• 22.02.2008 10:14

  • von Stefan Hausmann

NASCAR auf der Suche nach den alten Fans

Wachstum hat auch seine Schattenseiten, das musste NASCAR in den letzten Jahren erkennen, nun macht man sich auf die Suche nach den alten Fans.

(Motorsport-Total.com) - NASCAR hat beim scheinbar grenzenlosen Wachstum der letzten Jahre ein paar Fehler gemacht, und den traditionellen NASCAR-Fan vergessen. Stattdessen hat sich NASCAR mit der Verwaltung des Wachstums beschäftigt, gegen Sponsoren und Rennstreckenbetreiber geklagt und alles unternommen, um neue Interessenten zu finden. Die traditionellen NASCAR-Fans verstanden die neue NASCAR-Welt nicht mehr.

Titel-Bild zur News: Bristol Motor Speedway

Viele Orte, wie der Bristol Motor Speedway, sind NASCAR Tradition pur

Die Fehler der Vergangenheit will NASCAR nun wieder gut machen und stellt die Kampagne "Our NASCAR" vor. Brian France, der Enkel des NASCAR-Gründers Bill France Sr., hat "Our NASCAR" zur Chefsache erklärt. Bei einem insgesamt weiter wachsenden Zulauf hatte NASCAR vor allem bei den sehr loyalen und älteren männlichen Fans ein nachlassendes Interesse am Sport analysiert.#w1#

Diese Analysen belegen die am Sport in Internetforen und Briefen geäußerte Kritik über uneinheitliche Startzeiten, die zunehmende Kommerzialisierung des Sports und eine Verfremdung des Sports durch die zunehmende Nationalisierung. So wurden Rennen aus dem traditionellen Süden, von Kursen, wie North Wilkesboro oder Rockingham abgezogen, um neue Märkte in Las Vegas oder Los Angeles zu bedienen.

Mit der "Our NASCAR"-Kampagne reagiert NASCAR nun auf die zunehmende Kritik und sucht die aktive Kommunikation mit den Fans, die den Sport halfen zu dem zu machen, was er heute ist. Während der NASCAR-Champions Week in New York City traf sich Brian France mit Vertretern der Strecken, der Teams und des Fernsehens, um für eine Marketing Kampagne zu werben, die die originären Fans zu NASCAR zurückbringt.

Back-to-the-Roots als Programm

Dale Earnhardt 1996

Dale Earnhardt Sr. - hier 1996 - wurde zum Idol der Massen Zoom

Eddie Gossage, Präsident des Texas Motor Speedway und bekennender NASCAR-Kritiker fühlt, dass die Involvierung aller Parteien der richtige Schritt ist: "Die alte NASCAR wäre nie zu uns gekommen. Aber im August letzten Jahres kam Brian France selber nach Texas, um mit mir zu besprechen, wie wir Fans zurückgewinnen. Das war ein großer Schritt." Der komplette Plan zu "Our NASCAR" wurde nun in Daytona vorgestellt.

"Wir müssen uns auf die Dinge konzentrieren, die die Menschen zu unserem Sport bringen", so Jim Obermeyer, NASCARs Markenchef. "Wir können das nicht alles mit einer Kampagne lösen, aber die Proteste der Fans haben diese Kampagne initiiert. Und auf genau diese Fans wollen wir uns nun wieder stärker konzentrieren."

Ein bereits von Brian France verkündetes Ergebnis der vielen Diskussionen ist dabei die offenere Kommunikation der Fahrer. So sollen die Fahrer wieder offener aussprechen können, Was oder Wer sie auf der Strecke ärgert. Dazu Jeff Gordon: "Natürlich antworten wir mit sauberen PR-Statements auf alle möglichen Fragen. Manchmal ärgere ich mich über mich selber, wenn ich mein Gerede so höre."

NASCAR möchte, dass die Fahrer wieder stärker aussprechen, Was sie denken. Dale Earnhardt Jr. will da allerdings lieber zunächst vorsichtig sein: "NASCAR hat nicht gesagt, wo die Grenze liegt. Das erfährst du immer erst nach dem Interview und das ist mir dann doch erst einmal zu gefährlich, deshalb bin zunächst skeptisch."

Zu "Our NASCAR" zählen auch eine große Anzahl von TV-Spots, sowie Werbekampagnen im Internet, in Zeitungen und im Radio - jeweils mit Aussagen über große Momente des Sports, die Historie des Sports und die Unterstützung der Fans.

Zurück in die Zukunft

Brian France

Brian France setzt 2008 voll auf das Programm "Our NASCAR" Zoom

"Dieser Vorstoß zielt darauf ab die Fans zur NASCAR zurückzuholen, die NASCAR groß gemacht haben. Wir setzen also auf unsere treuesten Fans", so Obermeyer. In den letzten Jahren versuchte NASCAR vor allem neue Fans zum Sport zu bringen. Das Werbemotto hieß "Kauf dir ein Ticket und probier es einfach mal aus."

Angesichts der bevorstehenden Wiedervereinigung der IRL und der ChampCars ist eine kundenfreundliche Ausrichtung der NASCAR dringend erforderlich. In den 1980er und frühen 1990er Jahren war die Aufteilung der Zuschauerschaft zwischen Open-Wheel-Racing und NASCAR einfach: Die obere Mittelschicht besuchte die Open-Wheel-Events und amüsierte sich bei kurzweiligen Sprintrennen.

Die untere Mittelschicht und die "Rednecks" aus dem Süden verfolgten mit der NASCAR am Wochenende ihren "way-of-life", um am Montag zur harten Arbeit zurückzukehren. Vor diesem Hintergrund wurde ein Dale Earnhardt der Held der Massen, eine Ehre, die in dieser Dimension auch den größten Open-Wheel-Artisten meist verwehrt blieb.

Durch den Streit der Open-Wheel-Serien profitierte NASCAR und erschloss neue Kundengruppen, die man mit einer funktionierenden Open-Wheel-Szene nie erreicht hätte. Nun muss sich NASCAR Gedanken machen wie eine Rückwanderung der Fans zu einer vereinigten Open-Wheel-Serie verhindert werden kann.

"Our NASCAR" hat hier zwar den traditionellen Fan im Blick, wird aber auch als Marketingfeldzug gegen die zu erwartende Offensive der vereinigten Open-Wheel-Szene eingesetzt werden. Zumindest hat NASCAR erkannt, dass es seine treuesten Fans braucht, dass Wachstum kein Selbstläufer ist und, dass man sich den Problemen stellen muss. NASCAR ist auf dem Weg "Zurück in die Zukunft."