• 11.02.2008 11:24

  • von Stefan Hausmann

Countdown to Daytona: Casey Mears und die Nummer fünf

Am 17. Februar 2008 beginnt die neue NASCAR-Saison - 'Motorsport-Total.com' stellt die wichtigsten Fahrer und Teams für 2008 vor

(Motorsport-Total.com) - In genau sechs Tagen startet die NASCAR, die populärste Motorsportserie Nordamerikas, in ihre neue Saison - und gleich zum Auftakt gibt es in den USA allen Grund zum Feiern. Denn die NASCAR-Saison 2008 beginnt mit einem wahren Paukenschlag, dem "Great American Race", den Daytona 500 am 17. Februar 2008.

Titel-Bild zur News: Casey Mears

Auch Hendrick-Pilot Casey Mears entstammt einer US-Rennfahrerdynastie

Doch nicht nur das: Es ist eine Jubiläumsausgabe, denn das Daytona 500 anno 2008 findet an diesem Tag zum insgesamt 50. Mal statt - Grund genug, damit 'Motorsport-Total.com' bis zum 17. Februar 2008 an jedem Tag ein anderes Team der Saison 2008 vorstellen kann. Heute Casey Mears, der bei Hendrick Motorsports mit der Startnummer fünf eine neue Nummer, und ein neues Team bekam.#w1#

Rick Hendrick gründete seinen Rennstall 1984 unter dem Namen All Star Racing. Beim Debüt im Daytona 500 1984 fuhr Geoff Bodine den Hendrick-Chevrolet mit der Startnummer fünf auf den achten Platz, ein respektabler Start in eine der erfolgreichsten Karrieren im NASCAR-Sport. Doch es kam noch besser: Nach Daytona konnte Hendrick erste Sponsoren für sein junges Team gewinnen und bereits im achten Rennen gelang Bodine der erste Sieg.

Zwei weitere Erfolge brachten das junge Team im ersten Jahr immerhin auf den neunten Platz der Gesamtwertung. 1985 tauchte die Startnummer fünf zwar nicht in der Victory Lane auf, konnte aber durch ansonsten solide Ergebnisse den fünften Platz in der Gesamtwertung erzielen. In nur zwei Jahren hatte sich der junge Teambesitzer Rick Hendrick an der Spitze der NASCAR behaupten können.

Ricky Rudd und Terry Labonte

Ricky Rudd

Ricky Rudd - mittlerweile in Ruhestand - fuhr viele Jahre den Hendrick-Chevy Zoom

Ab 1990 setzte Hendrick den jungen Virginian Ricky Rudd in seine Startnummer fünf - weiterhin tauchte das Team regelmäßig in den Top 10 der Gesamtwertung auf, ohne allerdings ernsthaft in den Kampf um den Cup eingreifen zu können. 1994 wurde Rudd durch den Mann ersetzt, der in Hendricks Debütjahr 1984 den Cup geholt hatte: Terry Labonte. Ihm gelang dann 1996, was im Jahr zuvor bereits seinem neuen Teamkollegen Jeff Gordon für Hendrick gelungen war: Terry Labonte holte seinen zweiten Winston Cup, den ersten für Hendricks Team mit der Startnummer fünf.

Der kühle Texaner mit dem Spitznamen "Iceman" genoss seinen Triumph in aller Stille, während Rick Hendrick bereits beim Saisonfinale 1996 in Atlanta große Probleme bewusst waren, die auf ihn zukommen würden: Wegen steuerlicher Unregelmäßigkeiten innerhalb seines Autohandelsimperiums ermitteln die Behörden gegen ihn und wenige Tage vor seinem zweiten Triumph als Teambesitzer erfuhr Rick Hendrick, dass er Leukämie hat.

Bis 2005 fuhr der Routinier aus Texas, Terry Labonte, Hendricks Chevy, bevor er als Vollzeit-Pilot zurücktrat. Von 2005 bis 2007 bewegte Kyle Busch Hendricks Chevrolet mit der Startnummer fünf. Busch konnte jedes Jahr zumindest ein Rennen gewinnen und gilt als einer der begabtesten Nachwuchskräfte der NASCAR. Mit der Verpflichtung von Dale Earnhardt Mitte 2007 wurde jedoch klar, dass Rick Hendrick einen seiner vier Cup-Piloten ausmustern müsste.

Jeff Gordon mit seinem lebenslangen Vertrag und Jimmie Johnson, Cup-Champion 2006 und 2007, fielen als Wechselkandidaten aus. Casey Mears und Kyle Busch hießen die beiden anderen Piloten und Rick Hendrick entschied sich mit der weiteren Verpflichtung von Casey Mears für den Mann, der von seinen Teamkollegen, insbesondere von Jimmie Johnson, als Freund geschätzt wird.

Die Rennfahrerfamilie Mears

Rick Mears A.J. Foyt Mario Andretti 1991

Rick Mears (o.) in Indianapolis 1991 mit A.J. Foyt und Mario Andretti Zoom

Kyle Busch, der Mann mit der wahrscheinlich höheren Grundschnelligkeit als Mears, musste gehen. Um nun den Weg von Dale Earnhardt in die Hendrick Organisation zu ebnen, entschied sich Rick Hendrick die bisher von Mears gefahrene Startnummer 25 aufzugeben, und Mears in das Team mit der Startnummer fünf zu transferieren. Hier wird Mears nun mit der alten Crew von Kyle Busch in die Saison 2008 starten.

Zu erwähnen, dass Casey Mears der Spross einer Rennfahrerfamilie ist, ist bei dem Nachnamen beinahe unnötig. Wie Kevin Harvick stammt Mears aus Bakersfield in Kalifornien - weit genug vom Pazifik entfernt, damit weder Harvick noch Mears einen "Beach-Boy"-Status erwerben könnten. Er wurde am 12. März 1978 geboren, sein Onkel Rick gewann das Indianapolis 500 gleich viermal. Vater Roger Mears war ebenfalls bekannter ChampCar- und Off-Road-Pilot.

Vor der NASCAR versuchte sich Casey Mears bei den Open-Wheelern, er ersetzte Alex Zanardi 2001 nach dessen furchtbarem Unfall auf dem Lausitzring für die nächsten drei Rennen in der ChampCar-Serie. Doch bereits Ende 2001 gab Mears in Homestead sein Debüt in der Busch-Serie. Obwohl er 2002 keine brillante Busch-Saison mit nur zwei Siegen für Teambesitzer Wayne Jesel fuhr, verpflichtete ihn Chip Ganassi für den Cup 2003. In vier Jahren für Ganassi konnte Casey Mears zwar sein Abschneiden in der Gesamtwertung kontinuierlich verbessern, jedoch kam er insgesamt in dieser Zeit über sechs Top-5-Ergebnisse nicht hinaus. Mears war übrigens der Vorgänger von Juan Pablo Montoya im Ganassi-Dodge mit der Startnummer 42.

Trotzdem gab Rick Hendrick im Juni 2006 bekannt, dass Casey Mears ab 2007 den zu Red-Bull-Toyota abwandernden Brian Vickers in der Startnummer 25 ersetzen sollte. Für viele Insider war damit klar, dass Mears nun mit dem richtigen Material und im harmonischen Umfeld - Johnson und Mears sind eng befreundet - der Durchbruch gelingen würde. Und zumindest der erste Sieg ließ nicht lange auf sich warten.

Sieg am Memorial Day

Casey Mears

Casey Mears gewinnt sein bislang einziges Cup-Rennen in Charlotte Zoom

Am jedem letzten Wochenende im Mai findet - parallel zu den 500 Meilen von Indianapolis - mit dem 600-Meilen-Rennen in Charlotte das traditionell längste Cup-Rennen statt. An diesem Tag, dem Memorial Day, gedenken die US-Amerikaner der Menschen, die im Kampf für die USA ihr Leben verloren.

59 Runden vor Schluss des 400-Runden-Rennens gab es den letzten Restart und die Führenden Stewart, Earnhardt, Johnson und Kenseth wussten alle, dass sie es mit dem in ihren Autos verbleibenden Spritmengen kaum schaffen würden, das Rennen zu gewinnen.

Es war also an der Zeit für die Spieler etwas zu wagen - und es wurde das Spiel des Casey Mears. Während die Führenden in den letzten Runden einer nach dem anderen die Box ansteuerten und in einem "Splash and Dash"-Stopp ein paar Liter Sprit abholten, blieb Casey Mears auf der Strecke und gewann am Memorial Day sein erstes Cup-Rennen.

Derweil verfolgten Mears Eltern Roger und Carol Mears die letzten Runden des Rennens im Motorhome ihres Sohnes. Mutter Carol schaute in den letzten zehn Runden nicht mehr auf den Bildschirm, sondern vergrub ihren Kopf in Kissen. Sie sah nicht, wie ihr Sohn mit einem Vorsprung von 9,5 Sekunden auf J.J. Yeley die Start-/Ziellinie überfuhr, sie sah auch nicht, dass Casey Mears in der Auslaufrunde mit trockenem Tank stehen blieb. "Sie umarmte mich nur plötzlich und fing vor Glück an zu weinen", so Roger Mears nach dem Rennen.

Viele Emotionen

Casey Mears Hendrick

2008 fährt Casey Mears die Startnummer fünf von Hendrick Motorsports Zoom

Casey Mears quittierte seinen Sieg mit verschiedenen Jubelschreien im Teamfunk, bevor auch er in Tränen ausbrach. Sein bester Freund Jimmie Johnson sah Mears Sieg so: "Als ich in den Zielbereich kam, da sah ich die Startnummer 25 oben auf dem Wertungsturm und ich dachte: 'Moment, da müsste doch die Startnummer 20 stehen'. Ich bin so glücklich für meinen Freund Casey."

Das vielleicht größte Kompliment kam von Kyle Petty, der seinerseits mit seinem dritten Platz Aufsehen erregte: "Ich könnte nicht aufgeregter für Casey sein, selbst wenn sein Name Adam Petty wäre", so Kyle Petty in Gedenken an seinen verstorbenen Sohn. "Der Junge ist ein hervorragender Fahrer, er wird unterschätzt, die Leute verkennen sein Talent."

Casey Mears selbst sah seinen ersten Sieg dann im Siegerinterview etwas entspannter: "Das, was wir als heutige Lektion lernen konnten, ist, dass wir ein sehr wettbewerbsfähiges Auto hatten. Am Ende haben wir einfach eine richtige Entscheidung getroffen, da draußen zu bleiben. Ich kann es nicht glauben, dass wir es geschafft haben. Meine Familie hat eine unglaubliche Geschichte im Racing. Ich wollte hier schon immer mein eigenes Zeichen setzen. Wir haben noch einen langen Weg zu gehen und eine ganze Reihe von Rennen, die kommen. Aber es ist so gut, dass mir dieser Sieg gelang."

Die leise Geschichte des Triumphes spielte sich abseits der Victory Lane und abseits der Pressekonferenzen ab. Als die Motorengeräusche und der Jubel längst verstummt waren, räumte die Crew von Casey Mears nach ihrem ersten Triumph die Garage der Startnummer 25 auf. Mears Crewmitglied Jimmy Parrott zählte zu denen, die neben dem siegreichen Auto aufräumten und für Parrott war es ein besonderer Tag.

National Guard, der Hauptsponsor der Startnummer 25, hatte am Memorial Day die Namen von 448 im Dienst gefallenen National-Guard-Soldaten auf den Heckflügel des Chevrolets von Casey Mears schreiben lassen. Unter ihnen: Der im Irak getötete Michael Parrott, älterer Bruder von Crew-Mitglied Jimmy Parrott. Und während Jimmy aufräumte, fiel sein Blick immer wieder auf den Namen seines Bruders dort auf dem Heckflügel der Startnummer 25. "Das war wirklich etwas sehr Besonderes für mich", sagte ein um Fassung bemühter Jimmy Parrott. "Dies ist ein besonderer Tag."

Startnummer: 5
Team: Hendrick Motorsports, Concord, North Carolina
Internetadresse: www.hendrickmotorsports.com
Fahrer 2008: Casey Mears
Fahrzeug: Chevrolet Impala
Crewchief 2008: Alan Gustafson