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  • 02.02.2009 13:42

Lorenzo: "Bin nicht der Titelfavorit"

Jorge Lorenzo beschreibt im Teaminterview seine Erwartungen an die neue Maschine, die Saison 2009 und den Start einer neuen Ära

(Motorsport-Total.com) - Jorge Lorenzo war in der vergangenen Saison bester Rookie in der MotoGP. Der junge Pilot von der Sonneninsel Mallorca konnte sich von Beginn an im Spitzenfeld etablieren und schnell zu seinem ersten Sieg fahren. Doch schon bald gab es Rückschläge: Stürze und Verletzungen warfen den Yamaha-Teamkollegen von Valentino Rossi deutlich zurück. Was sich Dauerlutscher-Fan Lorenzo für die neue Saison vorgenommen hat, beschrieb der 21-Jährige im Rahmen der Vorstellung der neuen Yamaha M1.

Titel-Bild zur News:

Jorge Lorenzo geht in seine zweite Saison mit dem Yamaha-Werksteam

Frage: "Jorge, wie war deine Winterpause? Was hast unternommen?"
Jorge Lorenzo: "Ich war zum Jahresende auf Mallorca, habe eine Woche mit meiner Familie verbracht, mit meiner Schwester und meiner Mutter. Ich hatte Spaß mit Freunden und nahm mir auch die Zeit, um mich etwas zu erholen. Es war ein sehr hartes und stressiges Jahr mit vielen Rennen direkt hintereinander. Es war also schön, mich zu erholen und etwas abzuschalten. Seit Jahresende war ich in Barcelona, habe viel trainiert - auf dem Motorrad und im Fitnesszentrum."#w1#

Wer schmerzhaft stürzt, lernt schneller

Frage: "Hast du deine Verletzungen von 2008 komplett auskuriert? Ist dein Körper wieder bei 100 Prozent Fitness?"
Lorenzo: "Es ist noch nicht hundertprozentig verheilt, weil ich noch etwas Beweglichkeit in meinen Knöcheln vermisse, besonders im linken, aber so langsam wird es besser. Es sind viele Monate seit den Stürzen vergangen und dank der Spezialisten werden die Probleme mit meinen Armen und Knöcheln immer geringer. Zum Saisonstart werde ich wohl bei 95 oder 97 Prozent sein."

Frage: "Was ist deine schönste Erinnerung an das Jahr 2008? Es gab Pole-Positions, Podestplätze und natürlich einen Sieg, aber eben auch Stürze und Verletzungen..."
Lorenzo: "Ja, es war eine besondere Saison, weil es meine erste in der MotoGP gewesen ist. Es sind aber auch so viele andere Dinge passiert. Die guten und die schlechten Momente haben mir viele Erfahrungswerte gebracht, die sehr hilfreich waren und auch zukünftig noch sehr hilfreich sein werden. Aber ja, es war ein seltsames Jahr mit vielen Aufs und Abs und vielen Stürzen - zu vielen, weil ich normalerweise nicht so viele Stürze habe. Aber es gab auch tolle Momente wie meine Pole-Positions, meine Podestplätze und ganz besonders den Sieg in Estoril."

Jorge Lorenzo geht ab sofort mit der Startnummer 99 in die MotoGP-Rennen Zoom

Frage: "Würdest du in deinem Rookiejahr im Rückblick einige Dinge anders machen?"
Lorenzo: "Nein, ich bedauere die Vergangenheit nicht und ich hatte in meinem Leben bislang sehr viel Glück - abgesehen von den Verletzungen. Es gab Rückschläge, aber ansonsten bin ich ein Glückspilz. Es gibt nichts zu bedauern."

Frage: "Welche Erwartungen und Ziele hast du für 2009? Kannst du von Anfang an um den Titel mitfahren?"
Lorenzo: "Es ist sehr schwierig, denn mir fehlt die Erfahrung im Titelkampf. Es gibt einfach Fahrer mit mehr Erfahrung. Außerdem ist Valentino Rossi ein toller Champion, der in der Box neben mir steht und theoretisch der Favorit ist. Es gibt sogar drei Fahrer, die eher zu den Favoriten zählen als ich. Wir müssen jede Saison näher an unser Ziel kommen, schneller zu werden und mehr zu lernen. Ich glaube aber nicht, dass ich der Titelfavorit bin."

Favoritenrolle für Rossi, Stoner, Pedrosa

Frage: "Lastet in diesem Jahr mehr Druck auf dir? Hast du manchmal Angst vor zu hohen Erwartungen?"
Lorenzo: "Die Leute haben höhere Erwartungen an Pedrosa, Stoner und Valentino. Ja, ich habe das Jahr sehr gut begonnen - mit einem Sieg in meinem dritten Rennen. Es war ein sehr starker Beginn, aber das bedeutet nicht, dass das gleiche auch in dieser Saison der Fall sein wird. Dinge verändern sich und jedes Jahr ist anders. In diesem Jahr haben wir neue Regeln und alles könnte anders sein. Ich arbeite gerade sehr hart, damit ich eines Tages Weltmeister werden kann. Das ist mein Ziel. Ich weiß nicht, ob ich dieses Ziel nächstes Jahr erreichen werde, oder vielleicht in zwei oder fünf Jahren - aber es bleibt mein Ziel."

Frage: "Du konntest die neue M1 bislang nur in Teilen ausprobieren. Was erwartest du vom ersten Test in Sepang?"
Lorenzo: "Ich konnte den 2009er Prototypen in Jerez fahren, nur der neue Motor hat gefehlt. Den werde ich aber in Sepang haben. Das Handling und das Chassis scheinen stabiler zu sein oder sagen wir es so: die Front bewegt sich weniger. Das Motorrad tendierte ausgangs der Kurven weniger zu Wheelies. Aber ich konnte den neuen Motor bisher noch nicht ausprobieren, welcher die größte Veränderung sein soll."

Frage: "Die Stellwand bleibt in der Box bestehen. War dies dein Wunsch? Warum soll sie bleiben?"
Lorenzo: "Die Entscheidung wurde von Yamaha getroffen und ich habe nicht viel zu sagen. So weit es mich betrifft, ist es okay. Ich habe kein Problem damit und wir bleiben weiterhin ein Team mit einer Wand!"


Fotos: Präsentation der Yamaha YZR-M1


Frage: "Wer werden neben dir und Valentino die Titelanwärter sein?"
Lorenzo: "Im Sport und ganz besonders im Motorradsport weiß man nie, was passieren wird. Es gibt jede Saison neue Fahrer, die gewinnen möchten und Leute, die überraschen. Ich mag keine Diskussionen um Favoriten, aber wenn ich drei Kandidaten auswählen müsste, wären es die Top-3 des letzten Jahres: Valentino, Stoner und Pedrosa."

Frage: "Was sagst du zur MotoGP-Krise und dem Rückzug von Kawasaki? Hast du Angst, dass es zu wenig Motorräder geben könnte? Was muss getan werden, um dem entgegen zu wirken?"
Lorenzo: "Jeder weiß, dass es eine Wirtschaftskrise gibt, die auch die Motorradwelt betrifft, wenn auch in kleinerem Rahmen als in anderen Sportarten. Wir erleben schwierige Zeiten. Zum Glück bin ich momentan in einer guten Situation. Ich habe den Rookie-Titel gewonnen und bin aus Sponsorensicht in einer guten Situation. Die Motorradrennen sind ein sehr spektakulärer Sport und die Dorna leistet tolle Arbeit. Aber es ließe sich noch etwas verbessern und die Show könnte noch größer werden."

Einheitsreifen geben der Hoffnung Grip

Frage: "Wie findest du die neuen Bridgestone-Reifen? Konntest du dich leicht daran gewöhnen?"
Lorenzo: "Ich mag sie sehr, besonders die Vorderreifen, die sie in vielen Jahren harter Arbeit entwickelt haben. Das Unternehmen ist erfolgshungrig und hat einen Riesen entthront, denn das war Michelin. Bridgestone ist eine bemerkenswerte Firma und jetzt haben sie das Zepter in der Hand. Die Reifen sind sehr gut, besonders beim Bremsen. Man kann damit sehr viel später bremsen."

"Jetzt beginnt für mich eine neue Ära und die Nummer 99 steht als Synonym dafür." Jorge Lorenzo

Frage: "Werden die neuen Einheitsreifen die Rennen verbessern?"
Lorenzo: "Es ist sicher nicht die ideale Situation, denn es ist immer besser, wenn mehrere Unternehmen involviert sind. Aber Fakt ist, dass man dann keine gleichen Voraussetzungen hatte. Es gab große Unterschiede von Rennen zu Rennen. Manchmal war Michelin besser, manchmal Bridgestone. Am Ende tendierte es in Richtung Bridgestone, also stimme ich mit der Entscheidung der Dorna überein."

Frage: "Warum wechselst du mit der Startnummer von der 48 zur 99?"
Lorenzo: "Der September war das Ende einer Ära für mich und der Beginn einer neuen. Was wäre also besser als mit einer neuen Nummer zu starten? Es ist etwas traurig, weil mir die 48 viel bedeutet hat. Ich habe damit große Dinge erreicht und einige tolle Momente erlebt, aber jetzt beginnt für mich eine neue Ära und die Nummer 99 steht als Synonym dafür."

Frage: "Du hast auch ein neues Management. Wie läuft die Zusammenarbeit? Kannst du dich voll auf das Rennfahren konzentrieren?"
Lorenzo: "Ich bin mit den Leuten um mich herum sehr zufrieden. Natürlich möchte man sich immer verbessern, wenn man einen Wechsel vornimmt. Das klappt nicht in jedem Fall, aber ich wollte mit dem Wechsel erreichen, dass es für mich besser läuft und ich bei den Rennen glücklicher bin. Momentan genieße ich es. Ich spiele Fußball, besuche Kampfkunst-Unterricht und tue viele Dinge, die ich vorher nicht konnte. Vielleicht bin ich deswegen etwas glücklicher - das sollte sich auf der Rennstrecke widerspiegeln. Aber das werden wir nicht vor dem ersten Rennen erfahren."