• 28.02.2009 11:58

  • von Stefan Ziegler

Müller im Interview: "Eine komplizierte Geschichte"

BMW Team Germany Pilot Jörg Müller im exklusiven Interview über die zweigeteilte Qualifikation und das neue Kompensationsgewicht

(Motorsport-Total.com) - In knapp einer Woche beginnt im brasilianischen Curitiba die neue Saison zur Tourenwagen-Weltmeisterschaft WTCC. Mit dabei ist einmal mehr Jörg Müller, der auch in diesem Jahr mit dem BMW Team Germany unterwegs sein wird und somit einziger deutscher Werksfahrer in der WTCC ist. Müller und seine Rennfahrer-Kollegen treffen 2009 auf allerlei Neuerungen - 'Motorsport-Total.com' sprach mit dem 39-Jährigen vorab exklusiv über die neue Qualifikation und das Kompensationsgewicht.

Titel-Bild zur News: Jörg Müller

Jörg Müller hadert mit dem Qualifying, findet aber das Kompensationsgewicht gut

Frage: "Jörg, eine große Neuerung ist in dieser Saison die zweigeteilte Qualifikation. Was ist deine Meinung zum neuen Modus?"
Jörg Müller: "Das halte ich nicht für besonders gut. Es wäre wahrscheinlich doof, es als 'Blödsinn' abzustempeln, denn dann bekommst du wohl von der FIA einen auf den Deckel. Ich halte es allerdings für den falschen Schritt. In der Formel 1 verstehe ich das komplett, aber dort dauert die Qualifikation ja auch eine ganze Stunde."#w1#

Müller sieht die Zuschauer klar im Vorteil

"Als die Session noch nicht getrennt war, sind die ganzen guten Autos in der ersten halben Stunde überhaupt nicht rausgefahren. Aber da wir ohnehin nur eine halbstündige Qualifikation haben und schon so zum Teil in die Bredouille kommen, den dritten Satz Reifen einzusetzen, halte ich das bei uns für keinen guten Schritt. Damit werden wir in diesem Jahr auch noch einige Probleme kriegen."

"Für die Zuschauer wird das wahrscheinlich interessanter werden." Jörg Müller

Frage: "An Probleme welcher Art denkst du in diesem Zusammenhang?"
Müller: "Wie ich eben schon erwähnte: Wir haben nur drei Reifensätze. Solltest du in der Qualifikation nicht in die Top 10 kommen, dann hast du für das Rennen noch einmal einen frischen Satz Reifen. Die besten Zehn haben hingegen keine neuen Reifen mehr. Das heißt, von hinten kommen Autos, die wesentlich besseres Reifenmaterial haben. Für die Zuschauer wird das wahrscheinlich interessanter werden, weil manche das Feld dann von hinten aufrollen werden. Aber aus Fahrersicht ist das natürlich eine komplizierte Geschichte."

Frage: "Wäre es theoretisch denkbar, in der Qualifikation auf den elften Platz zu spekulieren und sich dann im ersten Lauf den achten Rang zu sichern?"
Müller: "Alles, was du im Qualifying auf die Reihe bekommst und an Plätzen gutgemacht hast, brauchst du später im Rennen nicht mehr zu kompensieren. Bei 15 Autos in der Meisterschaft, die allesamt keine Nasenbohrer sind, wird es nicht einfach, da gerade mal so vorbei zu fahren - sollte man in der Qualifikation auf Platz elf spekulieren. Ich stehe lieber in der Qualifikation vorne und habe dann ein einfaches Rennen als dass ich von elf starte und mich dann nach vorne durchkämpfen muss."

Kompensationsgewicht als markeninterner Referenzpunkt

Frage: "Eine weitere Regeländerung betrifft das Zusatzgewicht. Was hältst du von der Einführung des Kompensationsgewichts?"
Müller: "Das finde ich sehr gut. Du weißt dann immer, wo du markenintern stehst. Es war ja oftmals so, dass Markenkollegen leichter unterwegs waren und dadurch vor dir standen. Und wenn dann die Frage kam, warum du das nicht gepackt hast, dann musstest du immer auf das Gewicht ausweichen. So ist es ganz klar: Alle fahren mit dem gleichen Gewicht und du weißt am Ende, wer der Schnellste ist."

"Das Problem ist ja, das wir in jedem Jahr neue Regeln bekommen." Jörg Müller

Frage: "Wird das neue Gewichtssystem deiner Meinung nach fairer sein als die alte Regelung mit dem Erfolgsballast?"
Müller: "Das Problem ist ja, das wir in jedem Jahr neue Regeln bekommen. Welche sich dabei im Endeffekt durchsetzen wird, kann ich dir nicht sagen. Da müssen wir wirklich erst einmal eine halbe Saison abwarten, ehe wir uns darüber noch einmal unterhalten. Es bringt ja eigentlich nichts, über ungelegte Eier zu sprechen. Es hört sich für den Moment jedenfalls gut an, aber ob es dann auch so sein wird, kann ich dir nicht sagen."

Frage: "Es gibt immer wieder Regeländerungen in der WTCC. Würdest du eher sagen, die Regeln sollten stabil sein, gerade weil es eine junge Serie ist oder denkst du, dass man noch immer nach der richtigen Richtung sucht?"
Müller: "Ich denke, wenn man ein Reglement hätte, womit jeder glücklich wäre, dann würde man es nicht immer wieder verändern. Ich gehe also schon davon aus, dass man noch auf der Suche nach den richtigen Regeln ist, gar keine Frage."