• 14.06.2008 08:58

  • von Pete Fink

Michigan-Meeting: Das Schweigen der Lämmer

NASCAR-Präsident Mike Helton hielt am Freitag in Michigan ein internes Meeting ab, bei dem an das Motto "Zurück zu den Wurzeln" erinnert wurde

(Motorsport-Total.com) - NASCAR zitierte am Freitag vor dem ersten Freien Training in Michigan alle Piloten und Teamchefs zu einer internen Sitzung hinter geschlossenen Türen, was natürlich sofort zu einigen Spekulationen über den Hintergrund dieser kurzfristigen und auch nicht an jedem Wochenende üblichen Aktion führte.

Titel-Bild zur News: Mike Helton

NASCAR-Präsident Mike Helton spricht eher selten, aber dann auf den Punkt

Der erste Gedanke lautete ganz offensichtlich, dass dieses Meeting etwas mit der 225 Millionen schweren Klage von Mauricia Grant zu tun haben könnte, was jedoch sowohl seitens NASCAR, als auch von den Fahrern bestritten wurde.#w1#

Vielmehr ging es darum, dass NASCAR-Präsident Mike Helton die vollständig versammelten Aktiven intensiv daran erinnerte, dass man sich doch bitte noch einmal vor Augen führen sollte, die Fans als die absolute Nummer eins anzusehen. Mit diesem Thema, so eine mögliche Schlussfolgerung, sei in der jüngsten Vergangenheit etwas kontraproduktiv umgegangen worden.

Der Hintergrund ist simpel: In den USA herrscht derzeit kein besonders attraktives ökonomisches Klima. Die Spritpreise sind für dortige Verhältnisse hoch und der amerikanische Otto Normalverbraucher, der teilweise sehr weite Wege in Kauf nehmen muss, um sich die NASCAR-Show vor Ort anzusehen, muss daher höhere Kosten in Kauf nehmen.

Auf der anderen Seite nutzten die Piloten die Medien zuletzt verstärkt, um ihre Beschwerden über das Car of Tomorrow öffentlich und im Detail auszuführen, was unter dem Strich bei den Fans den Eindruck hinterlassen könnte, dass das Renngeschehen langweilig geworden sei.

Dale Earnhardt Jr. mit Spielevergleich

Dale Earnhardt Jr.

Dale Earnhardt Jr. gab sich mit dem Verlauf des Meetings zufrieden Zoom

Daher habe man das von NASCAR-Chef Brian France zu Saisonbeginn ausgerufene Motto "zurück zu den Wurzeln" wieder etwas aufgefrischt. "Meine Interpretation der Dinge war, dass die Piloten dankbar für die Position sein sollten, in der sie sich befinden", gab zum Beispiel Dale Earnhardt Jr. im Anschluss zu Protokoll.

"Wir sollten etwas positiver darüber gestimmt sein, wo dieses Auto in einem oder zwei Jahren sein wird." Ihn, so Earnhardt weiter, erinnere die aktuelle Situation an ein neues Videospiel: "Sobald ein neues Spiel auf dem Markt ist, wollen die Leute wissen, wie gut das Spiel ist."

"Meistens gibt es dann eine Menge Bugs und mit dem Car of Tomorrow verhält es sich genauso. Die Leute wollen wissen, wann und wie diese Dinge behoben werden. Aber viele Unternehmen haben daran einfach kein Interesse, solange nicht alles erledigt und beendet ist."

NASCAR verhalte sich ganz ähnlich. "Sie arbeiten hinter den Kulissen fieberhaft daran und sie stimmen mit uns wahrscheinlich sogar mehr überein, als wir alle glauben wollen. Das CoT befindet sich gerade in einer kritischen Phase und ich habe den Eindruck, dass NASCAR uns mental in die richtige Richtung bringen will. Sie werden dieses Auto weiterentwickeln, sie werden neue Ideen ausprobieren."

Jeff Gordon hätte gerne mehr davon

Jeff Gordon

Jeff Gordon wünscht sich in Zukunft mehr solcher internen Sitzungen Zoom

"Was ich gehört habe, war, dass die Dinge nicht so schlecht sind", ergänzte Jeff Burton. "Lasst uns aber nicht vergessen, dass wir die Dinge auch noch besser machen können." Auch Kasey Kahne zog ein positives Fazit: "Es ist doch toll, dass die Leute, zu denen wir aufblicken, uns bestimmte Dinge erzählen und uns damit auf ihre Seite holen können."

Helton habe "uns alle daran erinnert, wie schwer unsere Kommentare in der Öffentlichkeit wiegen", erklärte Carl Edwards. "Wir sollten vielleicht einen Moment inne halten und darüber nachdenken, was wir von uns geben. Es ist gut, einen kleinen Weckruf erhalten zu haben."

"Ich wünschte, wir hätten mehr solcher Sitzungen hinter verschlossenen Türen", bekräftigte Jeff Gordon, einer der größten CoT-Kritiker im Feld. "Dieser Sport ist für uns alle wichtig. Wir wollen alle sicherstellen, dass wir dabei die bestmögliche Rolle spielen. Solche Meetings sind wichtig, aber man muss hinterher nicht groß darüber diskutieren."

Das alles klingt danach, als hätten die Piloten von oberster Stelle eine Art Maulkorb bekommen, was Renndirektor John Darby jedoch bestritt: "Sie wurden nur daran erinnert, dass dieses ein sehr fanfreundlicher Sport ist." Dieses ist unbestritten ein ganz entscheidender Grund dafür, warum NASCAR neben der Formel 1 die weltweit einzig wirklich erfolgreiche Motorsportserie ist, in der sehr viel Geld verdient werden kann.

Bei allen Unterschieden haben diese beiden Serien eines gemeinsam, nämliche eine Führung, die traditionell nicht allzu großen Wert auf demokratische Entscheidungsprozesse legt. Wahrscheinlich war dieses der eigentliche Hintergrund des ungewöhnlichen Michigan-Meetings und vielleicht wurden am Freitag die Lämmer wieder ein wenig mehr zum Schweigen gebracht.