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Analyse: Warum Teamwechsel von Quartararo und Mir schwierig werden

Könnten Fabio Quartararo (Yamaha) und Joan Mir (Suzuki) ihre Teams verlassen? - Ihre Möglichkeiten für einen Wechsel sind aus mehreren Gründen eingeschränkt

(Motorsport-Total.com) - Ende 2022 laufen die Verträge von Fabio Quartararo (Yamaha) und Joan Mir (Suzuki) aus. Als Weltmeister der vergangenen beiden Jahre ist ihr Marktwert hoch. Allerdings schränken die Marktsituation sowie generell geringere Fahrergehälter seit Ausbruch der Coronavirus-Pandemie ihre Möglichkeiten für einen Teamwechsel ein.

Titel-Bild zur News: Joan Mir, Fabio Quartararo, Jack Miller

Joan Mir und Fabio Quartararo sind die vergangenen beiden Weltmeister Zoom

Vor der Pandemie hätten sich Quartararo und Mir die Hände reiben dürfen, denn mit dem Weltmeistertitel im Lebenslauf hätten sie für Vertragsverhandlungen viele Möglichkeiten gehabt. Die derzeitige Situation in der MotoGP begünstigt aber keine aggressive Verhandlungsstrategie.

Im Vergleich zu 2018 ist das Salär aller MotoGP-Fahrer zusammengerechnet um 20 Prozent gesunken. Mir und Quartararo sind hinter Spitzenverdiener Marc Marquez (Honda) die derzeit bestbezahlten Fahrer. Auch das schränkt ihre Möglichkeiten für einen Teamwechsel ein.

Die Situation von Quartararo und Mir ist aber etwas unterschiedlich. Betrachten wir das im Detail. Mit seinem WM-Gewinn hat sich Quartararo zur Nummer 1 von Yamaha entwickelt und seinen Wert bewiesen. Quartararo stellt auch technische Forderungen an Yamaha.

Beim Novembertest in Jerez hielt der Franzose fest, dass er keine vorzeitige Vertragsverlängerung unterschreiben wird. Er will mindestens bis zum Wintertest in Malaysia warten, um zu sehen, wie sich die M1 technisch weiterentwickelt und welches Potenzial er für die Titelverteidigung erkennt.

"Sollte ich sehen, dass Yamaha eine ganz andere Richtung einschlägt, könnte das auch meine Zukunft beeinflussen", betonte Quartararo im November. Sein Yamaha-Vertrag wurde im Januar 2020 besiegelt. 2020 fuhr er noch im Petronas-Team, 2021 dann im Werksteam.


Fotostrecke: Die Karriere-Highlights von Fabio Quartararo

Quartararo für Yamaha ein "günstiger" Weltmeister

Als Werksfahrer erhielt Quartararo ein Basisgehalt von rund zweieinhalb Millionen Euro plus Erfolgsprämien. Im vergangenen Jahr hat er mit fünf Siegen plus dem WM-Titel ungefähr vier Millionen Euro verdient. Für Yamaha ist das im Verhältnis sehr günstig.

Noch vor zwei Jahren hat Yamaha für die Gehälter von Valentino Rossi und Maverick Vinales zusammengerechnet rund zwölf Millionen Euro ausgegeben. Nun sind es nur noch fünfeinhalb. Vier Millionen bekommt Quartararo und rund eineinhalb Millionen Franco Morbidelli.

Yamaha ist sich bewusst, dass der Marktpreis von Quartararo höher ist. Deshalb wird man ihm für eine Vertragsverlängerung rund sieben Millionen Euro plus Erfolgsprämien anbieten. In so einem Szenario sind die Beträge für Erfolgsprämien aber geringer als bei einem niedrigen Basisgehalt.

Fabio Quartararo

Yamaha will "Erfolgsgarant" Fabio Quartararo unbedingt halten Zoom

So wie der Grid derzeit aussieht und man die Strategien der anderen Teams betrachtet, dann würde wohl niemand außer Yamaha Quartararo diesen Geldbetrag bieten. Das gilt auch für Mir, der nach seinem Titelgewinn sein Suzuki-Gehalt auf rund sieben Millionen Euro erhöhen konnte.

Ducati zahlt keine hohen Fahrergehälter mehr

Werfen wir einen Blick auf die anderen Werksteams. Aprilia und KTM konzentrieren sich auf die Entwicklung ihrer Motorräder. KTM setzt auf eigene Talente. Ducati hat seit der Trennung von Andrea Dovizioso eine radikale Richtung bezüglich Fahrergehältern eingeschlagen.

Francesco Bagnaia, Jack Miller, Jorge Martin, Johann Zarco und Enea Bastianini erhalten zusammengerechnet weniger als dreieinhalb Millionen Euro. Ducati steckt die Ressourcen in das Motorrad, um für junge Fahrer so attraktiv zu sein, dass sie unbedingt eine Ducati fahren wollen.

"Wir müssen nicht auf den Markt gehen", sagt Ducati-Sportdirektor Paolo Ciabatti gegenüber der spanischen Edition von 'Motorsport.com'. "'Pecco' hat gezeigt, dass er um die WM kämpfen kann. Hoffentlich ist auch Jack vorne dabei. Und wir haben junge Talente wie Martin und Bastianini."

Jorge Martin, Enea Bastianini

Ducati setzt auf junge, günstige Talente und keine teuren Superstars Zoom

Noch vor wenigen Jahren kaufte Ducati einen Jorge Lorenzo um viel Geld ein. Diese Strategie wurde radikal verändert. Man setzt mit Erfolg auf junge, günstige Talente. "Ducati wird kaum das von Joan und Fabio gewünschte Gehalt zahlen", glaubt Fahrermanager Albert Valera.

Valera betreut zum Beispiel Martin und Pedro Acosta. "Ich glaube aber", so Valera, "dass sie sich in Bologna bewusst sind, dass sie einige Fahrergehälter erhöhen müssen, denn sie sind viel zu niedrig. Aber sie würden nie auf das Level kommen, das Quartararo und Mir verlangen."

Honda schätzt Mir, aber setzt alles auf Marquez

Bei Honda ist die Situation anders als bei Ducati. Dort wartet alles auf Marc Marquez. Honda ist ausschließlich daran interessiert, wie es dem sechsmaligen MotoGP-Weltmeister nach den Verletzungen (Arm/Sicht) geht und ob er wieder fit genug wird.

Honda steht voll und ganz hinter Erfolgsgarant Marquez. Es ist aus mehreren Gründen schwer vorstellbar, dass Honda Quartararo engagieren würde. Wenn Marquez Rennen gewinnen kann (drei Siege 2021), dann passt Pol Espargaro gut als Teamkollege in die Honda-Box.

Außerdem gibt es keine Garantie, dass Quartararo seine Bestleistungen auch mit der RC213V abrufen kann, weil das Motorrad ganz anders zu fahren ist als die Yamaha. Für Mir gilt das ganz ähnlich, obwohl seine Position bezüglich Honda etwas besser ist.


Fotostrecke: Die Karriere-Highlights von Joan Mir

Honda scheint bei Mir überzeugter zu sein, dass der Mallorquiner mit der RC213V zurechtkommen kann. Alberto Puig wollte Mir schon für 2019 zu Honda holen, denn er bot Mir einen Platz im LCR-Team an. Mir lehnte ab und nahm das Suzuki-Angebot an.

Mir weiß, dass er bei Honda nur die Nummer 2 wäre, während er sich bei Suzuki die Rolle als Nummer-1-Fahrer erarbeitet hat. "Es ist normal, dass sich Honda auf die Genesung von Marc konzentriert", sagt Paco Sanchez, der Manager von Mir. Deswegen ist es wahrscheinlich, dass Quartararo auch nach 2022 bei Yamaha bleiben wird und Mir bei Suzuki.