• 15.06.2015 19:49

  • von Gerald Dirnbeck & David Emmett

Nach Test: Marquez überlegt Wechsel auf 2014er-Chassis

Marc Marquez probiert beim Barcelona-Test das Honda-Chassis von 2014 aus - Weil Regen das Programm beendet, bestehen für das nächste Rennen in Assen viele Fragezeichen

(Motorsport-Total.com) - Der Grand Prix in Barcelona hat die Defizite bei Honda deutlich aufgezeigt. Mit frischen Reifen kann Marc Marquez das Tempo des Yamaha-Duos Jorge Lorenzo und Valentino Rossi fahren, doch er muss ans Limit gehen. Die aktuelle RC213V verzeiht keine Fehler. Nach Mugello stürzte der amtierende Weltmeister schon zum zweiten Mal. Teamkollege Dani Pedrosa kam mit knapp 20 Sekunden als Dritter ins Ziel. Vor allem in der zweiten Rennhälfte kann Honda das Yamaha-Tempo nicht halten.

Titel-Bild zur News: Marc Marquez

Das Erfolgsgespann: Marc Marquez und sein Crew-Chief Santi Hernandez Zoom

Wenn man bedenkt, dass Pedrosa nach seiner Operationspause noch nicht ganz fit ist und in den ersten Runden im Verkehr Zeit auf Lorenzo verloren hat, dann wäre im Optimalfall der Rückstand geringer als 20 Sekunden gewesen. Es hätte aber nicht gereicht, um vor Yamaha ins Ziel zu kommen. Marquez sieht die Ursache der schwierigen Fahrbarkeit am Kurveneingang und Kurvenausgang beim zu aggressiven Motor. Aufgrund des Reglements darf Honda während der Saison nicht am Motor arbeiten.

Deshalb konzentrieren sich die Ingenieure auf Chassis, Elektronik und Auspuff. Seit einigen Rennen gibt es eine neue Hinterradschwinge, dazu wurde in Barcelona ein neuer Auspuff ausprobiert. Beim Test am Montag nach dem Rennen wollte man die Arbeit an der Elektronik fortsetzen, denn Ende Juni wird auch diese Entwicklung für die Hersteller eingefroren, weil es im nächsten Jahr eine einheitliche Software für alle MotoGP-Teams gibt.

Erster Eindruck positiv

Außerdem wollte Honda beim Barcelona-Test einen Vergleichstest mit dem Vorjahreschassis durchführen. Der Regen machte den Plänen einen Strich durch die Rechnung. Deshalb ist offen, ob Marquez das 2014er-Chassis beim nächsten Rennen in Assen einsetzten wird. "Es ist noch nicht entschieden. Ich war gerade in einem Meeting und wir müssen sehen, wo die Stärken sind. Ich hatte ein gutes Gefühl und sehe Potenzial", sagt Marquez am Montagnachmittag.

"Ich bin aber nur fünf oder sieben Runden damit gefahren und kann nicht sagen, ob es viel besser oder schlechter ist. Dafür muss man mit neuen und alten Reifen fahren sowie Longruns abspulen. Dafür hatten wir heute nicht die Gelegenheit", bedauert der WM-Fünfte das schlechte Wetter. Die Stammfahrer von Honda und Yamaha dürfen nur an den offiziellen Testtagen arbeiten. Die Fahrer der anderen Hersteller dürfen im Zuge ihrer Ausnahmen testen wo und wann sie wollen.

Marquez fuhr heute die wenigen Runden mit seinem erfolgreichen Chassis von Ende 2014. "Es ist aber nicht nur das alte Chassis, sondern es ist ein Paket", hält der Spanier fest und geht ins Detail: "Es ist das alte Chassis mit der neuen Schwinge, dazu kommen noch andere Dinge. Das scheint sehr gut zu funktionieren." Für seinen Teamkollegen Pedrosa war am Montag das alte Chassis nicht vorgesehen.

Altes Chassis verzeiht mehr Fehler

Marquez erkennt bei dem 2014er-Chassis einen entscheidenden Vorteil, der seinem aggressiven Fahrstil in die Karten spielt: "Das Paket fühlte sich anders an, aber ähnlich wie im Vorjahr. Ich kann damit mehr Fehler machen, denn mit dem neuen Chassis muss man sehr präzise sein. Man darf nicht so wie am vergangene Sonntag Fehler machen. Mit dem alten Chassis ist es mehr wie 2013, 2014. Man kann mehr Fehler machen und verhindern, was am Sonntag passiert ist."


Fotos: MotoGP in Barcelona, Girls


Marquez fuhr am Montag insgesamt 20 Runden. Für eine Entscheidung war das zu wenig. Nun muss Honda das Risiko abwägen, dieses technische Paket in Assen einzusetzen. "Wir müssen Assen sehr gut planen, denn man muss dort auch an das Wetter denken. Wenn wir einen Tag für die Elektronik oder andere Dinge verwenden, dann können wir nicht die optimale Rennabstimmung finden", gibt Marquez zu Bedenken. Da der Samstag praktisch ein kompletter Qualifyingtag geworden ist, bleibt nur der Freitag, um sich für das Rennen vorzubereiten.

Mit Blick auf den WM-Stand können sich Honda und Marquez gewisse Risiken leisten, denn aus eigener Kraft kann der WM-Titel kaum noch verteidigt werden. Selbst wenn Marquez die restlichen zehn Rennen gewinnen würde, wäre Rossi mit zehn zweiten Plätzen Weltmeister. Honda muss gewinnen und gleichzeitig auf Fehler der Konkurrenz hoffen. "Wir befinden uns in einer Phase, in der wir viele Dinge probieren müssen. Wir sind aber dem Toplevel näher", glaubt Marquez.