Die vielen Wunder des exotischen Siwa
Die Pharaonen-Rallye auf den Spuren von Alexander dem Großen und von Kleopatra: Der Tross ist nach der fünften Etappe in der Oase Siwa angekommen
(Motorsport-Total.com) - Die Oase Siwa ist ein magischer Ort. Hier hat einst Alexander der Große vom Orakel im Tempel des Gottes Amun erfahren, dass er tatsächlich der "Sohn des Göttervaters Zeus" ist und damit Anspruch auf ein Weltreich hat. Hier soll die große Pharaonin Kleopatra in den Quellen der Oase Erfrischung gefunden haben. Und hier in der westlichen Wüste Ägyptens ist einst eine persische Streitmacht auf Nimmerwiedersehen in den Weiten der Dünen verschwunden.

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Christian Lavieille relaxt nach einem langen Tag in der Wüste
Es ist ein Ort der Wunder und Überraschungen, nicht nur wegen der historischen Momente, auch wegen der Atmosphäre, die sich den Besuchern bietet: Die Berber-Frauen tragen hier bestickte Kleider in Gelb, Pink und Apfelgrün statt der üblichen gedeckten Farben, und das gebräuchlichste Verkehrsmittel ist der Eselskarren. Es sei denn, die Pharaonen-Rallye, die am Sonntag in Kairo gestartet ist und in Siwa ihren westlichsten Punkt erreicht, macht dort Station. Dann sind es die Kinder des Dorfes, die Staunen. Winkend stehen sie vor den Lehmhütten, feuern die Rennwagen und Motorräder an, und betteln bei den Begleitfahrzeugen um Süßigkeiten aus den Lunchpaketen.#w1#
So ungewöhnlich der Ort mitten in der Wüste ist, so überraschend waren auch die Ergebnisse der fünften Renn-Etappe, die von Sitra aus in einem Rundkurs bis an die Grenze zu Libyen führte. Eigentlich eine ruhige und nicht zu schwere Etappe von 387 Kilometern, ausschließlich durch Sand und Dünen - vielleicht war das der Grund, warum sich einige Fahrer gründlich verrechneten.
Verfolgungsjagd in der Wüste
Die bisher dominierenden KTM-Piloten des Vectra-Teams, der Niederländer Frans Verhoeven, der Rumäne Emanuel Gyenes und der Franzose David Casteu lieferten sich eine wilde Verfolgungsjagd in den Dünen, wichen dabei von den Koordinaten des Roadbooks ab und verloren so jede Menge Zeit. Teamchef Verhoeven legt Wert darauf, dass sich die Fahrer auch bei Schwierigkeiten auf der Piste gegenseitig unterstützen und sich nicht skrupellos abhängen.
So war am Ende der Pole Jakub Przygonski (Team Orlen, auf KTM 690 Rally) der lachende Etappensieger, vor dem auch bisher schon vorne mitfahrenden Italiener Luca Manca (auf TM 450, Team M&M) und dem Italiener Alessandro Zanotti (Aprilia 450 RXV, Team Aprilia). Doch obwohl die Vectra-Fahrer diesmal nur im vorderen Mittelfeld landeten, führen sie weiterhin die Gesamtwertung an; Casteu nur einen Wimpernschlag vor Verhoeven.
Truck versinkt im Treibsand
Ebenfalls verschätzt hatten sich die Fahrer des ungarischen Renn-Trucks. Schon kurz vor Kilometer fünfzig geriet ihr Scania in gefährlichen Treibsand. "Da war nicht einmal eine Düne, nur eine harmlose Ebene, das konnte man gar nicht sehen!", schimpfte Pilot Miklós Kovács. Bis zum Führerhaus versank das tonnenschwere Gefährt in dem gefährlichen Sandloch. "Mehr als Zwei Stunden haben wir gebraucht, um das Ding frei zu schaufeln! So eine Scheiße!" Entnervt ließen er und sein Team den Rest der Etappe sausen und kehrten zur Start-Ziel-Linie zurück, um den erfolgreicheren Teilnehmern beim Finish zuzusehen und allen Anwesenden ihr Leid zu klagen.
Der schnellste Autofahrer, der an den Ungarn vorbei ins Ziel raste, war auch diesmal der weit überlegene Franzose Christian Lavieille (Team Dessoude, im Nissan Hardbody). Sowohl in der Etappe als auch in der Gesamtwertung liegt er deutlich vor seinem Landsmännern Patrick Sireyjol (Bowler Wildcat, Team Cummins) und Jerome Pelichet (Bowler Wildcat, Team Pelichet). Der ägyptische Buggy mit dem deutschen Beifahrer Thomas Holzknecht erreichte erneut den vierten Platz und steht damit in der Gesamtwertung auf Platz sieben. Durch beständige Leistung über fünf Etappen hinweg hat sich der zweite Deutsche in der gesamten Rallye, Rainer Wissmans, mit seinem Bowler Wildcat (Team Cummins) auf Platz zehn in der Gesamtwertung vorgearbeitet.
Nach der erfolgreichen Fahrt gönnte sich Lavieille sich erst einmal eine Massage und trudelte dann lässig bei den "Bädern der Kleopatra", einer Quelle in einer Dattelpalmenplantage am Rande des Dorfes, ein, ließ sich von den Teamkollegen ins Wasser schubsen, genoss einen arabischen Tee und die Nachmittagssonne.
Verschwunden wie die Persische Streitmacht ist in dieser Etappe niemand, und die meisten haben Kraft getankt für die folgende Etappe, die zurück in die Oase Baharija führt, von der aus am Samstag der große Endspurt in Richtung Kairo startet.

