Crutchlow sieht für britischen Nachwuchs schwarz

Cal Crutchlow hält derzeit die Hoffnungen der britischen Fans hoch - Er versucht die Gründe zu finden, warum die Briten schon lange auf einen Weltmeister warten

(Motorsport-Total.com) - Die MotoGP ist im altehrwürdigen Silverstone eingekehrt und die Erfolgshoffnungen der britischen Fans liegen auf Cal Crutchlow. Großbritannien hat eine glorreiche Geschichte im Motorradrennsport. Geoff Duke, John Surtees, Mike Hailwood, Phil Read und Barry Sheene haben Geschichte geschrieben und zählen zu den großen Legenden. Um den letzten Sieg eines Briten in der Königsklasse zu finden, muss man in den Geschichtsbüchern weit zurückblättern. Sheene gewann im Jahr 1981 das 500er-Rennen in Anderstorp (Schweden). Seit damals erklang in der Königsklasse nie wieder die britische Hymne für einen Sieger.

Titel-Bild zur News: Cal Crutchlow

Cal Crutchlow ist über die Superbike-Szene in die MotoGP gekommen Zoom

Derzeit erlebt Großbritannien den Beginn einer neuen Ära. Promoter Dorna versuchte jahrelang zumindest einen Briten in der MotoGP zu haben. Jeremy McWilliams war zu Beginn der Viertaktära dabei, konnte aber keinen Podestplatz erringen. Dann wurde James Toseland in der MotoGP platziert, doch auch der zweifache Superbike-Weltmeister konnte sich in der Königsklasse nicht durchsetzen. Nun liegt es an Crutchlow. Zudem ist auch Bradley Smith in der MotoGP aktiv und im nächsten Jahr steigt Scott Redding womöglich als Moto2-Weltmeister auf.

In den kleinen Klassen sind zudem Danny Kent und John McPhee aktiv. Derzeit drängt auch Sam Lowes in die Moto2, denn es gibt Gespräche mit Tech-3-Teamchef Herve Poncharal bezüglich 2014. Dass es nur so wenige Briten in die MotoGP geschafft haben, verwundert, denn in der Superbike-WM sind viele Briten vorne dabei. Zudem wird die Road-Racing-Szene und natürlich auch die berühmte Isle of Man von Briten dominiert. Fahren können die Briten, doch seit 1977 (Sheene) wurde kein Brite Motorrad-Weltmeister in der Königsklasse.


Fotos: MotoGP in Brünn, Girls


"Ich glaube es geht nur um die Möglichkeiten", findet Crutchlow über diese Situation. "In dieser WM hatten immer die besten Fahrer die besten Motorräder. Die Spanier, die Italiener - ich will sie nicht herausstreichen, aber sie hatten immer die Repsol-Honda, die Ducatis, die Werks-Yamahas. Ich glaube, dass die Möglichkeit eine große Rolle spielt. Aus irgendeinem Grund ist es für die Briten sehr schwierig, in die MotoGP zu kommen. Deshalb gehen sie immer zurück zu den Superbikes."

Cal Crutchlow, Bradley Smith

Die beiden Briten Bradley Smith (li.) und Cal Crutchlow (re.) fahren für Tech 3 Zoom

"In den vergangenen Jahrzehnten sind die Italiener in den Nachwuchsklassen viel mehr mit Zweitaktern gefahren als in England. Wahrscheinlich ist es in Großbritannien billiger mit einem Viertakter zu fahren. Viele Meisterschaften sind auch für Viertakter gemacht. Deshalb ist es eine natürliche Sache, wenn man dann Superbike oder Supersport fährt", sieht Crutchlow den Ursprung in der Nachwuchsarbeit.

"Ich glaube, in Spanien hatte Alberto (Puig; Anm. d. Red.) viel damit zu tun, dass die jungen Fahrer mit Zweitaktern gefahren sind. Nicky (Hayden; Anm. d. Red.) ist eigentlich der einzige andere Fahrer, der von den Superbikes gekommen ist. Das war aber schon vor langer Zeit. Er ist auch schon lange in der MotoGP. Er ist auch sofort in ein Werksteam gekommen und hatte sofort eines der besten Motorräder", spricht Crutchlow den Weltmeister von 2006 an. Hayden kam 2003 aus Amerika und wurde direkt im Honda-Werksteam als Teamkollege von Valentino Rossi platziert.

"Wenn die Briten die besten Motorräder oder ein sehr gutes Motorrad gehabt hätten, dann hätten sie auch mehr Möglichkeiten gehabt." Cal Crutchlow

Obwohl Hayden bisher nur drei Rennen gewinnen konnte, sicherte er sich mit Konstanz einen WM-Titel. Und am Ende geht es nur um WM-Titel. "Wenn die Briten die besten Motorräder oder ein sehr gutes Motorrad gehabt hätten, dann hätten sie auch mehr Möglichkeiten gehabt. Ich weiß nicht, wie man aus diesem Kreislauf herauskommt", sieht Crutchlow auch für die Zukunft schwarz. "Der Motorradsport ist in Italien und Spanien viel größer als in Großbritannien."

"Deshalb haben sie mehr Sponsoren, mehr Fernsehzeit, bessere Strecken - die Liste ist unendlich. Das heißt aber nicht, dass es Briten nicht schaffen können. Ich glaube, dass sie es können. Leider sehe ich keinen kommen. Scott wird kommen, Bradley ist schon hier. Ich sehe im Moment aber niemanden in der Britischen Superbike-Meisterschaft, der Supersport-WM oder Superbike-WM, der die Chance bekommt. Die Fahrer werden kommen, aber sie werden kein Werksmaterial erhalten. Sie werden in der gleichen Situation wie ich sein."

Scott Redding

Scott Redding hat große Chancen auf den Moto2-Weltmeistertitel Zoom

"Ich sage nicht, dass sie schlechtere Fahrer als ich sind, weil ich gegen Leute wie Jonathan Rea, Eugene Laverty, Tom Sykes, Leon Camier gekämpft habe. Sie sind alle schnelle Fahrer, aber ich glaube nicht, dass sie die Möglichkeit erhalten werden, weil es keinen Platz gibt." Deshalb rechnet Crutchlow damit, das es die Briten auch in Zukunft schwer haben werden, obwohl im kommenden Jahr drei Fahrer von der Insel in der Königsklasse sein werden.

Crutchlow hofft, dass sich die Chancen für seine Landsleute in Zukunft erhöhen werden. Dafür ist die technische Parität in der Königsklasse eine der Voraussetzungen. "Carmelo (Ezpeleta, Dorna-Boss; Anm. d. Red.) macht bei den neuen Regeln gute Arbeit. Wenn ein Hersteller vier oder sechs Motorräder in der Startaufstellung hat und sie alle der gleichen Spezifikation entsprechen, dann werden sie zwar keine Werksfahrer sein, aber sie haben wenigstens die gleichen Motorräder."

"Bis das nicht passiert, wird es nicht passieren. Das gilt nicht nur für Briten, sondern auch für Fahrer aus anderen Ländern. Wenn Fahrer wie Bautista oder Bradl nicht in einem Werksteam sind, werden sie die WM nicht gewinnen", ist Crutchlow überzeugt. Er selbst wird im nächsten Jahr für das Ducati-Werksteam an den Start gehen.