Flag-to-Flag: Warum es in der MotoGP keine Reifenwechsel gibt

Warum es in der MotoGP die Flag-to-Flag-Regel gibt und nicht die Reifen gewechselt werden - Ein Hauptgrund dafür sind die Carbon-Bremsen

(Motorsport-Total.com) - Im Jahr 2005 wurde die Flag-to-Flag-Regel in der MotoGP eingeführt. Wenn ein Rennen im Trockenen gestartet wird und es zu regnen beginnt, wird den Fahrern mit einer weißen Flagge signalisiert, dass sie auf das zweite Motorrad mit Regenreifen wechseln dürfen. Vor der Einführung dieser Regel wurde das Rennen abgebrochen. Je nach Situation wurde neu gestartet. Auch bei Problemen mit Slicks in Phillip Island 2013 und Argentinien 2016 wurde auf diese Regel zurückgegriffen.

Titel-Bild zur News: Jorge Lorenzo

Seit dem Jahr 2005 gibt es in der MotoGP die Flag-to-Flag-Regel Zoom

Als Alternative wurde auch oft über Reifenwechsel diskutiert. Vor allem in Argentinien hatte Valentino Rossi mit seinem zweiten Bike nicht das gleiche Gefühl. Hätte er um den Sieg kämpfen können, wenn an seinem ersten Motorrad nur die Reifen gewechselt worden wären? Wären Reifenwechsel besser als der Bike-Wechsel bei der Flag-to-Flag-Regel? "Flag to Flag ist schwierig, es ist für die Fahrer schwierig zu verstehen", meint Marc Marquez, der mit seinem Sprung den Motorradwechsel perfektioniert hat.

"Es sieht gefährlich aus, aber für mich ist es aber der sicherste Weg", meint zweifache MotoGP-Weltmeister. "Es wäre gefährlicher, wenn man die Reifen wechselt. Wenn es zum Beispiel ein technisches Problem mit den Reifen gibt, wie man es in der Formel 1 manchmal sieht, will ich mir das nicht vorstellen. Für mich ist das Flag-to-Flag-System das Beste. Wir haben im Vorjahr darüber diskutiert, aber es ist für alle sicher. Wir müssen es in der Box optimal managen."

Bei Langstreckenrennen oder der Isle of Man sind Nachtanken und Reifenwechsel an der Tagesordnung. Warum also auch nicht in der MotoGP? "Ich denke, es wäre teuer, wenn man die Reifen wechseln würde", vermutet Rossi. "Man könnte die Technik von den 8 Stunden in Suzuka verwenden. Dort werden die Reifen gewechselt. Natürlich müsste man auch das Motorrad dafür verändern. Alles hat Vor- und Nachteile. Unser System ist nicht so schlecht."

Reifenwechsel in der Superbike-WM

In der Superbike-WM gibt es pro Fahrer nur ein Motorrad. Deswegen kommt dort die Flag-to-Flag-Regel nicht zur Anwendung. Sollte es während des Rennens zu regnen beginnen, werden die Reifen an der Box gewechselt. Damit die Mechaniker nicht zu sehr unter Druck stehen und Fehler begehen, wie von Marquez angesprochen, gibt es eine Mindeststandzeit für den Boxenstopp. In der Superbike-WM funktionierte dieses System bisher reibungslos, wie im vergangenen Jahr in Portimao zu sehen war.

Dennoch gibt es einen entscheidenden Unterschied. In der MotoGP werden im Trockenen Carbon-Bremsen verwendet, im Nassen Stahlbremsen. Das ist ein Hauptgrund für den Motorrad-Wechsel, denn Carbon-Bremsen brauchen eine gewisse Betriebstemperatur, die im Regen schwierig zu erreichen ist. In der Superbike-WM sind Carbon-Bremsen aus Kostengründen verboten, man fährt bei jedem Wetter mit Stahlbremsen. Müsste in der MotoGP von Slicks auf Regenreifen gewechselt werden, müssten auch die Bremsen getauscht werden.

Nicky Hayden musste sich nach vielen MotoGP-Jahren in der Superbike-WM auf Stahlbremsen umgewöhnen. Das Honda-Team von Ten Kate verwendet Produkte von Nissin. "Zu Beginn des Bremsmanövers sind Stahlbremsen sehr aggressiv", beschreibt Hayden bei 'MotoAmerica.com'. "Die erste Verzögerung ist sehr stark, manchmal sogar stärker als bei Carbon. Wenn man dann wirklich tief in die Kurve und hart bremst, macht das Carbon den Unterschied."

"Carbon-Bremsen vermitteln mehr Gefühl. Man kann sie besser regulieren. Am Ende der Bremszone sind Stahlbremsen mehr on/off", vergleicht der MotoGP-Weltmeister von 2006. "Carbon muss richtig aufgewärmt werden. Es hängt von der Strecke, den Bedingungen und der Größe der Scheiben ab. Normalerweise kann man die Bremse bis zum Ende der Boxengasse schleifen lassen, um die Scheibe zu 90 Prozent aufzuwärmen."

"Carbon-Bremsen vermitteln mehr Gefühl. Man kann sie besser regulieren." Nicky Hayden

Seit 2014 können die MotoGP-Teams zwischen drei verschiedenen Carbon-Bremsscheiben beim Vorderrad wählen. Es gibt eine Standard-Scheibe mit 320 Millimetern Durchmesser. Dazu kommen zwei "High Mass"-Scheiben mit 320 oder 340 Millimetern Durchmesser. Eine Scheibe wiegt rund ein Kilogramm und funktioniert bei bis zu 800 Grad Celsius. Die Lebensdauer so einer Scheibe beträgt zwischen 800 und 1.000 Kilometern. Auch bei den Bremsbelägen gibt es zwei unterschiedliche Modelle. Sie wiegen 50 Gramm und arbeiten auch bei Temperaturen von bis zu 800 Grad.