Kolumne: Und wer gewinnt jetzt?
Noch nie war es so schwierig, für das Daytona 500 einen Siegertipp abzugeben - Pete Fink wagt sich trotzdem auf das ziemlich dünne Eis der Prognosen ...
Liebe NASCAR-Fans,

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Unberechenbares Daytona: Eine Siegerprognose ist unmöglich Zoom
die Stimmung in Daytona ist in diesem Jahr eindeutig: Die Piloten haben eine Menge Fragen und noch recht wenige Antworten. Unsicherheit liegt in der Luft. Bestes Indiz war die Pressekonferenz nach dem ersten Budweiser-Duel, als Juan Pablo Montoya, Michael Waltrip und Greg Biffle auf dem Podium in eine muntere Diskussion abschweiften. "Welche Linie war für dich besser?" "Hast du auch soviel Untersteuern gehabt?" Und: "Wo warst du denn plötzlich? Ich dachte du gibst mir einen Push ..."
Gespräche solcher Art laufen quasi an jeder Ecke. Bei den Fahren, den Teammitgliedern, den Fans, den Journalisten. Klar, denn bisher war es immer so, dass es in irgendeiner Session krachte, sobald es an das Thema Pack-Racing ging. Aus ganz verschiedenen Gründen zwar, aber unter dem Strich hat zum Beispiel ein NASCAR-As wie Carl Edwards in den vergangenen Tagen nicht weniger als drei Autos verloren. Und dabei stehen noch zwei komplette Trainingstage und am Sonntagabend der Sprint-Cup-Saisonhöhepunkt an.
Keiner geht hier zum jetzigen Zeitpunkt davon aus, dass es ein ruhiges Daytona 500 werden wird. Die allgemeine Befürchtung ist eher die, dass das Feld früh dezimiert wird, wenn zum ersten Mal ein riesiges NASCAR-Pack mit 43 neuen Gen6 das 2,5 Meilen-Oval gleichzeitig befahren wird. "Hier ist bisher niemand mit 100 Prozent gefahren, wenn wir im großen Pulk unterwegs waren", sagt Biffle. "Aber ab jetzt geht es um die Pokale, jetzt wird es ernst, erst jetzt werden wir ein Gefühl für das alles bekommen."
Wie im Autokino
Der "Big One" liegt in Daytona 2013 sozusagen in der Luft. Wenn es blöd läuft, sogar mehrere. Was wiederum die eh schon so schwierige Frage nach den Favoriten noch einmal auf ein anderes Level hebt. Natürlich hat sich Kevin Harvick durch seine beiden Erfolge im Unlimited/Shootout und in seinem Duel zum Top-Favoriten gemausert. Zumindest auf dem Papier, denn bisher gelang es noch nie einem NASCAR-Piloten, das Shootout, sein Duel und das 500 zu gewinnen. Ein Argument contra Harvick also? Allgemeines Schulterzucken ist die Reaktion, "the trend is your friend", heißt es. Wie auch immer man das interpretieren mag.

© Ziegler/MST
Ryan Newman und sein zusammengeflickter Stewart/Haas-Chevy Zoom
Am Mittwoch standen die drei Boliden von Carl Edwards, Ryan Newman und Mark Martin nebeneinander in der Boxengasse. Nach dem Crash wollte keiner der drei Piloten auf das Ersatzauto umsatteln. "Es gibt einen Grund, warum dieses Auto unser Einsatzauto ist", sagte Newman. Bis in den späten Abend wurde das ganz große Schleifpapier ausgepackt. Es ging zu wie in einer Hobby-Werkstatt, wo halbseidene Gebrauchtwagen für den Sonntagsverkauf im Autokino zusammengeschustert werden.
Zumindest im Fall Edwards war die ganze Aktion umsonst. Keine 24 Stunden später wurde der Roush-Pilot in seinem Duel von Denny Hamlin abgeräumt. Edwards und Newman hießen die großen Pechvögel bisher, auch Youngster Trevor Bayne hat sein superschnelles Einsatzauto verloren. Wie gut ist wohl das Backup-Car der kleinen Mannschaft der Wood Brothers? Apropos Bayne: Erleben wir eine Neuauflage von 2011 mit einem Sensationssieger? Von Polesetterin Danica Patrick spricht natürlich niemand, obwohl sie in ihrem Duel clever hinterher gondelte und nach dem Rennen von "Handlingsproblemen" sprach. Unter dem Strich hat ihr Stewart/Haas-Chevy noch keinen Kratzer.
Das dritte Duel
Völlig ruhig ist es im Hendrick-Lager. Jimmie Johnson, Kasey Kahne, Jeff Gordon - alle drei sitzen augenscheinlich in superschnellen Chevys und dass Dale Earnhardt Jr. auf einem Superspeedway jederzeit in der Lage ist, einen rauszuhauen, ist auch bekannt. Und wer gesehen hat, wie sich Kyle Busch in seinem Duel gegen den Kahne-Angriff wehren konnte, der darf sich sicher sein, dass die Gibbs-Toyotas lauern werden. Clint Bowyer? Klar, jederzeit. Oder vielleicht sogar sein Boss Michael Waltrip als Gaststarter im Swan-Toyota?
In Daytona einen guten Siegertipp abzugeben, war schon immer unglaublich schwer, ja fast unmöglich. In diesem Jahr ist dieses Ratespiel jetzt komplett unmöglich geworden. Selbst die ganz alten US-Haudegen, die dem NASCAR-Tross seit Jahrzehnten hinterherfahren, haben nur ein entsetztes "Are you kidding me?" auf die Frage nach einem möglichen Siegertipp übrig. Insofern heißt es am Sonntagabend für uns alle: Gemütlich zurücklehnen und in völliger Entspannung die Entwicklung der Ereignisse verfolgen.
Ach ja, übrigens: Das dritte Budweiser-Duel mit deutscher Beteiligung gewann am Abend Kollege Ziegler. Ausgerechnet unser NASCAR-Rookie schlägt das MST-Establishment. Ist das vielleicht ein Indiz für den Rennausgang am Sonntag? Ist dies das entscheidende Puzzlestück, das wir alle bis jetzt übersehen haben? Wenn dem so ist, dann gibt es nur einen möglichen Sieger - Austin Dillon im Childress-Chevrolet ...
Mit völlig ratlosen Daytona-Grüßen
Euer


