Historischer Erfolg in Barcelona: Warum das Aprilia-Duo die Bikes tauschte

Aleix Espargaro und Maverick Vinales verewigen sich in Barcelona mit Aprilia in den Geschichtsbüchern - Den Doppelsieg feierte das Duo mit einem Biketausch

(Motorsport-Total.com) - Für Aprilia war es ein historisches Wochenende in Barcelona. Nach dem Doppelpodium im Sprintrennen am Samstag konnte der italienische Hersteller diesen Erfolg tags darauf noch toppen und feierte mit Aleix Espargaro und Maverick Vinales einen Doppelsieg - ein Vovum in der Geschichte der Marke.

Titel-Bild zur News: Maverick Vinales, Aleix Espargaro

Vinales und Espargaro gelang in Barcelona Aprilias erster Doppelsieg Zoom

"Ich würde die Zeit am liebsten anhalten, um das noch für ein paar Wochen genießen zu können", sagte Espargaro nach seinem Triumph vor heimischer Kulisse.

"Es war ein unglaubliches Wochenende. Ich fühlte mich auf dem Motorrad von Anfang an wohl. Natürlich war der Druck da, denn ich wusste, dass wir hier gute Chancen haben. Aber damit muss man umgehen." Seinen Fauxpas aus dem Vorjahr, als er eine Runde zu früh abdrehte, habe er erfolgreich ausgeblendet.

"Ich habe nicht wirklich darüber nachgedacht", betont Espargaro. "Letztes Jahr war ein großer Fehler. Aber ich bin glücklich, dass sich nächstes Jahr vor dem Barcelona-Rennen jetzt jeder an diesen Sieg und nicht diesen dummen Fehler erinnern wird."

Vinales führt, doch Espargaro geht noch vorbei

Im Rennen lag zunächst Vinales vorn und führte - nach dem Restart aufgrund diverser Startunfälle - bis zur 19. Runde. Dann ging Espargaro mit einem Manöver in Kurve 1 vorbei und gab den Spitzenplatz danach nicht mehr aus den Händen.

"Nach dem dramatischen Start war es ein schwieriges Rennen", gesteht Espargaro. "Maverick hat mich wirklich gepusht. Aufgrund des Winds konnte ich meinen Fahrstil nicht so wie gestern umsetzen. Ich musste deshalb viel riskieren, um zu gewinnen."

"Im Sprint war es einfacher. Ich fühlte mich sehr gut auf dem Bike und konnte damit spielen. Am Sonntag war es das Gegenteil, was vor allem am Wind lag. Noch dazu ist Maverick stark auf der Bremse - stärker als ich. Als ich den Kontakt zu ihm verloren hatte, musste ich mehrere Runden im Quali-Modus pushen."

"Auf einer anderen Strecke", glaubt Espargaro, "wäre ich mit Sicherheit Zweiter geworden. Aber hier sagte ich mir: Entweder ich stürze oder ich gewinne."

Vinales musste sich schließlich mit Platz zwei begnügen, konnte das Ergebnis aber trotzdem genießen: "Natürlich wollte ich unbedingt gewinnen, aber Aleix hatte noch etwas mehr als ich. Ich fühlte mich so unglaublich, als ich das Rennen anführte. Denn es war lange her, dass ich zum letzten Mal in Führung lag."

"Aber man verliert den Fokus, den Rhythmus für diesen Moment nie. Und das lässt mich glauben, dass ich es wieder tun kann. Das fühlt sich so gut an", schwärmt der Spanier. Auf die Frage, warum es gegen Espargaro nicht reichte, nennt er zwei Gründe.

Was fehlte Vinales auf Teamkollege Espargaro?

"Das erste Problem war, dass er einfach sehr schnell war. Und ja, das zweite Problem war der Vorderreifen. Er war zerstört, aber das ist keine Ausrede. Denn eine andere Aprilia hat gewonnen - mit einem Vorderreifen in besserem Zustand. Wir müssen also daraus lernen und schauen, was er hier anders gemacht hat."

"Aber ich bin glücklich", betont Vinales und ruft sich das Barcelona-Wochenende von 2015 ins Gedächtnis: "Ich erinnere mich, dass wir damals (mit Suzuki) am Samstag Erster und Zweiter waren. Jetzt ist uns das in einem Hauptrennen gelungen."

Um das zu feiern, tauschten Vinales und Espargaro in der Auslaufrunde ihre Bikes. "Als ich Maverick das vorschlug, schaute er mich an, als wäre ich verrückt", verrät Espargaro. Doch Vinales hatte Angst vor einer potenziellen Strafe: "Ich wusste nicht, ob wir das dürfen. Deshalb war ich im ersten Moment skeptisch."

Espargaro reagiert mit einem Augenzwinkern: "Er war in einigen Punkten schneller als ich. Also dachte ich mir, ich will sein Bike testen, um herauszufinden, warum."

Tatsächlich sollte es aber eine Geste der Verbundenheit sein. "In dem Moment erinnerte mich an Mavericks Probleme in Österreich vor zwei Jahren (als Yamaha ihn suspendierte). Er war sehr niedergeschlagen. Ich redete mit ihm und sagte, komm zu Aprilia. Aber er war sich nicht sicher, weil Aprilia noch eine Sekunde zurücklag."

"Aber ich sagte zu ihm: Du bist sehr stark, wir werden das Bike gemeinsam an die Spitze bringen. Das ist jetzt wie ein Geschenk an Aprilia und an uns selbst. Wir haben an uns geglaubt und hart gearbeitet. Das zahlt sich am Ende aus", sagt Espargaro.

Zusammenhalt wird Aprilia groß geschrieben

Im Parc Ferme gab es deshalb auch kein Halten mehr. "Dort anzukommen und zu sehen, wie die Jungs das genießen, wie glücklich sie sind, das macht mich wirklich stolz", betont Vinales, der in Aprilia mehr als nur einen Arbeitgeber gefunden hat.

"Wie Aleix schon sagte: Vor drei Jahren unterhielten wir uns in seinem Motorhome. Ich war mir nicht sicher, denn letztendlich ist es immer schwierig eine solche Wette einzugehen. Aber ich setzte auf mich selbst, ich setzte auf Aprilia. Und am Ende hatte Aleix recht: Zwei gute Fahrer können mehr erreichen als einer."


Fotostrecke: Die Karriere-Highlights von Maverick Vinales

"Und ich möchte, dass die Leute verstehen, dass sich ein Fahrer in diesem Sport wertgeschätzt fühlen muss. In diesem Team fühle ich eine Menge Wertschätzung und Respekt. Das ist sehr wichtig, weil ich in der Vergangenheit nicht gut behandelt wurde."

"Diese Art von Gefühl mit dem Team zu haben ... Das macht diesen Tag zum besten Tag meines Lebens, den ich im Motorradrennsport hatte", sagt Vinales.

Und auch Espargaro bekräftigt: "Ich bin sehr stolz auf Aprilia. Wir haben uns von ziemlich weit hinten nach vorn gearbeitet. Und Aprilia kann auf Maverick und mich stolz sein, dieses historische Ergebnis eingefahren zu haben. Es ist nicht leicht, so eine gute Beziehung zu haben, wenn man um die Spitzenplätze kämpft."

Ob das teaminterne Verhältnis auch noch so eng und stark sein wird, wenn er und Vinales nächste Saison vielleicht um die Weltmeisterschaft kämpfen? "Ich denke, wir werden umso mehr feiern, wenn wir um den Titel kämpfen", sagt Vinales.

Teaminterner Kampf um den Titel? Warum nicht!

Espargaro sieht das ähnlich. "Ich würde gerne mit meinem Teamkollegen um den Titel kämpfen. Ich denke, wir sind noch nicht bereit dazu, aber wir sind sehr nah dran", erklärt er. "Maverick hat viel Talent und ist hungrig. Er wird also sicher versuchen, mich zu schlagen. Aber das macht mich zu einem besseren Fahrer."

"Dass ich in dieser Saison zwei Rennen (Silverstone und Barcelona) gewonnen habe, liegt daran, dass er mich an meine Grenzen treibt. Sollte der Tag kommen, an dem wir beide um den Titel kämpfen, wäre das ein Traum", so Espargaro.


Fotos: MotoGP: Grand Prix von Katalonien (Barcelona) 2023, Grand Prix


Daran, dass Aprilia langfristig das Zeug dazu hat, hegt der Spanier keinen Zweifel. "Wenn wir das Werk zu etwas drängen, reagiert es normalerweise sehr schnell. Das ist sehr wichtig. Die Lücke zu unseren Konkurrenten ist noch nicht geschlossen, aber auf Strecken wie dieser ist die Aprilia sehr konkurrenzfähig."

"Und wir wachsen weiter und ruhen uns nicht darauf aus. Wir arbeiten an der Kupplung, am Motor. Wir werden beim Montagstest in Misano viele neue Dinge haben. Es ist ein Vergnügen, Aprilia-Fahrer zu sein, und ich hoffe, wir können so weitermachen, bis einer mit Aprilia den Titel gewinnt", blickt Espargaro voraus.