• 16.10.2008 17:00

  • von Stefan Ziegler

Hintergrund: Das Warmup

In der Formel 1 gibt es das Warmup nicht mehr, doch in der Tourenwagen-WM dürfen die Piloten vor den Rennen noch einen Shakedown absolvieren

(Motorsport-Total.com) - Jeder Rennsonntag der Tourenwagen-Weltmeisterschaft WTCC beginnt für die Piloten mit dem gleichen Prozedere: Sobald sich die Rolltore der Garagen geöffnet haben und die Boxenampel auf Grün gesprungen ist, rauschen bis zu 30 Tourenwagen auf die Rennstrecke, um sich in 15 Minuten noch einmal auf die beiden anstehenden WM-Läufe vorzubereiten. Was aber ist eigentlich der Sinn des Warmups und wie gehen die Teams diese Trainingseinheit an? 'Motorsport-Total.com' hat nachgefragt.

Titel-Bild zur News: Warmup-Atmosphäre aus Monza

Die WTCC-Piloten nutzen die 15 Minuten des Warmups peinlich genau aus

Beim Warmup handelt es sich um eine Session am Sonntagmorgen, die den Teams zur freien Verfügung steht. Wie auch in den anderen Trainingssessions, so werden zwar die Rundenzeiten gestoppt, doch diese haben keinerlei Relevanz für Startaufstellung und Rennen. 15 Minuten haben Fahrer und Teams Zeit, um noch einmal einige Runden auf dem Kurs zu drehen - was genau geschieht aber dabei?#w1#

Letzter Test unter Rennbedingungen

Der Technische Direktor des BMW Teams Germany, Charly Lamm, nahm sich in Monza Zeit, um mit 'Motorsport-Total.com' ausführlich über die letzte Trainingsmöglichkeit vor den beiden WTCC-Rennen zu sprechen: "Zunächst einmal glaube ich, dass nicht alle Teilnehmer mit der gleichen Aufgabenstellung ins Warmup gehen. Ich kann da nur für das BMW Team Germany sprechen", schränkte Lamm ein.

"Wir sehen das Warmup als eine Gelegenheit, das Auto und das Setup am Renntag noch einmal zu überprüfen. Das bietet uns die Möglichkeit, den Wagen abschließend unter Rennbedingungen zu testen und da kann es durchaus vorkommen, dass man noch Setupänderungen vornimmt. Wir sind allerdings auch keinen Windschatten gefahren, denn dieses Thema hat ja schon den Trainingstag und das Qualifying so dominiert", kam Lamm auf die Besonderheiten der Trainingseinheiten in Monza zu sprechen.

"Dabei bewegt sich der Fahrer in einer anderen Konzentrationssituation. Für den Piloten gilt es dann, das Auto in diesem Moment optimal auszunutzen und im Windschatten schließlich bestmöglich zu platzieren. Es kommt natürlich auch immer darauf an, im richtigen Augenblick mit dem Vordermann zu wechseln. Wenn man bedenkt, dass das alles bei doch recht beträchtlichem Tempo stattfindet und dass es dabei verschiedene Umstände zu beachten gilt, dann ist das sehr anstrengend."

Unterschiedliche Ablaufpläne bei den Rennställen

"Da bleibt dann nicht viel Zeit, um an das Auto zu denken oder daran zu arbeiten. Unsere beiden Fahrer - Augusto Farfus und Jörg Müller - hatten daher den Wunsch, diese 15 Minuten im Warmup dazu zu nutzen, das Auto noch einmal alleine auf der Strecke zu bewegen - einfach um zu sehen, ob alle Einstellungen für sie passen", meinte Lamm.

"Jedes Team oder jeder Hersteller hat dabei auch seinen eigenen Ablaufplan", erklärte der Technische Direktor der Schnitzer-Truppe. Dies wird vor allem dadurch unterstrichen, dass die Ergebnisse des Qualifyings und des Warmups mitunter stark voneinander abweichen und so vermeintlich ein ganz anderes Bild vom Kräfteverhältnis in der WTCC zeichnen können.


Fotos: WTCC in Monza


So geschehen in Monza: Während SEAT die Qualifikation dominiert hatte, war BMW im Warmup die schnellsten Zeiten gefahren. "Das zeigt, dass die Konkurrenz das Warmup sicherlich mit anderen Aufgabenstellungen angegangen ist", folgerte Lamm abschließend. Soweit die Sichtweise eines Werksteams - doch wie stellt sich die Ausgangslage am Sonntagmorgen für einen Privatier-Rennstall dar?

Privatteams arbeiten an den Einstellungen

'Motorsport-Total.com' hat Franz Engstler zu diesem Thema befragt, der sich seit dieser Saison mit seinem eigenen Team in der Tourenwagen-WM engagiert. Daher sind viele der Rennstrecken Neuland für die Independent-Truppe, was sich auch in der Durchführung des Warmups niederschlägt. Engstler: "Wir schaffen es in den beiden dreißigminütigen Trainings eigentlich kaum, ein vernünftiges Setup hinzubekommen."

"Wir sortieren unsere Einstellungen noch bis ins Warmup hinein, teilweise verändern wir auch noch zwischen den Läufen einige Dinge. Wir sind in diesem Punkt einfach noch nicht so aussortiert wie die Teams, die schon mehrere Jahre mit diesem Wagen arbeiten, die alle Strecken und den Reifen kennen. Daher benötigen wir dafür etwas mehr Zeit", sagte der Rennfahrer, der derzeit den vierten Rang in der Privatier-Wertung bekleidet.

"In Brünn hatten wir beispielsweise unmittelbar vorher einen Testtag und konnten am Rennwochenende sofort in Führung gehen. Weil wir einen Erfahrungsrückstand haben, brauchen wir solche Testsessions natürlich, sonst dauert es am Rennwochenende länger, bis wir das richtige Setup finden", so Engstler. "Normalerweise benutzt man das Warmup dazu, einen Fahrzeugcheck zu machen.

Unterm Strich nutzen die Teams diese morgendliche Viertelstunde ganz so, wie sie es für richtig erachten. Während Werksteams sich den Luxus leisten können und ihre Fahrer einfach zum Runden drehen auf die Strecke schicken können, feilen Privatfahrer noch einmal abschließend am Setup. Im Grunde steckt allerdings nur ein Zweck dahinter, wie Engstler abschließend erläuterte: "Man schaut, ob alles in Ordnung ist und ob die Balance stimmt."