"Zu viel Risiko, zu viele Stürze": Marc Marquez zieht bittere Zwischenbilanz

Noch im Qualifying pushte Marc Marquez auf dem Sachsenring bis zum Anschlag und stürzte gleich dreimal - Im Sprintrennen nahm er deshalb bewusst weniger Risiko

(Motorsport-Total.com) - Seit 2010 war Marc Marquez auf dem Sachsenring ungeschlagen, sofern er nicht verletzungsbedingt aussetzen musste. Elf Siege feierte der Spanier auf dem Kurs klassenübergreifend. Doch am Samstag musste er im Sprintrennen einsehen, dass er von einem Sieg diesmal weit entfernt ist.

Titel-Bild zur News: Marc Marquez

Marc Marquez bei einem seiner drei Qualifying-Stürze am Samstag Zoom

Der Honda-Pilot beendete die 15 Runden auf dem elften Platz, knapp elf Sekunden hinter dem Sprintsieger Jorge Martin (Pramac-Ducati). Kämpfte Marquez zu Beginn noch vorne mit - er lag nach Runde eins auf dem fünften Platz -, fiel er im Rennverlauf sukzessive zurück und schließlich aus den Punkterängen.

Nach dem Rennen erklärte er, bewusst Risiko herausgenommen zu haben. Nicht nur, weil er am Vormittag im Qualifying schon dreimal gestürzt war, sondern weil er sich auch zu Beginn des Sprints einige Male in Sturzgefahr befunden habe.

Deshalb sei es "im Grunde genommen" darum gegangen, die Zielflagge zu sehen, sagt der Spanier. "Es ist wahr, dass ich heute aufgestanden bin und mir dachte: Wir sind auf dem Sachsenring! Meine Energie war positiv. Ich stand auf und sagte, ich werde es schaffen. Gestern hatten wir Mühe, aber heute werde ich es schaffen."

Marquez: Zu viel Risiko, das sich nicht auszahlt

"Bei nassen Bedingungen (im Freien Training; Anm. d. R.) waren wir wie immer schnell und ich war gut dabei. Aber sobald die Strecke trocken wurde, begannen die Probleme. In dieser Situation im Qualifying habe ich gepusht, bin gestürzt, kam zurück an die Box und habe wieder gepusht", blickt der Spanier zurück.

"Aber als ich dann zwischen dem Qualifying und dem Sprintrennen in meinem Büro saß, sah ich ein, dass es das Risiko nicht wert ist. Das ganze Risiko für einen siebten Platz, das war mir nicht genug", erklärt Marquez und orientierte daran seine Rennstrategie.

"Ich bin optimistisch in das Rennen gegangen. In der ersten Runde habe ich attackiert. Aber schon da hatte ich eine Warnung in Kurve 11, dann eine Warnung in Kurve 1. Und in diesem Fall nimmt ein bisschen Tempo raus, um das Rennen zu beenden."

Vier Stürze auf dem Sachsenring wirken nach

Bereits am Freitag war Marquez im zweiten Training gestürzt und riss dabei unglücklicherweise Johann Zarco auf seiner Pramac-Ducati mit. Im Qualifying kamen drei weitere Stürze hinzu. Darauf angesprochen, sagt der 30-Jährige: "Es ist zu viel, es ist eine Menge. Aber zumindest bin ich da, ich bin nah an den Topfahrern."

"Allerdings müssen wir, um in die Nähe der Topfahrer zu kommen, zu viel Risiko eingehen, und die Folge sind zu viele Stürze", hält er fest. Im Sprint kam noch erschwerend hinzu, dass Honda beim Set-up Motorrad eine falsche Richtung eingeschlagen hatte.

"Wir haben eine Änderung für das Rennen vorgenommen und sind damit ein Risiko eingegangen, denn gestern hatte ich große Probleme mit dem Grip am Hinterrad", erklärt Marquez. "Durch diese Änderung verloren wir noch mehr Grip am Heck und beim Einlenken. Also war das Motorrad im Rennen überall eine Katastrophe."

Der "King of the Ring" hat auch hier zu kämpfen

Mit Blick auf den Rennsonntag bleibt der Honda-Pilot aber zuversichtlich: "Morgen wird es besser sein. Wir werden zu dem Motorrad zurückkehren, das ich kenne, und versuchen, das Beste herauszuholen." Allerdings ist er sich bewusst, dass auch damit schwierig werden wird, an die alten Sachsenring-Erfolge anzuknüpfen.


Fotos: Marc Marquez, MotoGP: Grand Prix von Deutschland (Sachsenring) 2023


"Wie man im ersten Training am Freitag gesehen hat, war die natürliche Fahrweise hier sofort da und ich war auf dem dritten Platz. Aber wenn man diese natürliche Fahrweise auf einer Strecke hat, kommt man sehr schnell am Limit an", erläutert Marquez.

"Gleichzeitig fangen die anderen an, sich deinem Limit zu nähern und dann über dieses Limit hinauszugehen. Also ja, ich habe zu kämpfen", gibt er zu und analysiert, was mit diesem Bike anders ist: "Ich erinnere mich, dass wir mit der Honda normalerweise in den langsamen Kurven und beim Einlenken sehr schnell waren."

"Aber jetzt mit dieser Honda sind wir in den schnellen Kurven wie zum Beispiel in Mugello sehr schnell. Aber wir verlieren in den langsamen Kurven, vor allem hier. Aber wir werden morgen sehen, ob es besser ist und ich im Rennen weniger leide."

Bradl ist froh, im Moment nur zuzuschauen

Am Sachsenring ist Marquez der einzige Fahrer in Repsol-Honda-Farben, nachdem Team Joan Mir verletzungsbedingt erneut pausieren muss. Und auch LCR-Honda geht nach dem Beinbruch von Alex Rins in Mugello nur mit Takaaki Nakagami an den Start.

Honda-Testfahrer Stefan Bradl wird voraussichtlich ab Assen einspringen. Das Sachsenring-Wochenende begleitet er als ServusTV-Experte und weiß um den Frust bei Marquez auf einer seiner bisherigen Paradestrecken: "Die Situation ist so was von heikel. Er kocht unter dem Helm, weil ihm überhaupt nichts passt."

"Er geht immer wieder dieses Risiko, denn wenn er eine Chance sieht, dann hätte er sich dementsprechend feiern lassen. Aber er hat keine gute Laune. Es sind für alle schwierige Bedingungen, aber die Honda-Fahrer liegen permanent auf der Nase. Das ist für ihn nicht akzeptabel", berichtet Bradl über die Lage bei Honda.

Auch Nakagami hatte am Freitag einen schweren Sturz, musste sogar ins Medical Centre. Unter diesen Bedingungen ist Bradl fast froh, aktuell nur Zuschauer zu sein. "Einerseits soll es ein Privileg sein, dass man MotoGP fahren darf", sagt er.

"Aber ich bin froh, dass ich am Mikro stehen darf, um es zu analysieren, weil man ein Risiko eingehen muss. Manchmal lohnt sich dieses Risiko für mich als Testfahrer auch nicht. Wenn ich mich verletze und den nächsten Test (am nächsten Dienstag/Mittwoch in Misano; Anm. d. R.) verpasse, dann hat niemand was davon."