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Vier Jahre MotoE mit Energica: "Sie lebten in ihrer eigenen Welt"

Ein Defekt in vier MotoE-Saisons ist für Energica-CEO Livia Cevolini immer noch zu viel: Warum es nicht mehr waren und die Einführung der Serie alternativlos war

(Motorsport-Total.com) - Vier Jahre und 32 Rennen, das ist die Bilanz des MotoE-Engagements des auf Elektro-Motorräder spezialisierten Herstellers Energica. Mit dem Ego-Corsa-Bike der Italiener begann das Abenteuer Elektrorennsport auf der MotoGP-Bühne.

Titel-Bild zur News: Niki Tuuli

2019 debütierte der MotoE-Weltcup auf dem Sachsenring Zoom

Trotz oder gerade wegen der kurzen Rennen konnte der MotoE-Weltcup, der ab diesem Jahr zur Weltmeisterschaft wird, sportlich gesehen überzeugen. Energica-CEO Livia Cevolini möchte im Gespräch mit 'Epaddock.it' jedoch keinen Fahrer herausstreichen: "Aus vielen Gründen hat jeder von ihnen etwas Besonderes an sich."

"Alle haben sich auf etwas völlig Unbekanntes eingelassen und uns vertraut bei etwas, das für sie völlig neu war. Sie haben ihr Leben in unsere Hände gelegt. Wir waren neu, und nicht nur das Motorrad, sondern auch wir als Unternehmen, wir als Menschen, wir waren alle neu. Ich kann nicht nur einen auswählen - sie sind alle fantastisch!"

Nur ein Defekt: Immer noch zu viel für Energica

Die noch dünnen Geschichtsbücher der MotoE weisen Jordi Torres (zwei Titel) und Eric Granado (zehn Siege, sieben Polepositions, zwölf schnellste Rennrunden) als erfolgreichste Piloten der Serienhistorie aus. Im Gedächtnis geblieben sind die chaotische Titelentscheidung 2020 in Le Mans und das kontroverse Finale 2021 in Misano.

Abgesehen von den großen Negativschlagzeilen - etwa das Flammen-Inferno beim Jerez-Test 2019 und die Explosion in Spielberg 2019 - musste Energica auf der Rennstrecke nur einen Rückschlag hinnehmen. In Lauf 1 in Spielberg 2022 schied Niccolo Canepa aufgrund eines Defekts vorzeitig aus. Es sollte das einzige technische DNF in vier Jahren sein.

Doch selbst diese Bilanz stellt Cevolini nicht zufrieden: "In gewisser Weise ist das zu viel. Wir verlangen von uns selbst immer mehr. Das war eines unserer Ziele. Eine der Herausforderungen war, dass alle Motorräder, von der ersten bis zur letzten Reihe in der Startaufstellung, von Anfang an gleich waren. Das war wirklich wichtig für uns."

Dominique Aegerter

Dominique Aegerter gewann den MotoE-Weltcup in der Saison 2022 Zoom

MotoE-Bike mit Straßenbasis: Sofort zuverlässig

"Ich war überrascht, dass wir einen solchen Fehler hatten, auch wenn er nach vier Jahren passiert ist. Und ich bin mir immer noch nicht sicher, ob es unser Fehler war. Wie auch immer, es ist passiert, und es musste passieren. Das ist Rennsport. Jedes Mal, wenn man etwas Neues und Innovatives macht, und es wird geforscht, ist es normal, dass es auch Defekte gibt."

Was Energica zugute kam: Die Ego Corsa war kein von Grund auf neu entwickelter Prototyp. Als Basis nutzte der Hersteller ein eigenes Sport-Motorrad für die Straße. Entsprechend haltbar war die Rennversion von Anfang an. "Wir haben auf der Straße angefangen und die Technologie der Straßenbikes auf die Rennstrecke übertragen", erklärt Cevolini.

Dieser Ansatz war notwendig, weil die Entwicklung schnell gehen musste. Energica hatte ein bis eineinhalb Jahre Zeit für die Entwicklung der Ego Corsa, im Juli 2019 startete das erste MotoE-Rennen der Geschichte auf dem Sachsenring. Dieses wurde nach einem Crash von Lorenzo Savadori vorzeitig abgebrochen; Niki Tuuli gewann.

Cevolini denkt an Debüt auf dem Sachsenring zurück

Das erste Rennen ist für Cevolini nach wie vor ein bahnbrechender Moment: "Wir lebten schon lange, bevor wir auf die Rennstrecke gingen, in einer Zero-Emission-Welt. Für uns war es seltsam, dass die Weltmeisterschaft erst so spät begriffen hat, dass die Welt der Elektromobilität Realität ist. Sie lebten in ihrer eigenen, kleinen Welt."

In dieser Hinsicht leistete man bei Energica Pioniersarbeit: "Die Community an der Rennstrecke dachte, das sei alles, was es gibt. Dann haben sie anfangen, zu verstehen, dass dem nicht so war. Es gab eine viel größere Welt außerhalb, die sich viel schneller wandelte. Es war an der Zeit, aufzuholen und mit dem Tempo der realen Welt Schritt zu halten."

Und so gab es dann auch ein Bauteil, für das der italienische Hersteller den üblichen Weg ging, nämlich: Entwicklung auf der Rennstrecke zur späteren Implementierung im Straßenprodukt. Diesen Weg ging Energica bei der Batterie des MotoE-Motorrads, wie Cevolini verrät.

MotoE

Das MotoE-Bike von Energica hat Straßen-Gene Zoom

Nur die Batterie wurde auf der Rennstrecke entwickelt

"Die neue Batterie war das einzige Merkmal, das wir auf der Rennstrecke entwickelten, bevor wir es auf die Straße brachten. Wir haben bereits vor 2019 begonnen, daran zu arbeiten. Aber die Entwicklung der neuen Batterie für die Straßenmotorräder hat zwei Jahre gedauert, und wir haben beschlossen, sie auf das Rennmotorrad zu übertragen", sagt sie.

Dass man für die Entwicklung der Batterie den MotoE-Weltcup nutzen konnte, sieht Cevolini als Segen an: "Das Interessante am Rennsport ist die Möglichkeit, an einem sicheren Ort zu testen. Auch wenn es gefährlich ist, ist es immer noch sicherer als auf der Straße, weil man sich in einer sichereren Umgebung befindet."

Nun ist es für Energica aber an der Zeit, sich neuen Projekten zu widmen. Im Oktober 2021 kündigte man das Ende der Zusammenarbeit an. Stattdessen stellt nun Ducati die Einheits-Elektromotorräder zur Verfügung. Die neue Ära der MotoE kann beginnen.

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