• 08.08.2010 16:21

  • von Stefan Ziegler

Die Tourenwagen-WM im Fußballfieber

Die Fußball-WM 2010 aus Sicht der WTCC-Piloten: Wie Tom Coronel, Augusto Farfus, Jordi Gené und Alain Menu das Turnier verfolgten und bewerten

(Motorsport-Total.com) - Für die Fahrer und Teams der Tourenwagen-WM stellte der Sommer 2010 eine regelrechte Nagelprobe dar, mussten die Protagonisten der WTCC doch binnen sechs Wochen an nicht weniger als vier Rennplätzen vorstellig werden. Nicht immer stand dabei das Geschehen auf der Rennstrecke im Vordergrund, denn die Piloten und ihre Mechaniker interessierten sich auch noch für andere Themen.

Titel-Bild zur News: Augusto Farfus, Tom Coronel

Tom Coronel und Augusto Farfus am Kicker, doch Jordi Gené durfte jubeln...

Zum Beispiel für die Fußball-WM, die von Juni bis Juli in Südafrika ausgetragen wurde. Entsprechend kurz fassten sich die Fahrer in Zolder und Portimão bei ihren Briefings, um nur keine Minute bei den Spielen ihrer Mannschaft zu verpassen. 'Motorsport-Total.com' hat sich in der Boxengasse der WTCC umgehört und nachgefragt, wie intensiv die Piloten den Cup am Kap erlebt und verfolgt haben.#w1#


Fotos: WTCC in Brünn, Girls


Augusto Farfus (BMW Team RBM) hätte seine Brasilianer gerne weiter vorne gesehen, war aber trotzdem beeindruckt von den Partien in Afrika: "Für mich ist es überraschend, wie gut sich die kleinen Teams bei solchen Wettbewerben verkaufen. Da spielen Länder mit, von denen hast du bislang kaum etwas gehört", so der 26-Jährige. Auch Alain Menu (Chevrolet) kann sich für "Underdogs" begeistern.

Menu: Die kleinen Teams wissen sehr zu begeistern

"Die Algerier haben mir in diesem Zusammenhang sehr gut gefallen", sagt Menu. "Diese Jungs sind hinter jedem Ball hergerannt. Das sah aus, als ob sie es unbedingt wollten. Einen solchen Eindruck hat nicht jedes Team hinterlassen - dabei wird die Fußball-WM doch nur alle vier Jahre ausgetragen. Ich kann nicht verstehen, dass man sich da nicht voll und ganz reinhängt", erklärt der Schweizer.

"Enttäuschend zu sehen war das vorzeitige Ausscheiden der Franzosen und Engländer." Alain Menu

Die Eidgenossen hätten sich zumindest in der Partie gegen den späteren Weltmeister aus Spanien prima verkauft, fährt der Chevrolet-Pilot fort. "Gegen die Spanier hat das Team richtig gut gespielt und konnte seine Stärken zeigen. Enttäuschend zu sehen war hingegen das vorzeitige Ausscheiden der Franzosen und Engländer. Vielleicht haben sich diese Mannschaften nicht besonders angestrengt."

Über zu wenig Einsatz konnte sich Tom Coronel (SR) bei seinen Niederländern jedenfalls nicht beklagen - höchstens über zu viel körperbetontes Spielen im Finale. "Ich kann sehr gut mit Niederlagen umgehen. Das ist kein Problem für mich. Dieses Mal war ich aber wirklich am Boden zerstört", hält der "fliegende Holländer" fest. "Immerhin haben wir aber das Endspiel dieser WM erreicht."

Coronel und Sunred: Die WM-Gegner als Team

"Wir hatten eine Titelchance und die Jungs haben auch gekämpft wie die Löwen, doch leider hat es nicht geklappt. So ist es nun einmal", meint Coronel und fügt hinzu: "Sehr schade, denn das hätte sicherlich eine große Party gegeben. Ich hätte das zudem mit einer witzigen Autolackierung zu würdigen gewusst. Irgendetwas Verrücktes wäre mir da gewiss eingefallen", sagt der 38-Jährige.

"Wir Spanier legen bei solchen Gelegenheiten einfach den Hebel um." Jordi Gené

"Alleine schon, weil ich für ein spanisches Team fahre. So haben die Mechaniker ihren Spaß mit mir", witzelt "Major Tom" und schildert seine Erfahrungen nach der Finalniederlage gegen die Spanier: "Meine Boxencrew hat prompt meine Rückspiegel umgestaltet und auf der einen Seite den WM-Pokal, auf der anderen Seite den Torschützen verewigt" - Coronel reagierte amüsiert auf diesen Scherz.

Jordi Gené (SR) erklärt, weshalb seine Landsleute derart emotional und engagiert zu Werke gehen: "Wir Spanier legen bei solchen Gelegenheiten einfach den Hebel um. Die Formel 1 war in Spanien nur eine Randerscheinung bis Fernando Alonso auf den Plan trat. Auf einmal war die Formel 1 eine fast so große Nummer wie der Fußball. Die Stimmung in der Heimat schwankt allerdings gewaltig."

Farfus: Humor ist, wenn man trotzdem lacht...

"Vor dem ersten Spiel waren alle überaus optimistisch und schrieben uns schon ins Finale. Nach der Niederlage gegen die Schweiz wurde hingegen schon vom Vorrunden-Aus gesprochen", berichtet Gené. "Das ist eben unser südländisches Temperament. Manchmal kocht die Stimmung halt über. Wir werfen die Flinte relativ schnell ins Korn. Für einen Sportler ist das keine optimale Einstellung."

"Ich liebe Fußball, habe halt nur überhaupt kein Talent..." Augusto Farfus

Apropos Sport: Wie ist es denn um die eigenen Kickerfähigkeiten bestellt? Farfus kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. "Das ist ein überaus frustrierendes Thema für mich", meint der langjährige BMW Fahrer. "Ich liebe Fußball, schaue mir die Spiele an und trete auch leidenschaftlich gerne selbst gegen den Ball. Ich habe halt nur überhaupt kein Talent", so Farfus. "Das ist schon ein Problem."

"Zum Beispiel, wenn ich mit den Nazionale Piloti, der Fahrermannschaft, auf den Platz gehe. Die Jungs waren hellauf begeistert, als ich das erste Mal mit von der Partie war. Nach dem Motto: 'Wir haben einen Brasilianer? Spitze! Wir greifen voll an!' Nach fünf Minuten schickten sie mich wieder auf die Bank", erzählt Farfus, trägt sein Schicksal aber mit Fassung: "Zum Glück ist das nicht mein Job!"