• 11.10.2008 18:39

  • von Maximilian Bauer

Großes Finish mit kleinen Überraschungen

Die Pharaonen-Rallye ist beendet: Bei den Motorrädern siegte das Vectra-Team, bei den Autofahrern gewann Christian Lavieille trotz einer Panne

(Motorsport-Total.com) - Knapp 3000 Kilometer Wüste liegen hinter ihnen. Wogende Meere aus Dünen, brettharte Sandpisten, steinige Abhänge und schier endlose Ebenen. Temperaturen bis zu 48 Grad, Staubwolken und spitze Steine haben von den Teilnehmern der Pharaonen-Rallye in Ägypten ihren Tribut gefordert. Jeder, der am heutigen Samstag vor der atemberaubenden Kulisse der Pyramiden von Gizeh und den staunenden Augen der Touristen gesund und mit heiler Maschine ins Ziel kam, war daher ein Sieger.

Titel-Bild zur News: Sektdusche Motorrad

Das Vectra-Team feierte den Erfolg mit einer ausgelassenen Sektdusche

Als erster ist es der Niederländer Frans Verhoeven, der vor der Jahrtausende alten Kulisse seinen Helm abnimmt und kräftig durchatmet. Zwei Minuten hinter ihm beendet sein französischer Teamkollege David Casteu die Etappe - und holt sich damit den Gesamtsieg. Verhoeven, Chef und Manager des auf KTM fahrenden Vectra-Teams japst, noch mit hochrotem Kopf: "Ich bin so erleichtert. So erleichtert! Für uns ist alles gut gelaufen, und heute hatten wir beiden noch einmal richtig Spaß. Wir haben uns auf der letzten Etappe ein hartes Rennen geliefert, und gegenseitig richtig Druck gemacht."#w1#

Auch David Casteu stehen die Strapazen der Woche ins Gesicht geschrieben; tiefe Augenringe und sonnengegerbte Haut zeugen von einer harten Zeit, aber in seinem Gesicht leuchten die Augen so groß, als könnte er seinen eigenen Sieg noch nicht fassen. Dabei war das Vectra-Team die ganze Woche über konstant an der Spitze gefahren, hatte die anderen Konkurrenten zumeist nur ihre Staubwolke sehen lassen. Der junge rumänische Vectra-Fahrer Emanuel Gyenes kam in der letzten Etappe als Dritter an den Pyramiden an und rückte damit in der Gesamtwertung auf Platz sechs vor. Ihre weiteren Teamkollegen Marcel Butuza, Ludovic Boinnard und Alexandru Garbacea belegen in der endgültigen Liste die Plätze acht bis zehn.

Auch der italienische Aprilia 450 RV-Fahrer Alessandro Zanotti (Team Aprilia) ist zufrieden - er war der Schnellste in der Klasse der 450er und kam in der Gesamtwertung auf den dritten Platz, gefolgt von seinem Klassen-Konkurrenten Luca Manca (Team M&M, auf TM 450).

Nichts ging mehr bei Gesamtsieger Lavieille

Siegerehrung

Mit Verspätung im Ziel: Christian Lavieille hat die Autofahrer-Wertung gewonnen Zoom

Bei den Autos war der Sieg des Franzosen Christian Lavieille nahezu sicher - und er galt auch als Favorit auf den letzten Etappensieg. Umso erstaunter daher die Gesichter der Fans am Ziel, als aus der Staubwolke am Horizont nicht wie sonst der rote Nissan Hardbody des Dessoude-Teams als Erster auftauchte. Noch größer die Überraschung, dass es der Bowler Wildcat des Franzosen Gilles Billaut war. Er hatte es die ganze Woche über nicht auf die vordersten Plätze geschafft - und konnte daher auch den unangefochten ersten Fahrer seines Cummins-Teams, Patrick Sireyjol, nicht gefährden. Das Team schenkte dem Franzosen den Etappensieg, Sireyjol kam als Dritter an und ist damit in der Gesamtwertung auf Platz zwei. Billaut erreichte durch den Etappensieg den vierten Platz im Klassement.


Fotos: Pharaons Rallye in Ägypten


Lavieille war Gesamtsieger - doch wo blieb er? Ganze 37 Minuten nach Billaut rollte er heran, und sein Gesicht strahlte nicht ganz so freudig wie das der Motorradfahrer. Nach einer hervorragenden Woche für das Dessoude-Team machte ihnen auf der letzten Etappe der Auspuff zu schaffen. "Lüftungslöcher verstopft, Abgase im Cockpit, überhitzte Teile - nichts ging mehr", erzählt Lavieille. Er und sein Kopilot Jean-Michel Polato mussten aussteigen, Isolierung vom Unterboden abreißen, malade Teile mit einem Seil wieder festbinden. Aber ein Seil war nicht genug, es ging nicht weiter. Ein ägyptisches Team half den Franzosen mit einem weiteren Seil aus, ganz langsam und vorsichtig mussten sie die Etappe zu Ende schleichen und sich, zum ersten Mal in der Woche, von zahlreichen Autos und Motorrädern überholen lassen.

Freuen konnte sich Lavieille über den Gesamtsieg natürlich trotzdem. Gegenüber den in Schwärmen angereisten ägyptischen und arabischen Fernsehteams lobte die Schönheit der Wüste und die anspruchsvolle Strecke. Und am Ende hatte Lavieille trotz des Schadens fast zweieinhalb Stunden Vorsprung auf seinen Verfolger Patrick Sireyjol.

Gemischte Bilanz bei den Deutschen

Zufriedenheit auch beim deutschen Fahrer Rainer Wissmans in Cummins-Diensten: Er holte in seinem Bowler Wildcat den achten Platz in der Gesamtwertung. Arges Pech dagegen hatte der ägyptischen Buggy mit dem deutschen Beifahrer Thomas Holzknecht. Nach dem Horror-Crash in der vorletzten Etappe konnten sie zum Finish nicht mehr an den Start gehen. Wagen kaputt, beide Piloten verletzt - aus der Traum von den vorderen Plätzen. Auch das ungarische Truck-Team konnte die Rallye nicht zu Ende fahren, denn nachdem der zweite Turbolader abgeraucht war, waren sie mit ihren Ersatzteilen am Ende. Nicht aber mit der guten Laune. Die ganze Woche über waren die sechs Ungarn das Team, das am lautesten lachte und schon nach der zweiten Etappe außer Konkurrenz und Wertung, aber mit viel Spaß mitfuhr.

Gefeiert wurde beim Finish vor den Pyramiden allerdings nur kurz, und vor allem von den eingeladenen Gästen. Eine Band spielte auf. Die Fahrer und Mechaniker hatten andere Pläne und dachten schon an das Luxushotel in Kairo: Mit Swimmingpool, Klimaanlage, gewischten Marmorböden, riesigen Badezimmern und fluffigen Betten. Das Lächeln von Luca Manca war die ganze Woche über selten so breit und entspannt wie an diesem Nachmittag, als er frisch geduscht und rasiert die Lobby ansteuerte, um bei einem kühlen Getränk mit seinen Teamkollegen die abenteuerliche Woche Revue passieren zu lassen.

Endergebnis Motorräder (Top 10):

01. David Casteu (Vectra)
02. Frans Verhoeven (Vectra) + 1:27 Minuten
03. Alessandro Zanotti (Aprilia Giofil) + 1:15:58 Stunden
04. Luca Manca (M&M) + 1:23:45
05. Oscar Polli (Free Racing) + 1:36:57
06. Emanuel Gyenes (Vectra) + 1:50:03
07. Angelo Barbiero (Aprilia Giofil) + 3:11:03
08. Marcel Butuza (Vectra) + 3:16:38
09. Ludovic Boinnard (Vectra) + 4:04:19
10. Alexandru Garbacea (Vectra) + 4:13:28

Endergebnis Autofahrer und Trucks (Top 10):

01. Christian Lavieille (Dessoude)
02. Patrick Sireyjol (Cummins) + 2:26:19 Stunden
03. Jerome Pelichet (Pelichet) + 3:09:40
04. Gilles Billaut (Cummins) + 5:52:23
05. Edmond Pelichet (Raid Lynx) + 5:52:43
06. Philippe Boutron (Cummins) + 8:14:33
07. Matteo Paccani (Paccani Macchine) + 9:06:09
08. Rainer Wissmanns (Cummins) + 12:45:16
09. Karim El Zanaty (Rally Raid Egypt) + 13:27:22
10. Ahmed El Sirgany (Rally Raid Egypt) + 16:28:05