Marco Bezzecchi im Interview: "Ich habe mich selbst überrascht"

VR46-Pilot Marco Bezzecchi spricht im exklusiven Interview über seine starke Form in dieser MotoGP-Saison, seine Ambitionen für die restliche Saison und 2024

(Motorsport-Total.com) - Für Marco Bezzecchi ist 2023 erst das zweite Jahr in der MotoGP, und doch führte der Italiener aus dem VR46-Ducati-Team im Verlauf der ersten acht Saisonrennen bereits die WM an, feierte seinen ersten Sieg und stand insgesamt viermal auf dem Podium. In der Gesamtwertung ist er aktuell Dritter.

Titel-Bild zur News: Marco Bezzecchi

Marco Bezzecchi konnte in dieser Saison bereits einige Meilensteine feiern Zoom

Auf die Frage, wie er seine bisherige Saison auf einer Skala von 1 bis 10 bewerten würde, sagt er im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com': "Acht, denn ich hatte nicht erwartet, dass ich zu Beginn der Saison so schnell sein würde."

"Ich war also überrascht von meiner Leistung, auch wenn ich wusste, dass ich schnell sein kann. Ich hatte nicht erwartet, so viele gute Ergebnisse zu erzielen, also war es positiv."

Was noch fehle, sei etwas mehr Konstanz. "Ich möchte natürlich immer an der Spitze sein. Aber ich verstehe auch, dass es manchmal schwieriger ist, weil mir im Vergleich zu den anderen Fahrern im MotoGP-Starterfeld noch ein bisschen Erfahrung fehlt."

"Ich wusste also zu Beginn des Jahres, dass ich in manchen Rennen etwas mehr zu kämpfen haben würde und in manchen etwas weniger. Ja, es gab einige Rennen wie Jerez (Sturz; Anm. d. R.) oder Mugello (P8), bei denen ich etwas mehr wollte, aber ich konnte nicht das gewünschte Ergebnis erzielen. Das war schwierig, aber am Ende ist es Teil des Lernprozesses, den ich immer noch mache. Es ist also in Ordnung."

Denkt Bezzecchi an den WM-Titel?

Trotz der punktuellen Ausreißer nach unten hält der VR46-Pilot in der WM immer noch den Anschluss an den Gesamtführenden Francesco Bagnaia. Auf die Frage, ob er über den Titel nachdenkt, sagt der 24-Jährige: "Ich versuche nicht, es zu verdrängen, aber ich denke nicht wirklich an die Meisterschaft."

"Letztlich ist es auch noch zu früh in der Saison. Natürlich möchte ich bis zum Ende kämpfen. Das ist kein Geheimnis, denn das ist bei jedem Fahrer so. Ich werde also mein Bestes geben, um es möglich zu machen und bis zum Ende zu kämpfen."

"Im Moment ist es noch ein bisschen zu früh und es gibt so viele Rennen in diesem Jahr, dass sich alles so schnell ändern kann. Ich versuche also, einfach jedes Mal schnell zu sein."


Fotostrecke: Die Karriere-Highlights von Marco Bezzecchi

Mit den Sprintrennen sind bei den zwölf ausstehenden Saisonevents insgesamt noch 444 Punkte zu holen. Bagnaia führt mit 35 Zählern Vorsprung auf Jorge Martin. Nur einen Punkt dahinter liegt Bezzecchi. Die Top 3 belegen also Ducati-Fahrer. KTM-Pilot Brad Binder ist mit 80 Punkten Rückstand aktuell Vierter.

Einen Dominator wie Alvaro Bautista in der Superbike-WM oder Max Verstappen in der Formel 1 gibt es in der MotoGP derzeit nicht. Über die Gründe dafür sagt Bezzecchi: "Es ist eine Kombination. Das Niveau der Fahrer ist sehr hoch. Sie sind unglaublich schnell. Aber auch die Motorräder sind jetzt ähnlich und schnell."

"Wir haben Aprilias, wir haben KTM, wir haben Ducati, wir haben Yamaha, Honda, und die Satellitenteams sind den Werksteams ähnlicher. Das macht die Sache also noch enger. Aber vor allem ist das Niveau sehr hoch, denke ich."

2024: Bleibt er bei VR46-Ducati?

Bezzecchi selbst ist bis Ende der Saison noch an ein Satellitenteam gebunden. Mit Wiederaufnahme der Rennen nach der Sommerpause wird sich klären, ob er bei VR46 bleibt oder eventuell zu Pramac-Ducati wechselt. Das offizielle Werksteam ist mit Bagnaia und Enea Bastianini bis Ende 2024 bereits besetzt.

Doch Bezzecchi betont: "Mein Traum ist es, einen Werksplatz zu bekommen, wie jeder Fahrer - jeder MotoGP-Fahrer träumt davon." Weil die aktuellen Ducati-Werksfahrer aber noch ein Jahr haben, würde er auch "sehr gerne in diesem Team bleiben, aber auch eine Werksbehandlung bekommen, wenn das möglich ist".

Marco Bezzecchi

Bezzecchi würde am liebsten auch in den Farben des Werksteams fahren Zoom

Das würde bedeuten, dass Bezzecchi die aktuelle Desmosedici fahren kann und mit den neuesten Entwicklungen versorgt wird. Aktuell fährt er das Vorjahresmodell, die GP22.

Damit wird der Italiener auch den zweiten Teil dieser MotoGP-Saison bestreiten, der weitere zwölf Rennwochenenden umfasst. "Im Moment habe ich kein klares Ziel, was die Positionen oder ähnliches angeht", blickt der VR46-Pilot voraus.

"Ich möchte mich einfach weiter verbessern, um einige Podiumsplätze und vielleicht Siege kämpfen. Und ich möchte versuchen, jedes Wochenende konkurrenzfähig zu sein. Wenn ich das schaffe, dann kann ich auch in der Meisterschaft um etwas Interessantes kämpfen. Aber im Moment ist das nicht mein Ziel." Eine Endplatzierung wie etwa die Top 3 oder Top 5 habe er deshalb (noch) nicht im Hinterkopf.

Bezzecchi ein Fan des Sprintformats

Um möglichst weit vorne zu landen, wird es nicht nur darauf ankommen, schnell und konstant zu sein, sondern auch unverletzt zu bleiben. In den bisherigen Rennen hat es bereits zahlreiche verletzungsbedingte Zwangspausen gegeben.

Dabei liegt die Mehrzahl der Rennen noch vor den Fahrern - samt einiger Tripleheader, die ihnen angesichts der Sprints mehr denn je abverlangen werden. Doch Bezzecchi zeigt sich als Freund des neuen Formats: "Ich persönlich mag die Sprintrennen."

"Es ist eine andere Art von Rennen im Vergleich zu den großen Grands Prix, weil die Herangehensweise anders ist. Aber es ist etwas, das ich mag, und ich denke auch, dass es für die Fans etwas Schönes ist, einen großen Kampf zu sehen, der da normalerweise stattfindet", sagt der Sprintsieger von Assen.

Das Format hat bis dato einiges an Kritik einstecken müssen. Neben dem Verletzungsrisiko für die Fahrer wurde auch eine mögliche Übersättigung der Fans in den Ring geworfen. Bezzecchi gibt zu: "Ich weiß nicht, ob es der richtige Weg ist oder nicht, aber ich hoffe es und ich mag es. Für mich ist es also in Ordnung."

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