Stoner: "Früher hat mir niemand zugehört"

Casey Stoner erklärt, warum es momentan so gut für ihn läuft, und sieht Dani Pedrosa als Hauptkonkurrenten - Marco Melandri ernüchtert

(Motorsport-Total.com) - Auch wenn man die Wintertests nicht überbewerten darf, hat Casey Stoner beim Shootout um den BMW Z4 M Roadster in Jerez mit einer klaren Bestzeit schon einmal gezeigt, dass mit ihm auch dieses Jahr zu rechnen sein wird. Aber immer noch fragen sich viele, wie es beim Australier von 2006 auf 2007 zu einer solchen Leistungsexplosion kommen konnte.

Titel-Bild zur News: Casey Stoner

Casey Stoner geht erstmals als klarer WM-Favorit in eine MotoGP-Saison

Der Australier hatte zwar auch vor 2007 schon oft sein Talent unter Beweis gestellt, war beispielsweise 2005 Vizeweltmeister bei den 250ern, aber nach MotoGP-WM-Rang acht auf einer LCR-Honda hatte ihn für den WM-Kampf 2007 eigentlich kaum jemand ernsthaft auf der Rechnung. Auf der Ducati fühlte er sich jedoch vom ersten Moment an so wohl, dass er zehn von 18 Saisonrennen gewann und überlegen Champion wurde.#w1#

Traktionskontrolle als Erfolgsgeheimnis?

"Man hat die Schuld immer auf mich geschoben, wenn es nicht gelaufen ist." Casey Stoner

Woran das liegt, weiß Stoner selbst nicht so genau, einen Verdacht hat er aber schon: "Früher hat mir niemand zugehört, sondern man hat die Schuld immer auf mich geschoben, wenn es nicht gelaufen ist. Da habe ich mich natürlich auch selbst in Frage gestellt. Bei Ducati ist die Atmosphäre aber großartig, das Team arbeitet fantastisch zusammen und so haben wir es auf die Reihe bekommen. Die Resultate sprechen für sich", so der 22-Jährige.

Abgesehen davon dürfte die Ducati Desmosedici auch auf ihn maßgeschneidert sein, denn ihre brachiale Power lässt sich nur durch die Traktionskontrolle perfekt ausschöpfen - und mit den elektronischen Fahrhilfen kommt kaum jemand so gut zurecht wie das "Computer-Kid" aus Australien. Routinier Loris Capirossi zum Beispiel, der eher seinen Instinkten vertraut als der Traktionskontrolle, war meistens meilenweit von Stoner entfernt.

Genau mit diesem Problem hat nun auch Ducati-Neuzugang Marco Melandri zu kämpfen: "Ich verwende die Traktionskontrolle viel weniger stark als Casey", erklärte er gegenüber der 'Gazzetta dello Sport'. "Die nächste Stufe unter meinen Einstellungen wäre schon fast die Nullstufe, ich kann das Potenzial des Systems einfach noch nicht ausschöpfen. Und die Power dann voll aufzudrehen, ist schwierig, weil das Motorrad nervös wird."

Melandri verfällt nicht in Panik

"Die Situation ist nicht so alarmierend, wie sie beim letzten Test beschrieben wurde." Marco Melandri

Melandri macht sich nach den für ihn recht bescheiden verlaufenen Wintertests sehr wohl Gedanken, Panik lässt er aber noch keine aufkommen: "Die Situation ist nicht so alarmierend, wie sie beim letzten Test beschrieben wurde. Es wird nicht einfach und ich weiß, dass ich hart arbeiten muss, aber der Wille, die Sache gut zu machen, ist vorhanden", so der Italiener. Stoner wird er zunächst aber wohl kaum das Wasser reichen können.

Dieses Dasein als klare Nummer zwei sei einerseits entmutigend, habe aber auch etwas Gutes: "Dass Casey so schnell ist, ist einerseits motivierend, denn wir haben ja unterm Strich das gleiche Motorrad. Also bedeutet das, dass auch ich schnell sein kann. Andererseits ist er wirklich verdammt stark - im Moment ist er besser in Form als jeder andere Fahrer, glaube ich. Er ist sicher derjenige, den es zu schlagen gilt", seufzte Melandri.

Wie für die meisten Experten sind für ihn somit auch Stoner, Dani Pedrosa und Valentino Rossi die großen WM-Favoriten. Stoner selbst nimmt indes eher Pedrosa als Rossi auf seine WM-Rechnung: "Im Vorjahr war Rossi nicht Zweiter, sondern Dritter, also sollte ich Pedrosa mehr fürchten. Aber so oder so bin ich lieber der Gejagte als der Jäger", schoss er wieder einmal eine Verbalspitze in Richtung Rossi.