Jenkner analysiert den deutschen Nachwuchs

Der ehemalige Grand-Prix-Pilot schätzt die deutschen Moto3- und Moto2-Piloten ein und hofft, dass es in Deutschland einen neuen Motorrad-Boom geben wird

(Motorsport-Total.com) - Zwischen 1997 und 2005 nahm Steve Jenkner an 137 WM-Läufen in der 125er- und 250er-Klasse teil und sammelte in dieser Zeit mehr als 700 WM-Punkte. Doch auch nach dem Ende der aktiven Karriere sieht man den sympathischen Deutschen immer wieder im Fahrerlager. Beim MotoGP-Reifenlieferant Bridgestone ist Jenkner Servicetechniker und betreut die Ducati-Piloten.

Titel-Bild zur News: Sandro Cortese

Wird Sandro Cortese nach Stefan Bradl der nächste deutsche Weltmeister?

Durch die Arbeit mit Valentino Rossi und Co. hat der Lichtensteiner nicht immer Zeit, das Geschehen in den kleineren Grand-Prix-Klassen zu verfolgen. Dennoch riskiert er immer wieder einen Blick, was Sandro Cortese, Jonas Folger und die weiteren Deutschen machen: "Wir haben nicht so viel Zeit, haben aber einen Monitor im Büro. Da können wir die anderen Klassen aus dem Augenwinkel beobachten", verrät er 'Motorsport-Total.com'.

Viel Lob für Cortese

In der Moto3 hält KTM-Werkspilot Cortese derzeit alle Trümpfe in der Hand. Sein WM-Vorsprung ist beim Rennen in Brünn auf 32 Punkte angewachsen. "Sandro ist sehr konstant. Er hat mehr Erfahrung als die jungen Piloten, obwohl er selbst noch ziemlich jung ist", analysiert Jenkner. "Seine Gegner sind aber noch jünger. Er ist lange dabei, was man auch beim Fahren sieht."

"Er lässt sich nicht nervös machen, wenn er beim Start Positionen verliert und kommt sukzessive nach vorn. Früher hätte er das nicht so geschafft und wäre auf Position zehn geblieben. Das hat er jetzt gut im Griff. Ohne größere Fehler ist der Titel drin, ohne Druck machen zu wollen", bemerkt Jenkner. In Brünn fuhr Cortese zu seinem zehnten Podium im elften Rennen. Obwohl WM-Konkurrent Maverick Vinales drei Siege mehr holen konnte, hat der Deutsche einen komfortablen WM-Vorsprung.


Fotos: Moto3 in Brünn


Fährt Folger weitere Siege ein?

In der WM weit abgeschlagen ist Landsmann Folger, der bis zum Rennen in Indy mit unterlegenem Material kämpfen musste. Doch seit dem Wechsel ins Weltmeisterteam von Aspar kann Folger sein Potenzial wieder eindrucksvoll unter Beweis stellen. Ein dritter Platz in Indy und der souveräne Sieg in Brünn lassen die Stimmen der Kritiker verstummen.

"Er hat genug Pech gehabt. Ich würde deshalb im Falle von Indy nicht von Glück reden", stellt Jenkner klar. Folgers Podestplatz wurde möglich, weil Vinales in der letzten Runde stürzte. Jenkner geht davon aus, dass es 2013 deutlich einfacher für Folger werden wird, ein gutes Team zu finden: "Wenn er so weiterfährt, kann er sich sicher für kommende Saison empfehlen."

Jonas Folger

Nachwuchshoffnung Jonas Folger hat seit Indy wieder Grund zur Freude Zoom

"Er hat in der WM nichts zu verlieren, kann frei fahren, was wichtig ist. Andere müssen bereits aufpassen. Er hat da alle Trümpfe in der Hand", fügt Jenkner hinzu, der Folger weitere Siege zutraut. Ebenfalls große Hoffnungen hat der Bridgestone-Mitarbeiter, wenn es um den deutschen Nachwuchs im Rookies-Cup geht.

Folgt ein Motorrad-Boom?

"Sehr überzeugend!", lobt Jenkner die Leistungen von Florian Alt und Philipp Öttl. "Ich hoffe, dass in Deutschland so langsam etwas passiert. Stefan zeigt gute Leistungen, Sandro wird dieses Jahr eventuell Weltmeister - das wären zwei WM-Titel in kürzester Zeit. Die neuen Jungs haben wir bereits am Start. Wenn das so weitergeht, haben wir in Deutschland vielleicht einen kleinen Boom. Ich hoffe, dass es der Motorrad-Industrie und allen anderen, die damit etwas zu tun haben, helfen wird."

Deutlich düsterer sieht es derzeit in der Moto2 aus. Max Neukirchner hat im Weltmeisterteam von Kiefer große Probleme. "Es sieht nicht gut aus. Ich weiß nicht, wie viel an ihm liegt und wie viel am Team. Es harmoniert nicht", bedauert Landsmann Jenkner. "Wenn es so zu Ende geht, dann wird es für 2013 schwierig. Er muss das Geld auftreiben, was sicher nicht einfacher wird, wenn man keine guten Leistungen gebracht hat. Dann hat man keinen Status mehr und muss sich einkaufen."