• 29.09.2011 15:43

  • von Stefan Ziegler

Nachgefragt bei Tiago Monteiro

Neue Interview-Serie bei 'Motorsport-Total.com': Die Fahrer der WTCC beantworten elf Fragen über den Mensch in der Maschine - Heute: Tiago Monteiro

(Motorsport-Total.com) - Die jüngsten Ergebnisse und die Leistung des jeweiligen Fahrzeugs stehen im Vordergrund, wenn die Piloten der WTCC die Fragen der Medienvertreter beantworten. Meist werden die Fahrer dabei stets mit den gleichen Themen konfrontiert und nur selten beschreiten die Fragenden neues Terrain. Aus diesem Grund hat 'Motorsport-Total.com' eine Interview-Serie ins Leben gerufen, die sich mit ganz anderen Inhalten beschäftigt. In der heutigen dritten Folge antwortet Tiago Monteiro (Sunred).

Titel-Bild zur News: Tiago Monteiro

Tiago Monteiro fuhr erst in der Formel 1, wechselte dann in die Tourenwagen-WM

Frage:"Tiago, wie kamst du zum Motorsport?"
Tiago Monteiro: "Eigentlich recht zufällig und vergleichsweise spät. Ich war 20 Jahre alt und es geschah wirklich ziemlich zufällig. Okay, mein Vater war großer Motorsport-Fan und früher fuhr er selbst einige Rennen. Ich hatte das damals aber nicht mitbekommen. Als ich ein Teenager war, fing er auf Amateurebene wieder mit dem Motorsport an. Es war just for fun und ich schaute mir einige seiner Rennen an."

"Eines Tages fragte ich ihn schließlich einmal, ob ich es mal ausprobieren könnte. Als ich 18 Jahre alt war, durfte ich mich hinter das Lenkrad setzen und fahren. Ich hatte sofort dieses tolle Gefühl. Ein Profifahrer entdeckte mich gewissermaßen, weil er mir zusah. Er meinte, viel Potenzial in mir erkannt zu haben. Er gab mir ein paar Tipps und Ratschläge, doch zu dieser Zeit drückte ich noch die Schulbank."

"Es war nicht einfach, Sponsoren zu finden und ein Budget aufzutreiben." Tiago Monteiro

"Mein Vater stand dem ganzen aufgeschlossen gegenüber, sagte mir aber stets: 'Erst einmal schließt du dein Studium ab.' So passierte es auch und ich holte mir in der Schweiz mein Diplom in Hotelmanagement. Danach konnte ich einige Rennen fahren. Es war aber nicht einfach, Sponsoren zu finden und ein Budget aufzutreiben. Freunde und Bekannte halfen uns ein bisschen und Rennen für Rennen ging es voran. Das war der Anfang."

Frage: "Was war das Ergebnis deines ersten Autorennens?"
Monteiro: "Daran kann ich mich sehr gut erinnern, weil über 20 Fahrzeuge im Feld vertreten waren. Es war ein Rennen zum Porsche-Cup und ich machte mir wirklich viele Gedanken, weil ich nicht Letzter werden wollte. In der Qualifikation landete ich auf Rang 15 oder 17 und wurde im Rennen schließlich auf Platz neun abgewinkt. Ich war total aus dem Häuschen, weil ich in meinem ersten Rennen auf Anhieb in die Top 10 gefahren war. Das war klasse."

Frage: "Was ging dir nach deinem ersten Crash durch den Kopf?"
Monteiro: "Ich kann mich nicht erinnern. So sehr scheint mich das also nicht mitgenommen zu haben (lacht; Anm. d. Red.). Ich bin mir nicht sicher. Ich weiß es einfach nicht mehr."

Der erste Test als "großer Schock"

Frage: "Wie empfandest du deinen ersten Test in einem WTCC-Auto?"
Monteiro: "Daran kann ich mich wiederum sehr gut erinnern. Ich wechselte von der Formel 1 direkt in die WTCC und der Unterschied bei der Leistung war natürlich ein großer Schock für mich - zumindest ganz am Anfang. 'Da geht einfach nichts', schoss es mir durch den Kopf. Du gewöhnst dich aber daran. Was mich beeindruckte, war das Gripniveau beim Bremsen und in den Kurven."

"Insgesamt war es ein sehr guter erster Eindruck." Tiago Monteiro

"Speziell auf der Bremse sind diese Fahrzeuge - auch im Vergleich zur Formel 1 - ziemlich effizient. Das Auto an sich war aus meiner Sicht anfangs sehr klobig und groß, doch damit war ich recht rasch vertraut. Insgesamt war es ein sehr guter erster Eindruck. Das lag auch daran, dass es ein Benziner war. Hätte ich bei meinem ersten Test ein Dieselauto ausprobiert, dann wäre ich dieser Meisterschaft vermutlich niemals beigetreten."

Frage: "Wenn du dir eine Rennstrecke und ein Auto aussuchen könntest, welches Fahrzeug würdest du gerne auf welchem Kurs bewegen?"
Monteiro: "Den neuen Stratos, denn ich war für Brose und Michael Stoschek an der Entwicklung dieses Autos beteiligt. Es ist ein tolles Fahrzeug. Ich liebe den Stratos. Als Strecke würde ich mir Spa-Francorchamps aussuchen. Ich würde dieses Auto wirklich furchtbar gerne in Spa fahren."

Frage: "Was würdest du als dein bisher bestes Rennen bezeichnen?"
Monteiro: "Das ist nicht einfach zu beantworten. Ich hatte schon viele gute Rennen. Ich denke, in jeder Saison hast du ein Rennen, das sich von den anderen abhebt. In der Nissan-World-Series hatte ich einmal ein hervorragendes Rennen in Zolder."

"Damals kämpfte ich mit Enrique Bernoldi und Heikki Kovalainen. Beim Start fuhr ich von Platz drei aus ganz nach vorne. Ich machte unheimlich viel Druck, beging dann aber einen Fehler und die beiden überholten mich. Ich erholte mich von diesem Ausrutscher und ging meinerseits wieder an Bernoldi und Kovalainen vorbei, zerstörte dabei aber meine Reifen."

"Ich machte unheimlich viel Druck..." Tiago Monteiro

"In den zwei, drei letzten Runden hatte ich massiv zu kämpfen und prompt ging Kovalainen in der Zielkurve noch an mir vorbei. Dabei kam er aber etwas zu weit hinaus, ich zog durch, fuhr an ihm vorbei und siegte. An diesem Wochenende gewann ich auch das andere Rennen. Es war wahrscheinlich einer meiner besten Events im Profirennsport."

"Dann war da aber noch das Regenrennen von Spa-Francorchamps. Ich fuhr von Startplatz 16 los und kam als Achter an, wobei vor mir niemand ausgefallen war. Ich überholte eine ganze Reihe an Konkurrenten, die mit dem Grip zu kämpfen hatten. Das stellte mich sehr zufrieden. Diese beiden Episoden waren meine besten Rennen, denke ich. Was die WTCC anbelangt: Mein erster Sieg in Estoril war wichtig, Platz eins in Portimao ebenso."¿pbvin|0|4127||0|1pb¿

Ein Emotions-Cocktail im Cockpit

Frage: "Wer ist dein Motorsport-Idol oder -Held?"
Monteiro: "Ich habe kein Idol. Es gibt aber gewisse Personen, die ich respektiere, die mich beeindrucken, die ich für regelrecht unglaublich halte. In meinen Augen sind das aber keine Helden."

"Ich mag Ayrton Senna, halte ihn allerdings nicht für ein Idol. Ich mag auch Jacques Villeneuve, doch auch ihn sehe ich beim besten Willen nicht als Idol an. Bevor ich ihn etwas besser kennenlernte, war ich auch von Juan Pablo Montoya sehr beeindruckt. Es gibt einige Fahrer, die ich sehr mochte, wie zum Beispiel Damon Hill, Johnny Herbert."

"Sagen wir es einfach so: Diese Burschen haben mich beeindruckt." Tiago Monteiro

"Ich mag gewisse Personen für ihre Einstellung und für ihr Verhalten auf der Strecke. Für mich sind das aber keine Idole. Das liegt vielleicht daran, dass ich als junger Bursche nicht im Motorsport involviert war. Damals war eher Tony Hawk ein Idol für mich oder Travis Pastrana. 'Idol' ist trotzdem die falsche Bezeichnung. Sagen wir es einfach so: Diese Burschen haben mich beeindruckt."

Frage: "Hast du im Auto schon einmal Angst verspürt?"
Monteiro: "Ja, das kommt vor. Beim Fahren am Limit verspürst du stets eine Mischung aus Angst, Adrenalin und Freude. Es ist ein Cocktail aus all diesen Emotionen, doch die Angst ist immer mit dabei. Wenn du mit einem Formel-1-Auto auf Strecken wie Spa-Francorchamps unterwegs bist, ist die Angst ein bisschen mit an Bord, ganz klar."

Frage: "Welche Schlagzeile würdest du gerne einmal über dich lesen?"
Monteiro: "Tourenwagen-Weltmeister."

Frage: "Was geht dir kurz vor dem Rennstart durch den Kopf?"
Monteiro: "I'm gonna kill them (lacht; Anm. d. Red.)! Nein, nein. Ich möchte meine Gegner einfach nur hinter mir lassen."

Frage: "Was ist deine schönste Erinnerung aus deiner bisherigen Karriere?"
Monteiro: "Dazu zählen mein erstes Formel-1-Rennen und auch mein Podestplatz in der Formel 1. Auch meine Heimsiege in der WTCC waren wichtige Augenblicke für mich. Es ist schwierig, einen Moment herauszugreifen."

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