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Marquez zu Rossi-Manöver: "Plötzlich etwas Schwarz-Gelbes neben mir"

Marc Marquez und Valentino Rossi schildern, wie sie die brisanten Szenen in der letzten Q2-Runde in Misano erlebten - Was Marquez von Strafe gegen Rossi hält

(Motorsport-Total.com) - Die Pole-Position von Maverick Vinales geriet im Qualifying zum Grand Prix von San Marino 2019 in Misano zur Nebensache. Auch der sensationelle zweite Startplatz für Pol Espargaro auf der KTM war nach Ende des Qualifyings nicht das größte Thema. Stattdessen waren und sind es einmal mehr Marc Marquez und Valentino Rossi, die die Schlagzeilen bestimmen.

Titel-Bild zur News: Valentino Rossi, Marc Marquez

Valentino Rossi und Marc Marquez gerieten in Q2 in Misano aneinander Zoom

Was war passiert? In der letzten Q2-Runde kamen sich die beiden Erzrivalen gleich zweimal extrem nahe. Zunächst überholte Marquez Rossi aus dem Windschatten im schnellen Rechtsknick auf der Gegengerade (Kurve 11). Wenige Meter später bremste sich Rossi in der engen Rechtskurve (Kurve 14) aggressiv neben Marquez. Der Honda-Pilot musste sein Bike aufrichten, um eine Kollision zu vermeiden.

Marquez ist froh, Kollision vermieden zu haben

"In dem Moment, als es passierte, habe ich selber nicht verstanden, was los war. Ein solches Überholmanöver im Qualifying ist schon ziemlich seltsam", sagt Marquez, als er auf Rossis Manöver in Kurve 14 angesprochen wird und fügt hinzu: "Ich weiß nicht, ob es Absicht von ihm war oder nicht. Das müsste man ihn fragen."

"Es war aber schon vorher seltsam", so Marquez weiter. "Natürlich werden die Leute sagen: 'Er hat sich ans Hinterrad von Valentino geklemmt.' Wenn man es sich aber noch einmal anschaut, sieht man, dass ich aus der Box kommend komplett allein war. Als ich dann auf die Gegengerade einbog, wartete Valentino oder fuhr zumindest sehr langsam. Ich habe dann auch gewartet. Ich lag ja in der Zeitenliste vor ihm und wollt erst in der allerletzten Runde angreifen."

Als eben diese allerletzte Runde begann, lag Marquez ein Stück hinter Rossi. "Dann aber berührte er schon in Kurve 6 das Grün neben der Strecke. Somit war seine Runde schon gestrichen", spricht der Honda-Pilot auf einen Fahrfehler von Rossi an und erinnert sich weiter: "Anschließend fuhr er nicht sonderlich schnell und ich hatte die Chance, ihn auf der Geraden zu überholen."

Bei eben jenem Überholmanöver aber kam Marquez über die Randsteine auf der linken Seite der Strecke hinaus. "Es stimmt, dass ich dabei selbst auf das Grün kam. Das habe ich aber erst später im TV-Bild gesehen. Auf dem Bike habe ich das nicht realisiert. Somit habe ich weiter attackiert. Als wir dann in Kurve 14 ankamen, hatte ich plötzlich etwas Schwarz-Gelbes neben mir - mit einem Tempo, das es unmöglich machte, die Kurve zu kriegen."

"Zum Glück konnte ich einen Crash vermeiden. Die erste Reaktion war also gut", so Marquez, um seine anschließende Geste in Richtung Rossi zu erklären: "Mit der zweiten Reaktion, der mit meiner Hand, wollte ich nicht etwa Sorry sagen. Ich wollte wissen, was hier los ist, denn ich habe es nicht verstanden. Das Wichtigste aber ist, dass ich einen Zusammenstoß vermeiden konnte."

Rossi dachte an Argentinien 2018

Rossi schildert die entscheidende Runde aus seiner Sicht: "Auf der ersten Runde im zweiten Q2-Versuch hatte ich ziemlich viel Verkehr. Somit probierte ich noch eine Runde mit diesem Reifen, war aber nicht sehr schnell. Was das Problem mit Marc betrifft: Ich fuhr mit 100 Prozent, als er mich in Kurve 11 überholte. Dabei verlor ich viel Zeit. In der Haarnadel versuchte ich ihn dann wieder zu überholen, ging aber weit und verlor noch mehr Zeit. Somit konnte ich mich nicht verbessern."

Bei der Szene in Kurve 14 "musste ich an Argentinien 2017 (er meint 2018; Anm. d. Red.) denken und daran, wie er mich vom Motorrad geholt hat", so Rossi gegenüber italienischen Journalisten mit einem Lachen. "In der Curvone [Kurve 11 in Misano] überholte er mich und nahm in Kauf, dass er damit meine Runde ruiniert. Als ich ihn dann wieder überholen wollte [in Kurve 14] ging ich weit."

Die dabei von Marquez erhaltene Geste mit der Hand kommentiert Rossi so: "Ehrlich gesagt habe ich nicht verstanden, was er mir damit sagen wollte. Aber an diesem Punkt interessierte mich das ohnehin nicht mehr sonderlich."

Auf Marquez' Beobachtung, wonach Rossi in Kurve 6 neben die Strecke gekommen war, antwortet der Yamaha-Pilot ähnlich, wie es der Honda-Pilot zu seinem eigenen Verlassen der Strecke in Kurve 11 tut. "Wir sind an dieser Stelle immer am Limit. Mir war nicht bewusst, dass ich auf das Grün gekommen bin. Ich habe attackiert, denn es war ja meine letzte Chance. Ich dachte, ich wäre nicht auf dem Grün gewesen, habe dann aber später auf dem Ausdruck gesehen, dass es doch so war", so Rossi.

Marc Marquez, Valentino Rossi

Eine mögliche Strafe gegen Rossi interessiert Marquez nicht Zoom

Nach dem Qualifying wurden sowohl Marquez als auch Rossi zur Rennleitung zitiert. Was hält Marquez von einer möglichen Strafe gegen seinen Erzrivalen? "Das interessiert mich nicht", sagt der Spanier und begründet: "Er ist ja kein Gegner im WM-Kampf. Deshalb werde ich nicht meine Zeit damit verschwenden, mich für eine Strafe gegen ihn stark zu machen. Das ist nicht meine Entscheidung und es interessiert mich auch nicht."

Update 17:45 Uhr: Eine Stunde, nachdem Marquez und Rossi von den Rennkommisaren vorgeladen wurden, gab es die Bekanntgabe, dass keiner der beiden bestraft wird. Das Urteil lautet in beiden Fällen: "Keine weiteren Maßnahmen, da die Runde aufgrund Überschreitung der Track-Limits schon vor dem Zwischenfall nicht gewertet wurde."