Werde jetzt Teil der großen Community von Motorsport-Total.com auf Facebook, diskutiere mit tausenden Fans über den Motorsport und bleibe auf dem Laufenden!
Vorschau: IndyCars in Watkins Glen
Watkins Glen hat in der Saison 2008 besondere Vorzeichen, denn nun können die ChampCar-Piloten wahrscheinlich wieder ganz weit vorne mitmischen
(Motorsport-Total.com) - Die ganz spezielle Spannung vor dem IndyCar-Rennen in Watkins Glen kann man auf einen einfachen Nenner bringen: Die Rundstrecke im US-Bundesstaat New York stellt nach langer Zeit einmal wieder das gewohnte Terrain der ChampCar-Fraktion dar, die sich keinerlei Gedanken mehr um die Meisterschaft machen muss, denn dazu liegt man in der Gesamtwertung bereits zu weit zurück.

© IndyCar
Helio Castroneves und Scott Dixon starteten in Watkins Glen 2007 vorne
Was für Will Power, Graham Rahal und Co. also zählt, sind prestigeträchtige Einzelsiege, während die Starpiloten der großen drei IRL-Teams Ganassi, Penske und Andretti-Green allesamt fast zwangsläufig die Meisterschaft im Hinterkopf haben müssen. Nach sechs Ovalrennen am Stück kehrt die IRL am Sonntagabend auf eine der traditionsreichsten US-amerikanischen Rundstrecken zurück - und plötzlich stellen sich die Vorzeichen ganz anders dar.#w1#
"The Glen" ist wahrscheinlich die amerikanische Rundstrecke, die auch in Europa den größten Bekanntheitsgrad besitzen dürfte, und das liegt vor allem daran, dass die Formel 1 der im westlichen Teil des Staates New York gelegenen Strecke zwischen 1961 und 1980 zwanzig Mal in Folge einen Besuch abstattete.
Eine der vielen tragischen Komponenten gab es dabei gleich beim allerersten Rennen 1961, als der designierte Weltmeister und Lokalmatador Phil Hill nicht teilnehmen konnte, da sein Ferrari-Team seine Autos aufgrund des Monza-Unfalles von Wolfgang Graf Berghe von Trips ein paar Wochen zuvor zurückgezogen hatte.
NASCAR holt Watkins Glen aus der Versenkung

© NASCAR
Wieder einmal war es die NASCAR, die in Watkins Glen den Umschwung einleitete Zoom
Traditionell lag der USA-Termin zumeist Anfang Oktober gegen Saisonende, und in den Siegerlisten finden sich sehr prominente Namen wie Jim Clark, Graham Hill, Jackie Stewart, Niki Lauda, Emerson Fittipaldi oder auch James Hunt. Allerdings forderte der damals 5,3 Kilometer lange Kurs auch immer wieder seine Opfer, wie etwa Francois Cevert (1973) oder Helmut Koinigg (1974), die beide nach furchtbaren Unfällen ihr Leben lassen mussten. Jackie Stewart nahm den Tod seines französischen Freundes und Tyrrell-Teamkollegen Cevert zum Anlass für seinen Rücktritt aus dem aktiven Motorsport.
Besonders in Erinnerung blieb auch das Rennen des Jahres 1978: Jean-Pierre Jarier wurde im Lotus-Team als Ersatzmann für den zuvor in Monza tödlich verunglückten Ronnie Peterson engagiert - und hätte seinen ersten Lotus-Grand-Prix beinahe gewonnen. Doch sein schwarzer John-Player-Special gab kurz vor Schluss den Geist auf, und Carlos Reutemann auf Ferrari staubte ab. 1979 siegte Gilles Villeneuve und ein Jahr später war Alan Jones auf einem Williams der bislang letzte Formel-1-Sieger von Watkins Glen.
Gegen Ende der Formel-1-Periode war auch drei Jahre lang die damalige CART-Serie zu Gast am Rande der Finger Lakes, doch danach gab erst zunächst einmal eine längere Pause, denn der Streckenbetreiber ging bankrott. Die Rettung nahte Mitte der 1980er Jahre durch die International Speedway Corporation der NASCAR, die die Strecke kaufte, und seit 1986 dort eines ihrer zwei jährlichen Rundstreckenrennen austrägt.
Dixon auf dem "Glen" noch ungeschlagen

© IRL
Gelingt Dominator Scott Dixon der vierte Sieg in Watkins Glen? Zoom
Seit 2005 sind auch die IndyCars einmal pro Saison zu Gast auf dem "Glen" und bisher ist Scott Dixon (Ganassi) noch ungeschlagen. Auch 2007 behielt der Neuseeländer die Oberhand, nach dem Polesetter Helio Castroneves 19 Runden lang in Führung lag. Doch der Brasilianer zerlegte seinen Penske-Dallara in der Zielkurve - Dixon sagte "Danke" und fuhr in der Folge ungefährdet zum Sieg.
"Wir hätten Helio in jedem Fall noch überholt, denn wir waren einfach schneller", erinnerte sich Dixon, während Castroneves auf Revanche sinnt: "Ich will meinen Fehler aus der vergangenen Saison wieder gut machen, aber mir ist auch bewusst, dass wir dieses Mal eine ganze Menge Konkurrenten haben werden."
In der Tat: Nach sechs Ovalrennen in Folge ist Watkins Glen überhaupt der erste echte Rundkurs, der in der wiedervereinigten IndyCar-Saison 2008 auf dem Programm steht. Das ist natürlich gleichbedeutend mit der Frage, in wie weit sich die ehemaligen ChampCar-Teams jetzt gegen das IndyCar-Establishment behaupten können.
Dixon sieht das durchaus mit Skepsis: "Meine Siegchancen sind ziemlich schmal", vermutet der Gesamtführende, der am Sonntagabend als erster IndyCar-Pilot überhaupt auf einer IRL-Strecke vier Rennen in Folge gewinnen könnte. "Aber natürlich wäre es toll, wenn wir es noch einmal schaffen würden. Nur habe ich derzeit vor allem die Meisterschaft im Kopf."
Was machen die ChampCar-Piloten?

© IRL
Will Power sieht am Wochenende durchaus eine echte Siegchance Zoom
Als Favoriten will der Ganassi-Pilot daher einige der ehemaligen ChampCar-Piloten betrachten: "Sie werden sich fantastisch verkaufen. Rundkurse sind das Terrain, das sie gewohnt sind, man kann getrost sagen, viel intensiver, als wir das jemals waren. Und sie werden wahrscheinlich sehr entschlossen auftreten, denn bislang hatten wir ja so viele Ovale."
Einer der heißen Kandidaten ist Graham Rahal: "Wir sind jetzt ewig lange nicht mehr auf einer Rundstrecke gefahren", so der Newman-Haas-Pilot, der in St. Petersburg seinen bislang ersten und einzigen IndyCar-Erfolg holen konnte. "In St. Pete waren wir aus dem Stand heraus sofort schnell. Da gibt es sicher einige Jungs, die das Geschehen auf den Rundstrecken durcheinanderwirbeln können."
Will Power ist so einer und der Australier ist sich dessen auch bewusst: "Das ist eine großartige Strecke und die Sache ist die - wir können hier extrem gut aussehen und wir können sogar gewinnen", lautet die deutliche Kampfansage des KV-Piloten, der 2008 bereits das ChampCar-Abschiedsrennen in Long Beach für sich entscheiden konnte.
Sein Teamkollege Oriol Servia ist als Gesamtneunter zwar der bestplatzierte ChampCar-Pilot, doch der Spanier gibt sich weniger zuversichtlich: "Wir kämpfen immer noch gegen großartige Piloten aus starken Teams, die dieses Auto auf den Rundstrecken viele Jahre lang gefahren haben. Wir holen in vielen Bereichen auf, aber es ist ganz schwer vorherzusagen, was ein realistisches Ziel sein könnte."
Fokus auf der Gesamtwertung

© IRL
Hat Tony Kanaan in Richmond den Umschwung einleiten können? Zoom
Acht Piloten haben die großen drei IRL-Teams Ganassi, Penske und Andretti-Green zu Saisonbeginn ins Titelrennen geschickt, und es ist wenig überraschend, dass auch alle acht die Gesamtwertung anführen. Scott Dixon (Ganassi) hat sich einen komfortablen Vorsprung von 43 Punkten herausgefahren, doch der dreifache Saisonsieger bleibt misstrauisch.
"Es ist offenbar eine Saison, in der das Pendel bisher in meine Richtung ausgeschlagen ist", erklärte Dixon. "Das bringt zwar viel Selbstvertrauen, aber es ist noch ein ganz langer Weg. Helio ist extrem stark auf den Rundkursen, die jetzt kommen. Aber hoffentlich können wir den Ball am Rollen behalten."
Dicht hinter Castroneves lauert Dan Wheldon im zweiten Ganassi-Dallara auf Platz drei: "Es ist noch ein langer Weg bis zum Titel", bestätigt der Brite seinen Teamkollegen. "Ich bin schon lange genug im Geschäft, um sagen zu können, dass alles gut aussieht, wenn man nun einen Lauf starten kann. Wenn nicht, dann wird es schwierig."
Genau solch ein Momentum könnte auch Tony Kanaan durch seinen Sieg in Richmond initiiert haben, der als Vierter die Andretti-Green-Flagge hochhält: "Ich wusste, dass sich die Dinge irgendwann drehen werden, ich wusste nur nicht genau wann. Ich dachte, dass es bereits in Iowa soweit sein würde, aber dann habe ich einen Fehler gemacht. Aber wenn so etwas passiert, dann ist es meine Tendenz, daraus noch mehr Kraft zu beziehen, um eine Situation umzudrehen."
Eine Art Formel-1-Qualifying

© IndyCar
Helio Castroneves holte in Watkins Glen drei Pole Positionen in Folge Zoom
Für viel Spannung gleich auf mehreren Handlungsebenen ist also gesorgt. Das verspricht auch die Strecke in Watkins Glen, auf der laut Aussage der meisten Piloten an einigen Stellen durchaus überholt werden kann - und wahrscheinlich auch wird.
Dreimal in drei IndyCar-Rennen von Watkins Glen gewann zwar Scott Dixon, aber ebenfalls dreimal in drei IRL-Events auf dem "Glen" stand Helio Castroneves auf der Pole-Position. Über die Startaufstellung anno 2008 wird am Samstagabend übrigens zum ersten Mal in einem stark an die Formel 1 angelehnten Prozedere entschieden.
Die Amerikaner nennen dieses Verfahren "Knock-Out-Qualifying", bei dem in drei Runden jeweils die langsamsten der 27 Piloten herausfallen, bevor sechs verbliebene Fahrer in einer zehnminütigen Session die Pole Position, und die ersten drei Startreihen unter sich ausfahren.
Elf Kurven mit einer Rundenlänge von je 5,423 Kilometer gilt es für die IndyCar-Piloten am Sonntagabend zu meistern, wenn um 15:30 Uhr Ortszeit die Startflagge fällt. 'Premiere' überträgt den Camping World Grand Prix at the Glen am 6. Juli live ab 21:30 Uhr.

