• 22.12.2009 09:15

  • von Stefan Ziegler

Die Saison im Rückblick (3): Tarquini holt den Titel

Das Rennjahr der Tourenwagen-WM ist beendet: 'Motorsport-Total.com' blickt zurück auf eine spannende und aufregende WTCC-Saison

(Motorsport-Total.com) - Am 22. November 2009 fiel die Entscheidung: Nach 24 WM-Läufen und über 1.200 Rennkilometern sahen die Protagonisten der Tourenwagen-Weltmeisterschaft (WTCC) in Macao die Saison-Zielflagge. Viele spannende Duelle, aber auch einige politische Kontroversen prägten den Jahresverlauf, der vollkommen im Zeichen des Duells zwischen BMW und SEAT stand. 'Motorsport-Total.com' blickt zurück auf das Geschehen und die WTCC-Saison 2009. Heute: Das letzte Saisondrittel.

Titel-Bild zur News: Gabriele Tarquini

Gabriele Tarquini ist mit 47 Jahren der älteste FIA-Weltmeister aller Zeiten

Nach einer über sechswöchigen Sommerpause schickten sich die Protagonisten der Tourenwagen-WM an, in Oschersleben in den vier Rennwochenenden umfassenden Saisonendspurt zu starten. BMW und SEAT lieferten sich einen engen Zweikampf um die Titel, wohingegen Chevrolet mit dem neuen Cruze bereits fünf Rennerfolge eingestrichen hatte. Einzig Lada hatte nach zwei Jahresdritteln noch nicht gepunktet...#w1#

Oschersleben (Deutschland) - 6. September 2009

Die Chance auf die ersten WM-Zähler des russischen Teams war in Oschersleben aber da, denn eine verregnete Qualifikation hatte Jaap van Lagen in die Top 10 gespült. So fuhr der Niederländer im ersten Rennen einem sensationellen fünften Rang entgegen - wurde aber ausgerechnet in der letzten Kurve der letzten Runde von Nicola Larini (Chevrolet) abgeräumt und der Lada-Traum zerplatzte.

Andy Priaulx

Andy Priaulx feierte in Oschersleben seinen ersten Saisonerfolg 2009 Zoom

Andy Priaulx (BMW) schaffte hingegen das beinahe Unmögliche und fuhr vom 14. Startplatz (!) auf den ersten Rang nach vorne, was in der WTCC-Geschichte einmalig ist. Der dreimalige Weltmeister hatte sich in der turbulenten ersten Kurve aus dem großen Chaos herausgehalten und seine Konkurrenten um Gabriele Tarquini und Rickard Rydell (beide SEAT) rasch niedergerungen.

Mit kleineren Schäden kehrten indes Augusto Farfus (BMW) und Yvan Muller (SEAT) aus Runde eins zurück - und Muller war bald darauf ganz aus dem Rennen, als er sein Auto in die Reifenstapel steckte und sich die Radaufhängung demolierte. Das kam den Privatiers freilich gelegen: Tom Coronel (SEAT), Stefano D'Aste und Franz Engstler (beide BMW) fuhren allesamt in die WM-Punkte.


Fotos: WTCC in Oschersleben


Im zweiten Lauf von Deutschland war den Privatfahrern aber keine Überraschung vergönnt - für diese zeichneten Farfus und Priaulx verantwortlich, indem sie BMW einen lupenreinen Doppelsieg beim Heimrennen bescherten. Tarquini wurde Dritter vor Jörg Müller (BMW), der nach seinem Ausfall im ersten Lauf wieder eine ausgezeichnete Aufholjagd hingelegt hatte - Muller wurde wieder Siebter.

Imola (Italien) - 20. September 2009

Damit sollte die Pechsträhne des Titelverteidigers aber beendet sein, denn schon wenige Tage später schlugen Muller und Teamkollege Tarquini in Italien erneut richtig zu: Das SEAT-Duo sicherte sich in Imola überaus souverän jeweils einen ersten und einen zweiten Rang und machte damit einen großen Schritt im WM-Kampf - vor allem, weil Rivale Farfus schon in Runde eins aus dem Rennen war.

Gabriele Tarquini, Yvan Muller

Gabriele Tarquini und Yvan Muller hatten die Konkurrenz in Imola sicher im Griff Zoom

Die Tamburello-Schikane sollte an diesem Sonntagnachmittag gleich für viele Piloten die Endstation bedeuten, so auch für den einzig verbliebenen BMW Titelanwärter, der in Italien nicht über einen achten Platz im zweiten WM-Lauf hinauskam. Einmal mehr sprang Lokalmatador Alessandro Zanardi (BMW) in die Bresche und fuhr - sehr zur Freude seiner Landsleute - zweimal auf den vierten Rang.

Am meisten Kapital aus den frühen Kollisionen schlug aber James Thompson (Lada). Der britische Rennfahrer konnte sich in Imola erstmals richtig in Szene setzen und verblüffte das Starterfeld prompt mit zwei makellosen Fahrten, die in beiden Fällen mit dem sechsten Platz und den ersten WM-Punkten für Lada belohnt wurden. Damit hatte das neue Werksteam sein Saisonziel erreicht.


Fotos: WTCC in Imola


Auch Chevrolet durfte mit der Ausbeute beim letzten Europa-Wochenende des Jahres zufrieden sein: Rob Huff hatte im ersten Rennen hinter Tarquini und Muller den dritten Rang belegt, Alain Menu tat es seinem Cruze-Kollegen in Lauf zwei gleich und stieg seinerseits als Dritter auf das Siegerpodest. Die Siege in der umkämpften Privatierwertung gingen an Sunred-Pilot Coronel und Wiechers-Fahrer D'Aste.

Okayama (Japan) - 1. November 2009

Wie schon im vergangenen Jahr, so mussten sich die Piloten der WTCC auch 2009 mit regnerischen Bedingungen auseinander setzen, als im japanischen Okayama die Startampeln ausgingen. Und kurz darauf hatten die drei Titelanwärter Tarquini, Muller und Farfus ihre Rennchancen bereits im Kiesbett versenkt - das Trio rutschte auf regennasser Fahrbahn in Kurve eins kollektiv über den Streckenrand hinaus.

Augusto Farfus

Augusto Farfus siegte in Okayama - und wahrte damit seine Chancen in der WM Zoom

So ging es für die Spitzenreiter der Gesamtwertung im Folgenden nur noch darum, den Schaden in Grenzen zu halten, was vor allem den SEAT-Piloten dank gutem Teamwork prima gelang. Muller und Tarquini kamen nach 16 Runden auf den Positionen vier und fünf ins Ziel, Farfus erkämpfte sich - mit einem nicht ganz lupenreinen Manöver gegen Menu - Rang acht und holte damit die Pole für Lauf zwei.

Den Rennsieg machten indes die Markenkollegen des 26-Jährigen unter sich aus: Priaulx hatte nach dem Tumult der ersten Kurve die Führung übernommen und wurde fortan von Müller gejagt - der einzige deutsche Werksfahrer der WTCC fand keinen Weg vorbei am dreimaligen Champion, hielt aber Chevrolet-Fahrer Huff sicher auf Distanz. Im zweiten Rennen musste Müller allerdings Federn lassen.


Fotos: WTCC in Okayama


Der 40-Jährige wurde in eine Kollision mit Tiago Monteiro (SEAT) verwickelt und erhielt eine Durchfahrtsstrafe, womit seine Chancen dahin waren. Farfus witterte hingegen wieder Morgenluft, weil er - abgeschirmt durch Priaulx - einmal mehr einen Sieg einfahren und zehn wichtige WM-Zähler einstreichen konnte. Muller (3.) und Tarquini (7.) punkteten ebenfalls - die WM-Entscheidung wurde vertagt.

Macao (China) - 22. November 2009

Beim traditionellen Saisonfinale in Macao überschlugen sich schließlich die Ereignisse: Schon in der Qualifikation gab es einige schwere Unfälle und auch im zweiten Sprintrennen krachte es heftig. Während die beiden WM-Anwärter Muller und Tarquini bei ihren Crashs glimpflich davonkamen, erlitten Thompson eine Verletzung im Beinbereich und Franz Engstler (BMW) ein gebrochenes Schlüsselbein.

Gabriele Tarquini, Yvan Muller

Ex-Weltmeister Yvan Muller mit dem neuen WM-Champion Gabriele Tarquini Zoom

Der Unfall des deutschen Privatiers markierte zugleich das Ende einer aufregenden WM-Saison, denn das zweite Sprintrennen von Macao wurde im Anschluss an die Aufräumarbeiten nicht mehr neu gestartet. Damit wurde Tarquini Weltmeister, ohne dass er in Lauf zwei überhaupt die Zielflagge gesehen hatte - die Freude kannte beim 47-jährigen Italiener aber dennoch kaum Grenzen.

Während im SEAT-Lager der große Jubel ausbrach, konnte auch ein Doppelsieg durch Farfus und Müller die Stimmung bei BMW nicht sonderlich heben: Die Münchener hatten knapp den Kürzeren gezogen und beide WM-Titel verpasst. Chevrolet ließ dank Huff am letzten Wochenende des Jahres noch einmal eine Pole-Position sowie einen Sieg folgen und beschloss das Jahr 2009 auf einem Hoch.


Fotos: WTCC in Macao


Lada schien in Macao hingegen das Pech gepachtet zu haben: Kirill Ladygin konnte nach einem Trainingscrash nicht mehr starten, weil sein Auto irreparabel beschädigt worden war und Thompson war nach seinem Unfall in der Qualifikation ebenfalls nicht mehr dabei - bei van Lagen streikte die Technik. Diese hatte Coronel gut im Griff: Der Niederländer holte sich den Titel bei den Privatfahrern.