Audi zweigleisig: Wie viel Le Mans steckt in der Nummer drei?

Während Toyota und Porsche in Spa ihre Le-Mans-Pakete einsetzen, erfüllt bei Audi nur ein Auto diese Funktion - Wir haben die Nummer drei unter die Lupe genommen

(Motorsport-Total.com) - Während Porsche und Toyota bei ihren Boliden in Spa auf wenig Abtrieb setzen, um sich so gut wie möglich auf die 24 Stunden von Le Mans vorzubereiten, geht Audi einen anderen Weg: Die Ingolstädter haben ein Paket für mehr Abtrieb ans Auto geschraubt, was eigentlich auf dem Ardennen-Kurs der bessere Weg ist. Sieht sich der Dauersieger in Hinblick auf den Klassiker an der Sarthe also in einer derart guten Position, dass man es sich leisten kann, sich auf die Langstrecken-WM zu konzentrieren?

Titel-Bild zur News: Filipe Albuquerque, Marco Bonanomi

Bei der Le-Mans-Version fallen die inneren Entlüftungen der Radkästen auf Zoom

Mitnichten, denn die Truppe von Audi-Sportchef Wolfgang Ullrich setzt einfach nur auf eine andere Herangehensweise: Wer genau schaut, dem fällt auf, dass das Auto mit der Nummer drei im Gegensatz zu den anderen zwei Audi-Boliden mit dem Le-Mans-Paket ausgestattet ist. Dabei handelt es sich um den Audi R18 e-tron quattro der Audi-Langstrecken-Neulinge Filipe Albuquerque und Marco Bonanomi.

Warum nur ein Auto das Le-Mans-Paket fährt

Im Qualifying gelang dem Duo nur Platz sieben, was man bei Audi wegen der wechselhaften Bedingungen nicht überdramatisiert, zumal die beiden im Grunde die Rolle der Testpiloten innehaben. "Das dritte Auto erfüllt bisher unsere Erwartungen", zeigt sich Audis LMP-Leiter Chris Reinke bislang absolut zufrieden. "Das gilt nicht nur bezüglich der Performance, sondern auch bezüglich des Einsatzes unserer ganz neuen Mannschaft und der Fahrer in der Startnummer drei."

Er hält Albuquerque und Bonanomi sogar für siegfähig: "Natürlich hängt dies von Faktoren ab - zum Beispiel vom Wetter. Weit auseinander liegen die Fahrzeuge jedenfalls nicht." Warum man nur ein Auto in der Le-Mans-Konfiguration einsetzt? "Das hat etwas mit Entwicklungen und Verfügbarkeiten zu tun", rechtfertigt Reinke die Entscheidung. "Es geht zum Beispiel darum, wann wir welche Teile aus dem Windkanal abziehen und in Produktion gehen. Es reicht in Vorbereitung auf Le Mans, dass wir hier mit einem Fahrzeug reichlich Daten sammeln."

Wie unterscheidet sich die Nummer drei?

Inwiefern das Auto mit der Nummer drei in der tatsächlichen Le-Mans-Konfiguration unterwegs ist, da scheiden sich derzeit im Fahrerlager die Geister. "Das ist die Basis der Le-Mans-Spezifikation", deutet Audi-Sportchef Ullrich gegenüber 'Motorsport-Total.com' an, dass man noch nicht alles preisgibt. Wie nahe das Auto an der endgültigen Le-Mans-Version sei, "wissen wir dann erst in Le Mans...", grinst der Österreicher.

Man sei aber froh, im Gegensatz zu Toyota und Porsche ein drittes Auto einsetzen zu können. Zumal der Einsatz bislang nicht unproblematisch lief, wie Ullrich verrät: "Wir haben am Vormittag ein wenig Zeit gebraucht, weil die Autos komplett neu sind."

Marcel Fässler, Benoit Treluyer

Bei der WEC-Version fehlen die inneren Entlüftungen der Radkästen Zoom

Doch was ist tatsächlich anders beim Le-Mans-Testauto? Auffällig sind die vorderen Radkästen, die innen entlüftet werden, der längere Radstand und die unterschiedlichen seitlichen Leitelemente. "Das ist halt der Versuch, für Le Mans eine Version zu bauen, die mit möglichst wenig Luftwiderstand möglichst viel Abtrieb generiert", gibt Ullrich Einblicke in die Audi-Strategie. "Da gibt es dann halt diese Unterschiede zu der anderen Version des Autos, wo man für mehr Abtrieb eben mehr Luftwiderstand in Kauf nimmt."

Einsatz bislang nicht von Glück gesegnet

Und dieser zusätzliche Luftwiderstand ist in Le Mans ein enormer Nachteil, was in Anbetracht der schier endlos scheinen Geraden nicht verwundern darf. Ein Fazit, ob der Einsatz des Le-Mans-Autos die erwünschten Erfolge bringt, will Ullrich noch nicht ziehen. Man könne zwar in Spa einiges lernen und viele Daten sammeln, "aber erst beim Vortest in Le Mans sieht man die Wahrheit."

In Spa-Francorchamps war man bislang zumindest nicht gerade mit Glück gesegnet. "Man darf nicht vergessen, dass wir bisher nur im zweiten Training trockene Bedingungen hatten", klagte Albuquerque vor dem Qualifying im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'. "Die roten Flaggen haben uns in der Session nicht gerade geholfen. Wir kommen dem Optimum immer näher."


Fotos: Audi Sport, WEC in Spa-Francorchamps, Freitag


Albuquerque erwartet schwieriges Rennen

Er vermutet, dass das Rennen am Samstag zum Problem werden könnte: "Über eine einzelne Runde werden wir schon ganz gut aussehen, aber im Rennen wird es etwas anders aussehen. Für uns ist es ungleich schwieriger, zwei Stints auf einem Reifensatz zu absolvieren. Die Reifen leiden mehr, wenn man nicht viel Abtrieb hat."

Filipe Albuquerque, Marco Bonanomi

Der Audi mit der Nummer drei wurde mit einem längeren Heck versehen Zoom

Das liegt daran, dass das Auto mit weniger Abtrieb unruhiger liegt und mehr rutscht, wodurch die Pneus in Mitleidenschaft gezogen werden - und gerade in den langgezogenen, schnellen Kurven müssen die Pneus ohnehin schon einiges aushalten. Dazu kommt, dass der Regen für das Aero-Paket mit wenig Abtrieb Gift ist.

Trockene Bedingungen würden helfen

"Mit weniger Abtrieb leidest du im Nassen umso mehr", bestätigt Albuquerque. "Allein in Eau Rouge büßen wir dann viel ein. Wir müssen dann ganz schön lupfen, denn das Heck wird sehr instabil. Uns wären trockene Bedingungen natürlich lieber. Dann gäbe es auch einen viel realistischeren Vergleich zu den anderen Autos."

Und auch das Finden der richtigen Balance entwickelte sich zu einer kniffligen Angegenheit, erklärt der ehemalige DTM-Pilot: "Zu Anfang gab es etwas zu viel Übersteuern, es war schwierig zu fahren. Vor allem in schnellen Kurven verliert man dann zu viel. Man darf die Balance aber auch nicht zu sehr in Richtung Heck verschieben, denn dann leiden die Reifen an der Front noch mehr."