Viele Kawasaki-Stürze: Warum Pirellis Entwicklung für Rea ein Problem ist

Pirelli liefert in der Superbike-WM immer weichere Vorderreifen: Ducati und Yamaha kommen damit gut zurecht, Kawasaki hingegen hat zu kämpfen

(Motorsport-Total.com) - Kawasaki ist in der Superbike-WM hinter Ducati und Yamaha zurückgefallen und nur noch dritte Kraft. Für den sportlichen Abstieg der einstigen Serien-Weltmeister gibt es verschiedene Gründe. Auch die Entwicklung der Pirelli-Vorderreifen hat dazu beigetragen, dass die "Grünen" zuletzt nicht mehr aus eigener Kraft Rennen gewinnen konnten.

Titel-Bild zur News: Jonathan Rea

Jonathan Rea landete in der jüngeren Vergangenheit ungewohnt oft im Kies Zoom

Die Kawasaki ZX-10RR belastet die Front stärker als andere Superbikes und harmoniert deshalb besser mit harten Vorderreifen (SC2). Die Maschinen der Konkurrenz hingegen können weichere Mischungen (SC1) besser nutzen und haben deshalb Vorteile.

"Die Rundenzeiten sind jetzt gegen Rennende so gut. Das zeigt, dass Pirelli gut gearbeitet hat, was die Vorderreifen angeht. Doch bei einem Einheitsreifen ist es immer schwierig, alle happy zu machen", weiß Kawasaki-Werkspilot Alex Lowes und zeigt damit Verständnis für den Weg, den Pirelli bei den Vorderreifen eingeschlagen hat.

Warum Kawasaki die Vorteile der weichen Vorderreifen nicht nutzen kann

Jonathan Rea ist seit 2009 Stammpilot in der Superbike-WM und hat über die Jahre mitverfolgt, wie sich Pirellis Reifenmischungen verändert haben: "Die Vorderreifen von Pirelli wurden immer weicher. Früher verwendeten alle Fahrer den SC2: Biaggi, ich, Checa."

"Dann fing Ducati damit an, immer mit dem SC1 zu fahren. Yamaha verwendete früher immer den SC2-Vorderreifen und jetzt den SC1. Und selbst der SC1 selbst wurde immer weicher", stellt der Rekord-Weltmeister fest.

"Die Reifen wurden immer weicher mit der Zeit. Das war für unsere Gegner ein größerer Vorteil als für uns. Es ist kein Nachteil für mich, sondern ein Vorteil für unsere Gegner", erklärt Rea, der härtere Vorderreifen klar bevorzugt.

"Wenn die Bedingungen so schwierig sind, dass alle anderen auch den SC2 im Rennen verwenden müssen, dann haben wir einen großen Vorteil. Doch bei einigen Rennen müssen wir den SC2 verwenden, während andere die weichere Option einsetzen können, weil sie die Front nicht so stark beanspruchen", bemerkt Rea.

Jonathan Rea

Jonathan Rea bekommt gegen Rennende Probleme mit den SC1-Vorderreifen Zoom

Um mehr Performance zu erhalten, verwendet auch Kawasaki ab und zu den SC1-Vorderreifen. Doch damit wird es gegen Rennende kritisch, weil der Reifen in den finalen Runden abbaut. Während die Gegner ihr Tempo halten können, muss Rea abreißen lassen.

"Wir können diese Reifen auch verwenden, doch wir wurden damit nicht schneller. Wir müssen bei unserem Motorrad besser verstehen, wie wir den Vorderreifen nicht überlasten, damit wir diese weichen Vorderreifen über die Renndistanz bringen können. Dann könnten wir auch bei sehr hohen Temperaturen in den letzten Runden eines Rennens kämpfen", so Rea.

Alex Lowes veranschaulicht, warum Jonathan Rea jetzt öfter stürzt

Kawasaki-Teamkollege Alex Lowes bestätigt den Eindruck, dass sich Pirelli bei den Vorderreifen eine klare Richtung entwickelt hat: "Pirelli bringt immer weichere Reifen. Wenn man sich die Reifenlisten der zurückliegenden Jahre anschaut, dann erkennt man, dass wir oft die einzigen waren, die SC2-Reifen verwendet haben. Das geht teilweise zurück bis zur Zeit, als Tom Sykes neben Jonathan fuhr."

Lowes veranschaulicht, wie sich die weichen Vorderreifen für Rea auswirken: "Im vergangenen Jahr wurde Jonathan bei vielen Rennen in den finalen sechs Runden deutlich langsamer. Dann fuhr er ein ähnliches Tempo wie die Gruppe dahinter. Doch da er einige Sekunden Vorsprung hatte, fuhr er auf der dritten Position im Niemandsland."

Jonathan Rea

Jonathan Rea muss mit seiner Kawasaki viel riskieren Zoom

"Das war bei vielen Rennen im Vorjahr der Fall. Doch jetzt ist diese Verfolgergruppe näher dran. Wenn Jonathan keinen Vorsprung hat, dann ist er mittendrin", erklärt Lowes und macht diese Entwicklung für die vielen Stürze des Rekord-Champions verantwortlich: "Er fährt am Limit und deshalb können Fehler passieren."

Vor allem Ducati hat kein Problem damit, weiche Vorderreifen über die Renndistanz zu bringen. Die Panigale V4R geht sehr gut mit den Vorderreifen um. Weltmeister Alvaro Bautista bildet zusammen mit seiner Ducati eine Kombination, die schwer zu besiegen ist.

Alvaro Bautista, Toprak Razgatlioglu, Jonathan Rea

Im finalen Renndrittel hat Jonathan Rea oft Mühe, das Tempo zu halten Zoom

"Man muss ihnen gratulieren. Er fährt dieses Motorrad genau so, wie es gefahren werden muss. Und das macht er sehr gut", lobt Lowes. "Viel mehr kann man dazu nicht sagen. Wenn man ihn auf eine Kawasaki setzen würde, dann wäre es anders. Das sah man, als er auf der Honda saß."

Beim zurückliegenden WSBK-Event in Barcelona debütierte eine neue Vorderreifen-Entwicklung von Pirelli. Erstmals war eine SC0-Mischung für das Vorderrad verfügbar, mit der die Teams jedoch noch sehr vorsichtig umgingen. Für Kawasaki dürfte dieser Reifen ohnehin keine echte Alternative zu den bewährten Mischungen sein.

Neueste Kommentare