Yamaha: Zwei Hähne im gleichen Stall...

Warum Yamaha die Saison 2008 nicht mehr toppen kann und welchen Zweck die Stellwände zwischen Rossis und Lorenzos Box haben

(Motorsport-Total.com) - FIAT-Yamaha hat 2008 eine fast perfekte Saison abgeliefert: Valentino Rossi gewann die Fahrer-WM, Yamaha die der Konstrukteure und die FIAT-Werkstruppe die der Teams. Außerdem sicherte sich Jorge Lorenzo als WM-Vierter mit einem Grand-Prix-Sieg den Titel des besten MotoGP-Rookies. Besser geht's (eigentlich) nicht.

Titel-Bild zur News: Jorge Lorenzo und Valentino Rossi

Rennfahrer mit sehr ausgeprägtem Ego: Jorge Lorenzo und Valentino Rossi

"Es wird nicht leicht, das zu übertreffen", gesteht Yamaha-Sportchef Lin Jarvis. "2008 war ein fantastisches Jahr. Wir haben alle drei Titel geholt und Jorge war bester Rookie. Es ist unmöglich, das zu toppen, denn bester Rookie kann ein Fahrer nur einmal werden! Wir werden aber alles geben, um diese Ergebnisse zu wiederholen - und vielleicht kann sich Jorge ja in der Weltmeisterschaft vom vierten auf den zweiten Platz verbessern. Dann wäre es perfekt."#w1#

Große Erwartungen

"Es wäre nett, unsere beiden Fahrer um den Titel kämpfen zu sehen", so Jarvis. "Jorge ist erst in seinem zweiten Jahr, Valentino fährt schon sein sechstes für Yamaha. Dadurch ist Valentino natürlich unsere Nummer eins. Beide bekommen aber gleiches Material und werden gleich behandelt. Eine Stallorder wird es nicht geben, falls sie gegeneinander um den Titel kämpfen sollten. Wir wollen da ganz fair sein. Möge der Bessere gewinnen!"


Fotos: Präsentation der Yamaha YZR-M1


Dass der ehemalige 250er-Champion Lorenzo das Zeug hat, Rossi herauszufordern, weiß man im MotoGP-Paddock seit 2008, als er in seinen ersten fünf Rennen in der Königsklasse viermal auf das Podium fuhr und sogar seinen ersten Sieg feiern konnte. Eine Reihe unnötiger Abflüge und etwas Verletzungspech brachten den Spanier jedoch vom Kurs ab, sodass er schlussendlich keine realistische Chance hatte, Rossi in der Gesamtwertung herauszufordern.

Das Rossi-Camp unternimmt gleichzeitig alles, um einen Machtwechsel im Team zu verhindern. So bleibt es auch 2009 bei den Trennwänden in der Box, die 2008 eingeführt wurden, um einen Informationsaustausch zwischen den beiden Reifenmarken zu verhindern. Dabei ist Bridgestone inzwischen alleiniger MotoGP-Lieferant. Auf diese Weise will Rossi verhindern, dass sich Lorenzo etwas von ihm abschauen kann.

"Das ist gut für Valentino", erklärt Rossis Renningenieur Davide Brivio, "aber auch gut für Yamaha. Unsere beiden Fahrer können auf diese Weise frei sprechen, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist, ohne dass es zu Spannungen zwischen ihnen kommt." Lorenzos Renningenieur Daniele Romagnoli sieht die Sache hinter vorgehaltener Hand etwas differenzierter, sagt aber offiziell: "Es hat 2008 funktioniert, also warum sollten wir nicht so weitermachen?"

Erinnerungen an den "Krieg der Sterne"

"Es gibt manchmal eine unsichtbare Wand, die in Wahrheit dicker ist als unsere." Davide Brivio

Yamaha bemüht sich darum, nach außen das Bild einer heilen Welt zu vermitteln. Im offiziellen Video zur Präsentation der YZR-M1 treffen die Fahrer zu spät im Yamaha-Hauptquartier ein - bestens gelaunt und natürlich gemeinsam. Dann machen sie Späße, sie ärgern ihre Chefs und enthüllen das neue Motorrad. Formel-1-Fans fühlen sich an den Mercedes-Werbespot mit Fernando Alonso und Lewis Hamilton erinnert: Erst lustige TV-Momente, dann Krieg auf der Rennstrecke...

Aber Brivio ist - nicht ganz uneigennützig natürlich - von der Richtigkeit der Maßnahme überzeugt: "Ich denke, andere Teams werden unserem Beispiel folgen. Selbst wenn sie keine echte Wand haben, so gibt es doch manchmal eine unsichtbare Wand, die in Wahrheit viel dicker ist als unsere." Repsol-Honda könnte beispielsweise ebenfalls für eine Trennung zwischen Dani Pedrosa und Andrea Dovizioso sorgen, hört man.

Brivio gibt zu, dass er Rossis schnellen Teamkollegen fürchtet: "Die Wand ist gut für uns, denn Lorenzo war 2008 einer von unseren härtesten Widersachern. Das hat er trotz einiger Fehler wegen seiner Unerfahrenheit bewiesen. Über diese Fehler hat er über den Winter bestimmt nachgedacht. Er wird wieder einer der stärksten Konkurrenten, aber das war uns schon immer klar." Nachsatz zur Trennwand: "Es verträgt eben keine zwei Hähne pro Stall..."