powered by Motorsport.com

"Unglaubliches" Duell der künftigen Ducati-Teamkollegen um den Misano-Sieg

Francesco Bagnaia und Enea Bastianini schildern, wie es ihnen im Kampf um den Sieg beim San-Marino-Grand-Prix erging - Bagnaia schreibt Geschichte

(Motorsport-Total.com) - War der Grand Prix von San Marino am Sonntag in Misano schon ein Vorgeschmack auf die MotoGP-Saison 2023? Francesco Bagnaia und Enea Bastianini, die in der kommenden Saison Teamkollegen im Ducati-Werksteam sein werden, lieferten sich als derzeit noch für unterschiedliche Teams antretende Ducati-Markenkollegen ein packendes Duell um den Sieg.

Titel-Bild zur News: Francesco Bagnaia, Enea Bastianini

Francesco Bagnaia und Enea Bastianini lieferten in Misano eine packende Show Zoom

Zwar führte Bagnaia auf seiner Werks-Ducati die letzten 25 der insgesamt 27 Rennrunden an. So klar, wie es anhand der Führungsrunden erscheinen mag, war die Entscheidung im Kampf um den Sieg aber bei weitem nicht. Denn Bastianini, der für Gresini-Ducati fährt, rückte ihm in der Schlussphase auf die Pelle.

In der letzten Runde wäre es in Kurve 4 beinahe zur Kollision gekommen, als Bastianini das Hinterrad von Bagnaias GP22 gerade so vermeiden konnte und das Hinterrad seiner eigenen GP21 kurzzeitig den Kontakt zum Asphalt verlor. "Ich habe extrem hart gebremst, weil ich ihn dort überholen wollte. Ich war aber ein bisschen zu spät dran und habe es dann vorgezogen, nach außen zu ziehen", so Bastianini.

Beide mit schnellster Runde im letzten Umlauf

Bei besagter Szene in Kurve 4 verpasste Bastianini zwar ein wenig die Linie. Dennoch schaffte er es, in eben diesem letzten Umlauf die schnellste Runde des Rennens hinzulegen. Und beinahe hätte das noch gereicht, um Bagnaia abzufangen. Auf der Ziellinie fehlten gerade mal 0,034 Sekunden.

Übrigens: Sekundenbruchteile bevor Bastianini als Zweiter über die Linie kam und sich mit 1:31.868 Minuten im letzten Moment die schnellste Rennrunde sicherte, hatte Bagnaia in der letzten Runde seinerseits seine persönlich schnellste Runde hingelegt. Die von ihm gefahrene Zeit von 1:31.933 Minuten wäre die schnellste Rennrunde gewesen, wenn nicht Bastianini einen Wimpernschlag später direkt nachgelegt hätte.

"Das war nicht gerade mein einfachstes Rennen", atmet Bagnaia durch und verrät: "Ich glaube, nie zuvor in meiner Karriere bin ich in der letzten Runde meine schnellste Runde gefahren. Das mir das heute in der 27. Runde bei dieser Hitze gelungen ist, das ist schon unglaublich."

Francesco Bagnaia, Enea Bastianini

Bastianinis Schlussattacke auf Start/Ziel scheiterte um 0,034 Sekunden Zoom

Ebenso unglaublich: Bastianini, der Bagnaia zumindest in puncto Rundenzeit in der letzten Runde noch übertrumpfte, war mit seiner 1:31.868 sogar schneller als es Jack Miller am Samstag auf seiner Pole-Runde war. "In der letzten Runde habe ich einfach alles gegeben, um 'Pecco' noch zu überholen. Aber nachdem ich in Kurve 4 ein bisschen weit gegangen war, war es zu schwierig, die Lücke noch komplett zu schließen. In der letzten Kurve habe ich es zwar nochmals versucht, aber da ging nichts mehr", so Bastianini.

Beide mit Gripproblemen zu Beginn - Bastianini beinahe mit Sturz

Während Bastianini aus der ersten Startreihe ins Rennen gegangen war, war Sieger Bagnaia aufgrund seiner Gridstrafe vom fünften Startplatz losgefahren. Schon in der dritten Runde aber lag "Pecco" ganz vorne, nachdem sein von der Pole gestarteter Teamkollege Miller in der zweiten Runde in Führung liegend stürzte und Bastianini, der ganz kurz führte, anfangs noch Probleme mit dem Grip der Reifen hatte.

Um ein Haar wäre Bastianini in der Anfangsphase in Kurve 14 gestürzt. Sein Fuß hatte schon die Fußraste der Gresini-Ducati verlassen, aber es gelang dem Italiener gerade so, sitzen zu bleiben. "Die ersten Runden waren ein Desaster", erinnert er sich. "Es war so schwierig, Temperatur in die Reifen zu bekommen. Und als ich sah, wie Jack gestürzt ist, war mir klar, dass nicht nur ich das Problem hatte."

MotoGP-Action beim GP San Marino 2022 in Misano

Polesetter Jack Miller führte nur kurz und stürzte in Runde 2 in Führung liegend Zoom

Gripprobleme hatte auch Sieger Bagnaia für einige Runden, weshalb ihm Aprilia-Pilot Maverick Vinales dicht auf den Fersen blieb. In der Schlussphase aber musste Vinales abreißen lassen, wurde von Bastianini überholt und war beim Duell der nächstjährigen Ducati-Teamkollegen nur Zuschauer.

Bagnaia schreibt mit viertem Sieg in Folge Ducati-Geschichte

"Die Pace in den letzten fünf, sechs Runden war unglaublich. Enea war ganz dicht hinter mir und zwang mich regelrecht dazu, noch stärker zu pushen", sagt Bagnaia und erklärt: "Ich habe es heute mit einer anderen Strategie probiert. Es war nicht so, dass ich Lücken dichtgemacht hätte. Ich habe einfach nur versucht, so schnell wie möglich zu sein. Das war heute der Schlüssel."

Für Bagnaia ist der Triumph in Misano nun schon der vierte aufeinanderfolgende Sieg, nachdem er zuvor in Assen, Silverstone und Spielberg gewonnen hatte. Vier Siege in Folge, das hat vor "Pecco" noch kein Ducati-Pilot in der Motorrad-WM geschafft. Der zuvor letzte Italiener, dem eine solche Serie gelungen ist: Valentino Rossi in der MotoGP-Saison 2008 auf Yamaha. Und der zuvor letzte MotoGP-Pilot überhaupt, der vier Rennen hintereinander gewonnen hat: Marc Marquez auf Honda in der Saison 2019.

Bagnaia jetzt WM-Zweiter, will aber aus früheren Fehlern lernen

In der MotoGP-Gesamtwertung 2022 ist Bagnaia mit seinem insgesamt sechsten Saisonsieg nun auf den zweiten Tabellenplatz nach vorn gerückt. Aprilia-Pilot Aleix Espargaro, der in Misano auf P6 ins Ziel kam, hat er überholt. Tabellenführer Fabio Quartararo, der auf P5 ins Ziel kam, hat jetzt noch 30 Punkte Vorsprung auf Bagnaia. An die WM will der Ducati-Pilot aber trotz vier Siegen in Folge noch nicht denken.

"Meiner Ansicht nach sind 30 Punkte immer noch eine Menge", sagt Bagnaia und fordert sowohl von sich selber als auch vom Ducati-Team: "Wir müssen aufpassen. Wir müssen weiter konzentriert bleiben und das Ganze Rennen für Rennen, Session für Session angehen."

"An die WM werde ich denken, wenn ich bis auf zehn bis fünf Punkte herangekommen bin", verrät Bagnaia seine Strategie als Quartararo-Jäger und gibt zu: "Ich habe einfach schon zu viele Fehler gemacht in Momenten, in denen ich schon an die WM gedacht habe, obwohl ich noch recht weit war. Mein Ziel ist es einfach, immer konkurrenzfähig, immer schnell zu sein. Aber klar, wenn ich so wie heute die Chance auf den Sieg spüre, dann werde ich natürlich pushen."

Francesco Bagnaia

Trotz vier Siegen in Folge äußert sich "Pecco" Bagnaia beim Thema WM vorsichtig Zoom

Gresini-Ducati-Pilot Bastianini ist mit seinem zweiten Platz aus Misano nun auf den vierten Tabellenplatz nach vorn gerückt. Ihm fehlen aber schon 73 Punkte auf Tabellenführer Quartararo. Dennoch: Mit seinem ersten Podestplatz seit Le Mans im Mai hofft Bastianini, nun auch bezogen auf die Ergebnisse wieder Fahrt aufgenommen zu haben. Bezogen auf seine Zukunft hat er das vor wenigen Tagen ohnehin, als man ihm für den Platz im Ducati-Werksteam 2023 den Vorzug gegenüber Jorge Martin gegeben hat.

Neueste Kommentare