MotoGP-Paddock inside: Warum Yamaha plötzlich wieder im Nirgendwo ist
Yamaha hat am Aragon-Freitag große Probleme - Dafür sind KTM und Honda im Spitzenfeld dabei - Marc Marquez ist unantastbar - Die Analyse des Trainingstags
Liebe MotoGP-Fans,

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Die Elektronik regelte am Freitag überhaupt nicht richtig Zoom
dass Marc Marquez den Trainingstag im MotorLand Aragon dominieren würde, kam wenig überraschend. Das Streckenlayout passt zu seinem Fahrstil. Außerdem bietet der neue Asphalt auch im zweiten Jahr wenig Grip. Teilweise war er auch schmutzig, vor allem neben der Ideallinie.
Das sorgte dafür, dass sich das Kräfteverhältnis im Feld doch geändert hat. Plötzlich haben es drei KTM-Fahrer souverän ins Q2 geschafft, während Yamaha komplett unterging. Nach drei Polepositions in Folge war Fabio Quartararo der Frust deutlich anzusehen.
Mehrmals hatte der Franzose in den schnellen Kurven heftige Rutscher. Auch seine Markenkollegen hatten vergleichbare Probleme. Platz 15 für Alex Rins, Platz 16 für Jack Miller und 18 für Fabio Quartararo zeigen klar, dass etwas gewaltig schiefgelaufen ist.
Mit dem weichen Reifen zum Schluss verstärkte sich das Problem auch noch. "Wir müssen verstehen, warum sich unser Motorrad komplett verändert, wenn wir den Reifen wechseln - und warum unsere Elektronik dann verrückt spielt", nennt Quartararo den Knackpunkt.
Denn er meint, dass das prinzipielle Set-up der M1 in Ordnung ist. Dass die Elektronik das große Problem ist, bestätigen auch die anderen drei Yamaha-Fahrer. Mit dem weichen Reifen wurde es schließlich unfahrbar.
"Du kommst in die Kurve rein, alles ist unter Kontrolle", beschreibt Miller. "Und genau in dem Moment, wenn die Lastverlagerung beginnt - also da, wo das Motorrad eigentlich wieder anfangen sollte, sich zu stabilisieren - da haut die Elektronik die gesamte Motorbremse rein."
"Dann hast du diesen massiven Rutscher. Und wenn du einen weichen Reifen fährst, dann hast du mehr Grip. Das löste hier eine Kettenreaktion aus." Keiner der vier Yamaha-Fahrer konnte deshalb eine vernünftige Qualifying-Runde fahren.
Quartararo hatte sogar überlegt, seine Zeitattacke mit dem Medium-Hinterreifen zu fahren, da die Elektronik mit dem weichen Reifen komplett verrückt spielte. Nun bleibt abzuwarten, ob die Ingenieure für den Samstag bessere Mappings finden.
Testfahrer Augusto Fernandez vergleicht übrigens zwei Versionen des Reihenvierzylinders. Einen wesentlichen Unterschied merkte er aber nicht. Yamaha sammelt mit allen fünf Fahrern mit unterschiedlichen Schwingen weitere Daten, um das generelle Gripthema besser zu verstehen.
Acosta rätselt: Warum ist KTM plötzlich so weit vorne?
Während Yamaha also große Hausaufgaben hat, setzte sich KTM mit drei Fahrern in Q2 in Szene. Das kam für mich überraschend, denn vor zwei Wochen in Silverstone hatte es am Freitag überhaupt kein Fahrer in die Top 10 geschafft, und am Samstag auch keiner von Q1 ins Q2.
"Ja, aber wir müssen verstehen", hält Pedro Acosta fest, "warum wir vor zwei Wochen so verloren waren - und jetzt stehen drei von uns in Q2. Das müssen wir analysieren. Wenn der Grip extrem niedrig ist, sinkt bei allen das Niveau - und bei uns steigt es."
Es könnte also durchaus sein, dass das gute KTM-Ergebnis auf die speziellen Gegebenheiten in Aragon zurückzuführen ist. Maverick Vinales spricht von einem Ungleichgewicht zwischen Vorder- und Hinterrad. Der weiche Hinterreifen machte Druck auf das Vorderrad.

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Pedro Acosta wundert sich im Vergleich zu Silverstone Zoom
Am Vormittag hatte Brad Binder noch starkes Untersteuern. Mit einer Änderung am Set-up wurde das im Nachmittagstraining besser. "Anstatt dass das Motorrad von Anfang an untersteuert, hat es quasi später untersteuert", versucht er das zu erklären. "Das hat geholfen."
Binder schaffte in dieser Saison erst zum zweiten Mal die direkte Q2-Qualifikation. Ist das für ihn nach den zuletzt schwierigen Wochen der erhoffte Durchbruch? "Nun, vielleicht auf dieser Strecke. Ich weiß nicht, wie es woanders aussieht", meint er selbst dazu.
"Aber ja, es fühlte sich so an, als hätte ich beim Einlenken etwas mehr Vertrauen, dass mir das Vorderrad nicht einfach wegrutscht. Das war ein kleiner Schritt - aber einer, der viel gebracht hat." Zumindest in Aragon sollten für KTM gute Ergebnisse möglich sein, vielleicht sogar ein Podium.
Wenig Grip, wenig Vibrationen: Vorteil für Honda
Neben KTM wird in den beiden Rennen in der Verfolgergruppe der Marquez-Brüder auch Honda eine Rolle spielen. Johann Zarco strahlte nach dem Training, denn er bestätigte, dass er auf verschiedenen Strecken und unterschiedlichen Bedingungen in den Top 6 dabei ist.
Stark war auch die Runde von Joan Mir, der zeitgleich mit Vinales auf Platz drei fuhr. Seit Saisonbeginn hat Mir immer wieder Potenzial aufblitzen lassen, es aber durch Stürze oder andere Umstände nie in Topergebnisse umsetzen können. Diesmal klappte es.

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Ohne Vibrationen fuhr Joan Mir problemlos eine Spitzenzeit Zoom
Allerdings kommen die speziellen Bedingungen in Aragon auch Honda entgegen. Denn bei generell geringerem Grip treten die Vibrationen vom Hinterrad nicht so stark auf. Aleix Espargaro hat schon vor Wochen gemeint, dass Honda ohne Vibrationen um das Podium kämpfen kann.
Zarco hat das zuletzt in Silverstone untermauert. Jetzt ist Mir vorne dabei. "Ich habe bisher nicht verstanden, warum ich innerhalb der Honda-Fahrer derjenige war, der am wenigsten Traktion hatte."
"Und jetzt", sagt Mir, "aus irgendeinem Grund - dank einiger Änderungen, die wir vorgenommen haben - bekommen wir endlich bessere Traktion. Das war der Unterschied zwischen: sich abmühen, um überhaupt in Q2 zu kommen - oder wie heute so komfortabel hineinzufahren."
Wieder der Qualifying-Versuch das Aprilia-Problem
Ich rechne mit einer spannenden Kampfgruppe mit dem KTM-Trio und den beiden Honda-Fahrern. Wer sich am Ende durchsetzen wird, könnte durchaus auf dem Podium feiern. Wobei auch Marco Bezzecchi mit der Aprilia eine ganz gute Rennpace gezeigt hat.

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Marco Bezzecchi hatte im Qualifying-Versuch wieder die üblichen Probleme Zoom
Aber es ist das alte Muster. Im Qualifying-Versuch gibt es dann Stabilitätsprobleme: "Sobald ich versuche, eine schnelle Runde zu fahren, finde ich einfach nicht das nötige Tempo. Es gibt Strecken, auf denen wir mehr darunter leiden, und andere, auf denen es weniger ins Gewicht fällt."
In Q1 wird es für Bezzecchi nicht einfach werden. Fabio Di Giannantonio gilt als Kandidat für einen der ersten beiden Plätze, aber diesmal würde ich auch Enea Bastianini auf der Rechnung haben. Und falls Yamaha die Elektronikprobleme löst und Quartararo eine Zauberrunde auspackt ...
Wo Marc Marquez den entscheidenden Vorsprung herausholt
Wenn wir bei Zauberrunde sind, dann sind wir heute natürlich bei Marc Marquez. Dass er im ersten Training eine Sekunde Vorsprung hatte, war eine Machtdemonstration. Denn er kann sich einfach aus dem Stand auf rutschige Bedingungen einstellen.
Die anderen Fahrer brauchten etwas mehr Zeit, wodurch die Lücke über den Tag kleiner wurde. Er macht in der Linkspassage 9 und 10 den Unterschied. "Ja, in Kurve 10 rutschen beide Reifen - vorne und hinten. Und genau dort mache ich den Unterschied im Vergleich zu den anderen."

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Im zweiten Sektor holt Marc Marquez die entscheidende Zeit heraus Zoom
In diesem zweiten Sektor holte Marc Marquez zwei Zehntelsekunden auf die Konkurrenz heraus. Interessanterweise markierte Bastianini im dritten Sektor, wo es die Corkscrew-Kurve gibt, die Bestzeit. Dort war er sogar eine Zehntel besser als Marc Marquez!
Und was war mit Francesco Bagnaia los? Er probierte die lange Vordergabel von Öhlins, die viele Fahrer verwenden, auch Marc Marquez. Bagnaia hat sie schon vor langer Zeit verworfen, weil er nicht so ein gutes Gefühl wie mit der Standard-Gabel hatte.
Aus der Not heraus hat er sie wieder ausprobiert, aber sein Gefühl für das Vorderrad wurde nicht besser. Allein im zweiten Sektor verlor Bagnaia vier Zehntelsekunden auf seinen Teamkollegen. Besserung seiner Situation ist auch in Aragon nicht in Sicht.
Euer

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