Montoya-Interview: "Kein Risiko bis zum Chase"
Juan Pablo Montoya will auch in Zukunft keine Dummheiten machen - zumindest bis die Qualifikation zum NASCAR-Chase sicher ist
(Motorsport-Total.com) - Juan Pablo Montoya sprach in der Pressekonferenz vor Michigan über seine Strategie für die letzten vier Qualifikationsrennen zum NASCAR-Chase, die sich im Vergleich zu den vorangegangenen Wochen nicht viel verändern wird. Was passiert aber, wenn er tatsächlich in den Playoffs steht?

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Für Juan Pablo Montoya steht noch vier Rennen die Mathematik im Vordergrund
Frage: "Juan Pablo, wie ist deine Prognose für das Wochenende in Michigan?"
Juan Pablo Montoya: "Normalerweise sehen wir in Michigan immer ganz alt aus, aber in diesem Jahr sind wir gut unterwegs. Im Juni lagen wir beim letzten Restart auf Platz drei. Mark Martin kam ganz schlecht weg und ich gab ihm einen heftigen Push, der meine Front beschädigte. Wir verloren jede Menge Abtrieb und landeten auf Platz sechs."#w1#
"Unser Plan ist es, ganz einfach weiter zu machen. Wir wollen ein kluges Rennen fahren, keine großen Risiken eingehen und schauen, wohin uns das bringen wird. In Watkins Glen war es ein wenig ärgerlich, denn zu Beginn des Rennens hatten wir ein schnelles Auto. Wir verloren die Balance und bekamen Untersteuern, haben aber nicht mehr großartig korrigieren können und mussten hinter ein paar Kollegen bleiben."
Frage: "Kannst du ein wenig über die hinter eurem Plan stehende Mathematik sprechen? Wie kalkuliert ihr?"
Montoya: "Die Mathematik dahinter ist simpel: Wir wissen, welche Durchschnittsposition wir erreichen müssen, um in den Chase zu kommen. Dabei ist es egal, wer dich an einem bestimmten Tag schlägt, denn du musst dich nicht auf einen bestimmten Konkurrenten konzentrieren."
Alle an einem Strang

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Im Earnhardt/Ganassi-Team gibt es derzeit keinerlei Unstimmigkeiten Zoom
"Vor einer Woche waren Greg Biffle, Carl Edwards und Kyle Busch vor mir. Alle drei stehen in der Gesamtwertung etwa da, wo ich stehe. Einer steht auf der Kippe, einer ist etwas hinter mir und einer vor mir. Dann denkst du automatisch, dass du die Jungs jetzt schlagen musst. Aber das musst du nicht. Auch in dieser Woche kannst du vor oder hinter ihnen liegen, aber du musst trotzdem das machen, was du immer machst: Verhalte dich klug, gehe keine Risiken ein - und hoffentlich zahlt sich das dann aus."
Frage: "Wie identisch ist dein Setup im Vergleich zum Juni-Rennen?"
Montoya: "Heute ist es sehr nahe dran, zumindest für die Qualifikation. Im Rennen wird es unterschiedlich sein, denn es wird viel heißer sein als noch vor zwei Monaten."
Frage: "Wie viel Spaß hat dir dieses Jahr bis jetzt gemacht?"
Montoya: "2008 war schon hart, aber ich kann mich wirklich nicht beschweren. Ich wusste, dass es schwierig werden wird, diese Autos zu lernen. Auch der Wechsel auf das CoT war schwierig, denn wir mussten ein neues Auto entwickeln und unser Team war nicht so groß wie andere. Das brauchte Zeit. Zudem haben wir zweimal den Crewchief gewechselt, das hat uns auch nicht gerade geholfen."
"Aber nun läuft es. Alle ziehen an einem Strang und das macht uns stark. Es geht nicht darum, ob ich jetzt besser fahre oder bessere Autos habe. Jeder trägt seinen Teil dazu bei und genau das brauchen wir. Wenn alle an einem Strang ziehen und jeder das macht, was seine Aufgabe ist, dann erledigen sich viele Dinge von selbst."
Kein Risiko bis zum Chase-Platz

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Juan Pablo Montoya ging in Watkins Glen keinerlei Risiken ein Zoom
Frage: "Wie groß waren die Auswirkungen der Wirtschaftskrise in Bezug auf das, was die Team in Sachen Technologie unternehmen konnte?"
Montoya: "Was unser Budget betrifft, war es meiner Meinung nach nicht so schlimm als für die großen Teams. Bei einem Team wie Hendrick ist das Budget viel höher als bei uns, sie hat das wahrscheinlich schon betroffen. Wir haben das gemacht, was wir tun mussten. Wenn wir irgendetwas brauchen, dann fragen wir danach. Das einzige was wir noch hoffen, ist das Auto mit der Startnummer acht öfter einzusetzen. Aber das ist bis jetzt nicht geschehen."
Frage: "Im Chase gibt es einige Piloten, die noch keinen Saisonsieg haben. Glaubst du, dass du in diesem Jahr den Titel holen kannst, ohne ein Rennen zu gewinnen?"
Montoya: "Wir werden es sehen. Es sind ja noch ein paar Rennen, bis der Chase beginnt. Unser großes Ziel war es, den Chase zu schaffen. Als ich mich mit Crewchief Brian Pattie vor einem Jahr zusammensetzte, haben wir beschlossen, dass wir unbedingt in den Chase kommen wollten. Und wenn nicht, dann wollten wir wenigstens darum kämpfen und nicht jede Woche um Platz 20 fahren."
"Das haben wir geschafft. Wir arbeiten, wir werden jede Woche besser und wir müssen jetzt einfach dranbleiben. Wenn der Chase dann beginnt, dann werden wir schon sehen, wo wir stehen und wie das Auto performt. Ich glaube, du kannst dann ein paar mehr Risiken eingehen und schauen was passiert."
Frage: "Wenn es vor Atlanta ein kleines Polster zwischen dir und Platz 13 gibt, gehst du dann auf Angriff über? Trittst du dann aggressiver auf? In Atlanta hast du immer gut ausgesehen..."
Montoya: "Wenn ich mir in Atlanta einen Platz im Chase sichern kann, dann werde ich garantiert keine Risiken eingehen. Wenn mir in Atlanta ein zehnter Platz eine Position im Chase sichert, dann werde ich alles dafür geben, dass wir Achter oder Zehnter werden. Wenn wir dort auf Rang zwei liegen, dann werde ich keine Dummheiten machen, um plötzlich 25. zu werden, und in Richmond dann einen Motorplatzer oder sonstiges zu erleben, was uns den Chase-Einzug vermasselt."
Playoff-Regel positiv für die Fans

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Zwei Rennen in einer Saison bringen mehr Spannung für die NASCAR-Fans Zoom
Frage: "In Michigan ging es schon oft um den Benzinverbrauch. Ist es als Fahrer frustrierend, wenn das schnellste Auto nicht gewinnen kann? Wie geht dein Team das Benzinproblem am Sonntag an?"
Montoya: "Es ist ein Teamsport. Es geht nicht nur darum, wie schnell dein Auto ist, sondern eben auch wie dein Verbrauch und dein Handling ist. Es geht um das Paket und aufgrund des Benzinverbrauchs zu gewinnen ist ein Teil der Show. Ich mag es nicht, wenn die Rennen verkürzt werden, denn das ist nicht Teil unseres Plans."
"Aber wenn es über die volle Distanz geht und es einer schaffen kann, dann ist das in Ordnung. Wenn du das nicht kannst, dann musst du daran arbeiten. Dann musst du vielleicht auf ein paar PS zugunsten des Benzinverbrauchs verzichten. Es geht immer um eine Balance."
Frage: "Würdest du gerne wieder Testen dürfen?"
Montoya: "Ich würde es so lassen wie es ist, obwohl ich nicht glaube, dass es uns geholfen hat. Was ich zulassen würde, wären Tests vor der Saison. Aber sobald es los geht, sollte es so sein wie jetzt. Die meisten Teams bekommen sowieso irgendwann einen Reifentest und Goodyear ist manchmal flexibel genug, dass du ein paar Sachen ausprobieren kannst."
"Im Prinzip kannst du jeden Tag testen gehen und du wirst immer dazu lernen. Aber irgendwann kommst du an den Punkt, an dem die Menge an Dollars, die du ausgeben musst, um deine Performance zu erhöhen, sich noch mehr erhöhen. Denn irgendwann ist es nicht mehr so leicht, irgendwelche neuen Dinge zu finden."
Frage: "Wie seht musstest du deinen Fahrstil verändern und wie schwer fällt es dir, nur um Punkte zu fahren?"
Montoya: "In jedem Sport geht es um Punkte. Am Ende zählt der Titel, nicht der einzelne Sieg. Also musst du klug agieren. Hier ist es insofern interessant, weil du 26 Rennen fährst und dann ein Zwischenstrich gezogen wird. Also musst du sicherstellen, dass du nach diesen 26 Rennen genau in diesem Fenster liegst, damit du überhaupt um den Titel fahren kannst."
"Wenn es zum Beispiel ohne Chase um den Titel gehen würde, dann wäre meiner Meinung nach die einzige Chance um Tony Stewart schlagen zu können, zu versuchen, ihn jede Woche zu schlagen. Das wird wahrscheinlich so nicht eintreten, und für die Fans ist es so interessanter, denn so gibt es zwei Rennen: Das Rennen zum Chase und danach der Titelkampf."
Man lernt einfach dazu

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Juan Pablo Montoya weiß: Fehler sind dazu da, um daraus zu lernen Zoom
Frage: "Wenn du im Chase stehst, wirst du deine Strategie dann ändern und um Siege kämpfen?"
Montoya: "Wenn wir uns in der Position dazu befinden schon. Wenn nicht, musst du trotzdem um die Punkte kämpfen. An einem einzelnen Tag geht es immer darum, wer am meisten Punkte holt. Es war immer so: Wenn du einen Titel haben willst, dann musst du Rennen gewinnen und jede Woche in die Top 5 fahren."
"Das wissen wir. Aber wenn dein Auto gleichzeitig an einem bestimmten Tag nur gut genug für Platz zehn ist, dann ist es besser, diesen Platz zu holen als zu crashen, 30. zu werden und den Titel damit wegzuwerfen. Das ist mir 1999 in der CART-Serie in Australien beinahe passiert."
"Ich war Zweiter und wäre ich auch Zweiter geworden, dann hätte ich beim letzten Rennen einen Vorsprung von 25 Punkten auf Dario Franchitti gehabt. Ich hätte nur 20. oder so werden müssen. Aber ich habe mein Auto in die Mauer gesetzt. Den Titel habe ich trotzdem gewonnen, nur waren wir punktgleich. Ich hatte den Titel also in der Tasche und habe ihn beinahe noch weggeworfen."
Frage: "Hast du also diese Geduld in der Zwischenzeit gelernt"
Montoya: "Das lernst du über die Jahre. Ich habe viele Fehler gemacht und daraus gelernt. Es gibt eine feine Balance und hier ist das Racing so eng. Du wirst niemals das Vergnügen haben, dass du in ein Wochenende gehen kannst und genau weißt, dass du vorne liegen wirst."
"Wenn du in der Formel 1 einmal das schnellste Auto hast, dann wirst du in 90 Prozent aller Fälle das schnellste Auto haben. Selbst wenn du also einen Fehler machst, wirst du trotzdem vorne liegen. Hier kann ich letzte Woche Sechster gewesen sein und in den Wochen vorher konstant in den Top 10 gewesen sein. Trotzdem bin ich an diesem Wochenende plötzlich 20. und weiß ganz einfach nicht warum."

