. Am Samstag war ich sogar in jeder Session konstant in den Top 3 vertreten. Am Sonntag holte ich die Bestzeit im Warmup und drehte im zweiten Rennen die schnellste Runde.

Andy Priaulx

Die Ziellinie von Monza als Erster zu kreuzen, war etwas Besonderes für mich Zoom

Der Start zum ersten Lauf war das übliche Chaos. Die erste Schikane von Monza ist berühmt dafür, dass es dort immer wieder zu Zwischenfällen kommt. Ich war also nicht weiter überrascht, als ich von rechts getroffen wurde. Als wir an der Schikane ankamen, musste ich schnell reagieren und einige Ausweichmanöver starten, um kein Risiko einzugehen. Als sich der Staub gelegt hatte, war ich Dritter.

Vor mir lagen Gabriele Tarquini und Rob Huff, die sofort davonzogen und ihr eigenes Duell ausfochten. Auch hinter mir war einiges los, und mein Teamkollege Augusto Farfus tauchte bald hinter mir auf. In dieser Reihenfolge nahmen wir die letzte Runde in Angriff. Gegen Ende des Umlaufs wurde Rob und Gabriele auf einmal deutlich langsamer.

Beide hatten einen Reifenschaden erlitten. Sie waren nur noch mit rund 30 km/h unterwegs, und als wir auf sie aufliefen, kamen wir an eine Stelle, wo gelbe Flaggen gezeigt wurden. Unter Gelb waren uns die Hände gebunden, doch sobald ich die grünen Flaggen am Ende der Unfallpassage erblickt hatte, schnappte ich mir die beiden und nahm Kurs auf die Ziellinie.

Andy Priaulx, Augusto Farfus

Mein Teamkollege Augusto und ich feierten in Italien einen Doppelsieg für BMW Zoom

Ich konnte es kaum glauben, als ich als Sieger abgewinkt wurde. Dass Augusto direkt hinter mir einlief, war das Tüpfelchen auf dem i, denn so erzielte unser BMW Team RBM einen Doppelsieg. Ich muss mich noch immer hin und wieder kneifen, weil es so unglaublich war. Man kann natürlich sagen, dass es ein glücklicher Sieg gewesen ist, aber wie oft hatte ich schon Probleme, als ich in Führung lag?

Ohnehin war das ein sehr emotionales Rennen für mich, denn am Mittwoch war meine Großmutter verstorben. Ich widme ihr diesen Sieg. Ich kann mir keine bessere Art und Weise vorstellen, um eine so wundervolle Lady zu ehren, die ein großer Teil meines Lebens gewesen ist.

Rennen zwei war anschließend recht langweilig für uns. Ich startete von Rang acht und wurde Fünfter, während Augusto von Platz sieben auf Rang vier nach vorne fuhr. An der Spitze gab es einen ähnlichen Zwischenfall wie in Rennen eins, denn auch Michel Nykjaer erlitt in Führung liegend einen Reifenschaden und verlor dadurch Platz eins. Es tat mir leid für ihn, Gabriele und Rob - aber so läuft der Hase im Motorsport.

Als nächstes steht für mich der große Klassiker auf dem Programm: die 24 Stunden von Le Mans. Ich kann es kaum erwarten, erstmals dort anzutreten. Ich rechne fest damit, dass ich euch danach einige interessante Geschichten erzählen kann...

Euer

Andy Priaulx