• 09.12.2013 10:09

  • von Roman Wittemeier

Entwicklung der WEC: Fast alles auf Grün!

Die Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) hat in ihrem zweiten Jahr einen enormen Schub erfahren: Lob von vielen Seiten - Blick in goldene Zukunft

(Motorsport-Total.com) - Nach der zweiten Saison der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) sind sich viele Beteiligte und Beobachter sicher: Das noch junge Kind hat schnell das Laufen gelernt. Das Teilnehmerfeld war in der zurückliegenden Saison hochklassig und stabil, der Sport an den acht Schauplätzen weltweit oftmals äußerst spannend. Diese Faktoren schlagen sich in Zahlen nieder: Die mediale Aufmerksamkeit hat sich nach Aussage der WEC-Macher im Vergleich zu 2012 nahezu verdoppelt.

Titel-Bild zur News:

Die WEC hat sich in ihrem zweiten Jahr weiter gut entwickelt Zoom

"Aus meiner Sicht hat sich die WEC in ihrer zweiten Saison stabilisiert. Es findet ein toller Wettbewerb auf der Strecke statt. Wir müssen in engen Duellen um Siege kämpfen - einfach toll", freut sich Chris Reinke über die positive Entwicklung der Szene. Der LMP1-Leiter von Audi ist sicher, dass man im kommenden Jahr den nächsten Schritt gehen wird: "Wir finden in der WEC ein professionelles Umfeld vor, das sich ebenfalls weiterentwickelt."

"Wie stark die WEC mittlerweile ist, zeigt doch die Tatsache, dass Porsche 2014 gleich mit zwei Werksprogrammen engagiert ist. Das darf man als klares Statement betrachten. Es macht deutlich, wie gut sich die WEC entwickelt hat", meint Porsche-Motorsportchef Hartmut Kristen. "Die WEC hat gerade ihr zweites Jahr hinter sich. Wenn man sich die Entwicklung im Vergleich zu anderen Serien mal anschaut, dann wird deutlich, wie viel Potenzial in dieser Serie steckt."

WEC stabil: Wer spricht noch von Peugeot?

"Die Teams im Fahrerlager sind hoch professionell, wir sind mit der WEC in den wichtigsten Märkten präsent und - das darf man nicht vergessen - wir haben die 24 Stunden von Le Mans als Kernstück des Kalenders. Dies alles ist für Porsche, einem Sportwagenhersteller mit solch umfangreicher Tradition, natürlich von großem Wert", erklärt Kristen die Attraktivität der Langstrecken-WM. Auch bei vielen Piloten kommt die gute Entwicklung an.

Toyota Sonne Bahrain Dampf Qualm

Die Macher erwarten eine goldene Zukunft für die Langstrecken-WM Zoom

"Wenn ich mal zurückschaue, dann erinnere ich mich an den plötzlichen Rückzug von Peugeot", so Weltmeister Allan McNish im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'. "Viele waren der Meinung, das sei das Ende der WEC noch bevor sie gestartet ist. Aber: Wer spricht heute noch von Peugeot? Niemand! Es wird gesprochen über Audi und Toyota, über den Einstieg von Porsche, über die tollen Kämpfe in der GTE-Klasse zwischen Ferrari, Aston Martin und Porsche."

"Der Abschied von Peugeot war vielleicht eine Bodenwelle, aber es wurde nichts aus der Bahn geworfen. Das zeigt schon, wie stabil die Szene eigentlich ist. Toyota ist eingestiegen, obwohl sie das zu jenem Zeitpunkt noch gar nicht geplant hatten", sagt der Schotte. "Die neuen Regeln sind gut, denn sie wecken das Interesse von Herstellern und halten sie im Geschäft. Das ist extrem wichtig. Die Hersteller müssen neue Technologien entwickeln und darstellen können. Genau das bietet die WEC."

WEC-Macher analysieren den Markt genau

Dieses Lob hören die Macher der WEC natürlich gern. Aber sie sind gleichzeitig auch vorsichtig. Man betrachtet, die noch junge Langstrecken-WM als zartes Pflänzchen, das nun weiter gehegt und gepflegt werden muss. "Auf der einen Seite sind wir natürlich zufrieden, weil wir in allen Bereichen zugelegt haben. Auf der anderen Seite sind wir nie so ganz zufrieden. Wir wollen immer noch mehr", stellt WEC-Promoter Gerard Neveu klar.

Kaffer Davidson Minassian

Entspannt im Paddock: Pierre Kaffer, Anthony Davidson, Nicolas Minassian Zoom

"Als wir mit der WEC begonnen haben, hatten wir natürlich einen Businessplan. Daraus ging eindeutig hervor, wo wir nach einem, zwei, oder drei Jahren stehen möchten. Wir sind im Moment diesen erwarteten Fortschritten sogar etwas voraus", so der Franzose. "Die Fernsehpräsenz ist okay, wir haben viele Autos am Start und einige Hersteller in unserer Serie. Le Mans bleibt natürlich das große Zugpferd. Das Rennen bildet die Basis der WEC."

"Insgesamt können wir wirklich zufrieden sein. Wenn wir uns weltweit im Motorsport umschauen, dann dürfen wir uns sicherlich nicht beklagen. Wir müssen alles dafür tun, dass wir den Aufwärtstrend fortsetzen. Das klingt einfacher als es ist", meint Neveu. Die Chancen auf ein anhaltendes Wachstum sind gegeben. "In Bahrain 2013 waren doppelt so viele Journalisten akkreditiert wie im Vorjahr. Das zeigt, wie sehr das Interesse an der WEC zugenommen hat."

"Wir müssen trotz der Zuwächse und Entwicklungen versuchen, möglichst nahbar zu bleiben. Wir müssen das Gleichgewicht von Profis und Amateuren halten. Das ist auch den Herstellern ganz wichtig", sagt der WEC-Chef. "Wir müssen unsere Werte erhalten: Offenheit, Bodenständigkeit und Vorreiter sein in Sachen Technologie. Im technologischen Sinne sind wir dank des neuen Reglements allen anderen Serien einen Schritt voraus. Wir müssen aber gleichzeitig immer versuchen, diese besondere Stimmung in unserem Paddock zu erhalten - bei aller Professionalität."

Kein roter Teppich für LMP1-Team von Porsche

"Im kommenden Jahr kommt Porsche in der LMP1-Klasse hinzu. Das ist wichtig und gut, aber wir müssen es so sehen, dass ein neues Team hinzukommt. Es darf nicht passieren, dass wir neuen Herstellern den Teppich ausrollen und andere darunter leiden. Das ist ganz wichtig", appelliert Neveu und macht gleichzeitig deutlich, dass Porsche keinerlei Sonderbehandlung erwarten darf. Es wird ein fairer und offener Wettbewerb in allen Klassen angestrebt.

Ferrari Aston Martin Porsche

Forderung: Die GTE-Pro-Teilnehmer sollen mehr in den Fokus rücken Zoom

"Die WEC war 2012 ein Baby. Damals ging es nur darum, dieses zarte, kleine Kind am Leben zu erhalten. Das ist uns gelungen. Nun gilt es, dieses Kind weiter wachsen zu lassen. Dabei müssen wir viele Bereiche jederzeit genau im Auge behalten. Das tun wir. Wir überwachen die Entwicklungen zum Beispiel in den Bereichen Vermarktung, TV-Präsenz und Zuschauer ganz genau. Da gibt es bei uns die Farben Rot, Orange und Grün", beschreibt Neveu.

"Sind alle Pfeile grün, dann bedeutet dies Wachstum - alles okay. Bei Gelb sind wir schon alarmiert, weil Stagnation zeigt, dass wir nicht auf einem guten Weg sind. Bei Rot ist klar, dass etwas nicht stimmt. Im Moment sind 99,5 Prozent aller Pfeile grün", berichtet der Franzose stolz. Natürlich gibt es noch Baustellen. Die Vermarktung muss aus Sicht der Hersteller besser werden. Außerdem erwarten die Teilnehmer aus LMP2, GTE-Pro und GTE-Am völlig zurecht mehr Aufmerksamkeit.

Forderung: Mehr Aufmerksamkeit für GTE-Pro-Teams

"Die Serie wirkt halbwegs stabil. Ich würde mir mehr TV-Coverage und mehr Marketing wünschen. Ich mag es auch nicht so gern, zu Strecken zu kommen, wo nichts los ist. Wenn ich da an Austin oder eben auch an Bahrain denke. Es gibt schon noch einige Arbeit zu erledigen", sagt Aston-Martin-Boss David Richards auf Nachfrage von 'Motorsport-Total.com'. Der Brite wird trotz dieser Wünsche auch 2014 wieder je zwei Autos in die GTE-Klassen schicken.

"Für uns ganz speziell gibt es zusätzlich das Problem, dass die LMPs im Vergleich zu den GTEs viel zu sehr im Fokus stehen. Die TV-Berichterstattung und die Berichte in anderen Medien drehen sich viel zu sehr um die Prototypen", meint Richards. Er droht: "Das könnte für Aston Martin eigentlich heißen, dass wir uns zum Beispiel auf die Blancpain-Series konzentrieren und nur an Rennen teilnehmen sollten, wo wir auch den Gesamtsieg holen können."


Fotos: Paris: Ehre für die WEC-Champions


"Diesem Thema muss man mehr Aufmerksamkeit widmen, sonst suchen sich die GT-Teams tatsächlich irgendwann andere Bühnen, wo sie definitiv im Fokus stehen", sagt der Prodrive-Boss. "Es liegt an den Organisatoren. Sie müssen dafür sorgen, dass es eine Gleichbehandlung bei der TV-Präsenz und der Mediendarstellung gibt. Dann ergibt sich ein Gleichgewicht von ganz allein. Die Organisatoren haben das ganz allein in der Hand."

Die Botschaft des Briten ist bei den WEC-Verantwortlichen angekommen. "Wir wollen ein volles Starterfeld. Für uns ist ein Wert von 32 Autos optimal, denn diese Zahl von Autos können wir überall in den Boxengassen unterbringen. Bei europäischen Rennen können es manchmal auch mehr sein, bei Überseerennen wäre so etwas logistisch schwierig", blickt Neveu voraus. "Und: Wir planen eine App, die unsere Rennen aus zusätzlichen Blickwinkeln und mit zusätzlichen Informationen darstellt. Details dazu folgen."