MotoGP-Einheitselektronik: Kompromisse in der MSMA

Die MotoGP-Saison 2016 war das erste Jahr mit der Einheitselektronik - Die Hersteller sind zufrieden, ab 2017 dürfen auch Suzuki, Aprilia und KTM mitsprechen

(Motorsport-Total.com) - Neben dem Wechsel von Bridgestone auf Michelin-Reifen war die Einheitssoftware die größte Veränderung in der MotoGP-Saison 2016. Honda, Yamaha und Ducati entwickelten mit Magneti Marelli die Open-Software weiter. Alle Hersteller und Teams fuhren mit der gleichen Software. Vor allem Honda hatte lange mit der optimalen Abstimmung zu kämpfen, die Schwierigkeiten bei der Beschleunigung waren zum Großteil auf das Setup der Elektronik zurückzuführen. Erst für die zweite Saisonhälfte machten die Ingenieure einigermaßen Fortschritte.

Titel-Bild zur News: Tsuji, Nakamoto, Dall'Igna

Von links nach rechts: Kouichi Tsuji, Shuhei Nakamoto, Luigi Dall'Igna Zoom

Neu war der Ansatz, dass drei Hersteller direkt an der Weiterentwicklung beteiligt waren. Beispielsweise stammt die Einheitselektronik in der Formel 1 von McLaren. Wenn unterschiedliche Hersteller beteiligt sind, stellt sich die Frage, inwieweit man persönliches Wissen preisgibt? Schließlich erhalten auch Suzuki, Aprilia und Neueinsteiger KTM diese Software, obwohl sie in die grundsätzliche Entwicklung nicht eingebunden waren.

"Wir drei Hersteller haben viel getan, damit die Software sicher ist", betont Yamaha-Projektleiter Kouichi Tsuji. "Unser Ziel war es, dass für alle Teams der Umgang mit der Software einfacher wird. Aus dieser Sicht haben wir gute Arbeit geleistet." Und Ducati-Motorsportchef Luigi Dall'Igna fügt hinzu: "Ich denke, dass alle das notwendige Wissen für diese Entwicklung eingebracht haben, um die Probleme, die diese Software zu Beginn hatte, zu lösen." Schwere Stürze, weil die Elektronik verrückt spielte, gab es kaum.

Dashboard

Hard- und Software der MotoGP-Bikes werden mit Magneti Marelli entwickelt Zoom

Von den Herstellern hatte es den Anschein, dass Ducati die Umstellung am einfachsten gelang. "Ducati hat wahrscheinlich ein Jahr früher begonnen, mit der Open-Software zu arbeiten, weil wir sehr eng mit unserem Kundenteam zusammenarbeiten, das diese Open-Software verwendete", so Dall'Igna. "Wir kannten die Software etwas besser als Honda und Yamaha. Das ist aber nur meine persönliche Meinung."

HRC-Vizepräsident Shuhei Nakamoto, der Ende 2016 in Rente geht, stimmt zu, dass die Umstellung eine harte Nuss war: "Für Honda war es schwierig, die Performance zu finden. Für die Abstimmung war das Honda-System viel einfacher. Wenn die Ingenieure an der Strecke Parameter verändert hatten, hat die Maschine sofort funktioniert. Bei diesem neuen System ist das manchmal der Fall, manchmal nicht. Honda hat lange nicht verstanden, wie dieses System funktioniert. Prinzipiell sind wir mit der Software aber zufrieden."


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Für die Abstimmung müssen Kompromisse eingegangen werden. Ein wesentlicher Unterschied der Einheitssoftware zur ehemaligen Elektronik der Hersteller besteht darin, dass das System im Laufe des Rennens nicht selbständig lernt und die Parameter auf zum Beispiel nachlassenden Grip einstellt. Der Fahrer kann nur noch zwischen voreingestellten Mappings umschalten.

Einstimmigkeit in der Herstellervereinigung

Die Entwicklung der Software wird in der Hersteller-Vereinigung MSMA besprochen, wobei es laut Tsuji schwierig ist, "alle eigenen Bedürfnisse einfließen zu lassen". Bisher waren nur Honda, Yamaha und Ducati in die Entwicklung involviert, da sie 2014, als die Einheitssoftware beschlossen wurde, als Factory-Teams galten. Suzuki und Aprilia standen 2016 außen vor. Für 2017 werden alle Hersteller in diesen Entwicklungsprozess involviert sein. Das muss noch im Technischen Reglement festgeschrieben werden.

Davide Brivio

Auch Suzuki wird sich im nächsten Jahr stärker einbringen können Zoom

In der MSMA müssen die Hersteller (bisher Honda, Yamahe und Ducati) eine Änderung oder neue Parameter bei der Software einstimmig beschließen. "Es stimmt, dass nur Honda, Yamaha und Ducati einen Vorschlag genehmigen durften", wird Suzuki-Teammanager Davide Brivio von 'Crash.net' zitiert. "Realistisch gesehen waren wir aber immer in Teil davon. Wenn in MSMA-Treffen über die Elektronikentwicklung gesprochen wurde, durften wir teilnehmen. Wir konnten auch einen Vorschlag machen, aber dann mussten Honda, Yamaha und Ducati einstimmig zustimmen, bevor Magneti Marelli mit der Umsetzung begann."

Ab dem nächsten Jahr sollen dann alle Hersteller mitsprechen dürfen, wobei man einstimmig eine Änderung beschließen muss. MotoGP-Technologiedirektor Corrado Cecchinelli bestätigt bei 'Crash.net', dass das Reglement diesbezüglich angepasst wird: "Von jetzt an wird die Einstimmigkeitsregel auf alle Hersteller ausgeweitet. Aprilia, KTM und Suzuki werden hinzugefügt. Das Reglement wird dementsprechend angepasst."