• 02.02.2009 16:10

  • von Roman Wittemeier

Yamaha unter Druck: Zu Erfolgen fahren und sparen

Im Yamaha-Werksteam ist man aufgrund der weltweiten Wirtschaftskrise nicht auf Rosen gebettet: "Müssen den Tatsachen ins Auge sehen"

(Motorsport-Total.com) - Gleich vier japanische Werke haben sich im Winter aus den höchsten Motorsportkategorien verabschiedet. Honda, Suzuki, Subaru und Kawasaki zogen drastische Konsequenzen, weil die Hersteller neben wenig Erfolg auf der Rennstrecke auch weniger Geld in der motorsportlichen Kriegskasse haben. Die Japaner leiden unter der wirtschaftlichen Krise noch viel mehr als die Konkurrenz aus Europa, denn die vom Export abhängigen Unternehmen kämpfen gleichzeitig noch mit einem extrem ungünstigen Wechselkurs des Yen.

Titel-Bild zur News:

Das Yamaha-Werksteam wird erheblich von FIAT unterstützt

Auch bei Yamaha drohen herbe Verluste im aktuellen Geschäftsjahr, vielleicht war es nur die Verpflichtung als Titelverteidiger, die den Japanern den Abschied aus der MotoGP unmöglich machte. "2008 hat sich die weltweite Wirtschaftslage dramatisch verschlechtert. Auch Yamaha bewegt sich daher im Moment in einem extrem schwierigen Umfeld", beschrieb Yamaha-Unternehmenspräsident Takashi Kajikawa bei der Vorstellung der neuen M1 für Valentino Rossi und Jorge Lorenzo.#w1#

Yamaha unter Druck: Leistungen müssens stimmen

"Natürlich betrifft dies alles auch unsere Aktivitäten im Motorsport. Wir glauben jedoch, dass gerade die MotoGP ein ganz besonderer Wettbewerb ist, aus welchem wir unsere Genugtuung in schwierigen Zeiten ziehen können. Daher haben wir uns entschieden, auch 2009 in der MotoGP zu sein - trotz der äußerst schwierigen Rahmenbedingungen. Ich hoffe sehr, dass wir auch 2009 auf die Unterstützung durch unsere Sponsoren zählen können", erklärte Kajikawa.

Die Botschaft an die sportlich Verantwortlichen ist deutlich: Yamaha muss in der MotoGP weiter siegen, sonst könnte der Rückzug folgen. "Die Krise trifft uns genauso wie alle anderen", formulierte Sportchef Lin Jarvis. Und weiter: "Unser Projekt ist sehr erfolgreich, deswegen wird es weitergeführt. Es ist ein wichtiges Marketinginstrument für Yamaha. Aber angesichts der schrumpfenden Zahl an Motorrädern in der MotoGP mache ich mir natürlich Sorgen."


Fotos: Präsentation der Yamaha YZR-M1


Er würde sich natürlich eine Welt ohne Rezession und mit steigender Teilnahme an Rennsport wünschen, so Jarvis weiter: "Aber wir müssen den Tatsachen ins Auge sehen. Ich hoffe, dass uns die beiden Kawasaki-Maschinen erhalten bleiben. Ideal wären mindestens 19 oder 20 Maschinen im Feld. Wir müssen uns ernsthaft überlegen, wie wir das erreichen können. Kostensenkung ist nur eine Seite der Medaille, und zwar eine, die negativ behaftet ist, denn es geht um Reduzierung."

Nur nur sparen, sondern auch einnehmen

"Wir müssen auch schauen, dass wir die Einnahmen steigern", beschrieb der Sportchef seine Sicht der Dinge. "Um kostendeckend arbeiten zu können, muss man auch den Sport attraktiver machen. Je interessanter die Show ist, umso mehr Einnahmen können wir generieren. Dann könnte sich langfristig wirklich etwas entwickeln. Wir müssen sparen, aber wir müssen es verantwortlich tun. Gleichzeitig müssen die Einnahmen steigern und der Sport wird dann weiter wachsen."

"Wir haben von Seiten der Unternehmensleitung einigen Druck." Lin Jarvis

Jarvis muss in der sportlichen Verantwortung bei Yamaha einen gewaltigen Spagat hinlegen. Auf der einen Seite fordern die Konzernchefs reduzierte Kosten, auf der anderen Seite darf der Erfolg nicht weggespart werden. "Wir haben von Seiten der Unternehmensleitung einigen Druck", gab Jarvis zu. Es sei Kreativität gefragt: "Wir müssen die Kosten senken, aber erfolgreich bleiben. Wir schauen uns sehr genau an, wo wir sparen können. Wir müssen unseren Speckgürtel loswerden. Im neuen Jahr müssen wir alle Ausgaben genau hinterfragen."

Die beiden Teamchefs von Yamaha sehen aktuell die FIM unter Zugzwang. "In den vergangenen Jahren standen die kommerziellen Interessen deutlicher im Vordergrund als die technischen", sagte Rossi-Rennleiter Davide Brivio. "Die FIM muss mehr tun, jetzt müssen die Regeln auf den Prüfstand. Kostensenkung hat allerhöchste Priorität, aber dennoch sollte niemand in Panik verfallen." Man könne zum Beispiel Karbonbremsen verbannen und Trainingszeiten verkürzen, um Motoren zu schonen und Reifen zu sparen.

Tests und Technik reduzieren

"Ich würde vorschlagen, dass die FIM die Wintertests reduziert", sagte Lorenzos Teamchef Daniele Romagnoli. "Ich würde den Jerez-Test im November ganz streichen und im März nach Doha gehen. Rein von der Logistik würden wir schon Kosten dadurch sparen, weil die gesamte Ausstattung für das erste Saisonrennen ohnehin dorthin gebracht werden müsste. Außerdem würde ich technische Änderungen empfehlen."

"Ich könnte mir eine Reduzierung der Maximaldrehzahl auf 16.000 Touren vorstellen." Daniele Romagnoli

Romagnoli möchte den Sparhebel am teuersten Bauteil, dem Motor, angesetzt sehen. "Ich könnte mir eine Reduzierung der Maximaldrehzahl auf 16.000 Touren vorstellen. Die Motorlaufzeiten könnten damit erheblich verlängert werden. Wir könnten einen Motor in zwei oder sogar drei Rennen einsetzen. Außerdem könnten wir günstigere Materialien verwenden. Auch bei der Elektronik könnten wir sparen. Ich würde eine Einheitselektronik begrüßen und viele der Sensoren und Features entfernen, wie zum Beispiel GPS."

Romagnoli brachte außerdem erneut eine Abschaffung von elektronischen Fahrhilfen und die Rückkehr zu Stahlbremsen ins Spiel. "Keine dieser Maßnahmen würde das Spektakel in der Meisterschaft schmälern. Im Gegenteil: Viellecht würde es sogar mehr Überraschungen geben." Beide Teamchefs trauern den Kollegen von Kawasaki nach, doch Brivio merkte an: "Kawasaki wurde auch durch magelnde Erfolge zum Rückzug gezwungen. Wenn es auf der Strecke besser gelaufen wäre, wären sie vielleicht geblieben."