Mercedes C 280 W202 (1996): So grell waren die 90er
Mehr 90er-Jahr-Flair geht nicht: Dieser Mercedes C 280 der Baureihe 202 in Designo-Grün aus dem Werksmuseum zieht die Blicke auf sich
(Motorsport-Total.com/Motor1) - Grün - heutzutage meist eine politische Einstellung. Bekannt ist grün aber auch als Farbe der Hoffnung oder wahlweise auch des Neids. Und auch dieser Mercedes C 280 der Baureihe W202 trägt erstaunlich viel grün und bekennt sich dabei ausdrücklich nicht zu einer bestimmten Politikrichtung, matcht aber perfekt die Lieblings-Sneakerfarbe unseres Chefredakteurs. Daher vermeiden wir hier tunlichst das Wort "hässlich", das nur am Rande ...

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Mercedes C 280 W202 (1996) Zoom
Nein, mit grüner Politik hat diese C-Klasse der Reihe W202 in "designo grün metallic" (Farbcode 252, falls jemand das Süppchen nachkochen möchte) wahrlich nichts am Hut. Die Zeiten, in denen seine Heimat Baden-Württemberg von einer grünen Regierung beherrscht wird, sind bei seiner Geburt 1996 noch weit entfernt. Glücklicherweise, mag mancher denken.
Prachtblüten der Individualität
Vielmehr ist die gewagte Farbgebung das Resultat einer besonders mutig vorpreschenden Individualisierungsabteilung von Mercedes-Benz. Unter dem Label "designo" entstanden ab Mitte der 1990er-Jahre - und besonders zur Anfangszeit - einige Prachtblüten der Individualität, die in Sachen Geschmack mindestens fragwürdig, aber auf jeden Fall mutig waren.
So wie dieser Grünling hier. Dabei kommt einem in den Sinn, dass den Mercedes-Designern, die seit gefühlten Jahrhunderten nur Biederkeit in Reinkultur, möglichst in lebendigem Schwarz, Weiß oder Dunkelblau hervorbringen durften, in ihrer neuen Aufgabe eventuell ETWAS das rechte Maß abhanden gekommen sein könnte.

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Mercedes C 280 W202 (1996) Zoom
"Die C-Klasse mit 2,8-Liter-Sechszylindermotor strahlt das gesamte Jahr über frühlingsfrischen Elan und Energie aus", heißt es dazu in der euphemistischen Pressemeldung der Mercedes-Benz Museums. Bei dieser Farbwahl fragt man sich unweigerlich, ob Mercedes-Benz hier wirklich den Frühling einfangen wollte oder ob der Wagen schlichtweg ein Versuch war, der Welt die Bedeutung von "Mut zur Farbe" näherzubringen.
Mutiges Statement
Das Resultat: ein grüner C 280, der wie ein frischer Morgentau in einer Welt aus grauen Siliziumkarossen wirkt - und dabei die Blicke auf sich zieht. Doch je nach Perspektive: für die einen ein gelungenes Statement, für die anderen eher eine mutige Modeflucht.

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Mercedes C 280 W202 (1996) Zoom
Als 1993 das Topmodell der ersten C-Klasse-Generation an den Start ging, war der C 280 mit seinem 2,8-Liter-Sechszylindermotor und 193 PS durchaus ein ernstzunehmender Mitbewerber in seiner Klasse, die damals vom BMW 328i E36 dominiert wurde. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 220 km/h und einer soliden Fahrwerksabstimmung galt der Wagen als sportlicher Vertreter seiner Zeit. Der W202 war übrigens der direkte Nachfolger des legendären 190er, der als "Baby-Benz" erstmals die Mittelklasse ins Visier nahm und überaus erfolgreich war. Ein schweres Erbe.
Die Ausstattungslinie "Sport" - es gab daneben auch noch "Classic", den bunten "Esprit" und den noblen "Elegance" - , die eine 25 Millimeter Tieferlegung und straffere Fahrwerksabstimmung umfasste, verstärkte diesen sportlichen Eindruck - allerdings noch nicht im Maße eines späteren C 36 AMG, der sich mit seinen 280 PS deutlich rasanter präsentierte. Doch was dieser C 280 vielleicht an Leistung einbüßte, holte er durch eine Ausstrahlung zurück, die nicht jeder erwartet hatte: eine echte Farb-Persönlichkeit.
Farb-Exzess im Innenraum - zumindest für Mercedes-Verhältnisse
Und diese Persönlichkeit setzte sich auch im Innenraum fort - in einem Design, das die grüne Lackierung sichtbar aufgreift und in ihrer Wirkung noch übertrifft. Die Sattlerkunst des Hauses Mercedes-Benz beweist einmal mehr, dass handwerkliches Können nicht nur in der Verarbeitung von Leder steckt, sondern auch in der mutigen Kombination von grünen Elementen und schwarzen Akzenten auf den Sitzen und Türverkleidungen.
Was auf dem Rücksitz wie ein dynamischer Pinselstrich wirkt, stellt sicher, dass man beim Einsteigen nicht einfach nur in ein Auto, sondern in ein Kunstwerk aus den 90ern schlüpft. Der C 280 sagt damit: "Ich habe Stil", auch wenn er diesem Stil durchaus eine ordentliche Portion Mut zum Exzentrischen verpasst hat.

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Mercedes C 280 W202 (1996) Zoom
Bei all dem Hinguckertum darf man nicht vergessen, dass der C 280 auch von der Entwicklungsgeschichte von Mercedes-Benz profitiert. Mit dem Designo-Programm legte die Marke 1995 einen klaren Fokus auf die Individualisierung von Fahrzeugen. Farben und Ausstattungen wurden auf die Wünsche der Käufer abgestimmt - und wer es besonders gewagt mochte, konnte sich einen Wagen wie diesen bestellen.
Designo - Individualität ist Trumpf
Die Designo-Lackierungen, die ein Jahr nach der Einführung des C 280 kamen, sind längst ein Klassiker der Marke. In der Welt der Individualisierung gab es keine Grenzen mehr. Mercedes zeigte damit, dass Luxus nicht nur in der Technik steckt, sondern auch im persönlichen Ausdruck. Und heute, mit dem MANUFAKTUR-Programm, hat man das Ganze auf die nächste Stufe gehoben. Nebenbei sind Designo-Modelle wie unser Grünling hier heute sehr gefragte Young- und Oldtimer, die regelmäßig Höchstpreise erzielen.

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Mercedes Desdign Zoom
Fazit? Der C 280 mag auf den ersten Blick mit seiner auffälligen Farbe und dem Design aus den 90ern nicht unbedingt jeden Geschmack treffen. Doch als ein Stück Automobilgeschichte und ein Zeuge der fortschreitenden Individualisierungswelle der Marke hat der Wagen seinen Platz verdient - und das vielleicht sogar als "Lieblingsstück" in der Sammlung desjenigen, der sich traut, diesem einzigartigen Statement auch heute noch seinen Platz auf der Straße zu geben.
Zu sehen ist dieses Exemplar übrigens in der Sonderausstellung "Alltagshelden" im Mercedes-Benz Museum.
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