Patrick in der Kritik - ist sie eine "Bad Lady"?
Danica Patrick ist schon mit so manchem Rennfahrerkollegen aneinander geraten, ihr Ruf ist nicht mehr absolut makellos, wie noch zu Beginn
(Motorsport-Total.com) - Mit Danica Patrick hat die IRL nicht nur eine bildhübsche Frau als Rennfahrerin, welche alleine aufgrund ihres Aussehens die Medien und Fans in Aufregung versetzt, mit ihr hat man zudem auch einen emotionalen, selbstbewussten und gelegentlich hitzköpfigen Querkopf im Feld - eine explosive Mischung also.

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Zumindest ihre Teamkollegen respektieren und schätzen Danica Patrick
Fans werden sich erinnern: In Indianapolis marschierte die aufgebrachte Rennamazone nach einer Kollision mit Ryan Briscoe in Richtung Penske-Box - und die Entschlossenheit ihres Schritts verhieß nichts Gutes. Doch nicht nur neben der Strecke zeigt Patrick gelegentlich auch Zähne - auch auf der Piste wird, wenn es sein muss, mit allen Bandagen gekämpft.#w1#
Patrick im Kreuzfeuer ihrer männlichen Kollegen
Ed Carpenter etwa ließ an der Andretti-Green-Pilotin kein gutes Haar und schimpfte nach dem Rennen in Iowa über die "üblichen Blockademanöver" von Patrick und bezeichnete sie aufgebracht gar als den "neuen Scott Sharp der Serie". Kein Zweifel, Patrick ist nach ihrem schillernden Auftritt in Japan, wo die Augen der ganzen Welt auf ihren emotionalen ersten Sieg gerichtet waren, etwas in Kritik geraten.
Auch Indy-500-Champion stieß in das gleiche Horn und nannte die 26-Jährige eine Bedrohung. Mit ihm war Patrick im Rennen in Iowa ebenfalls in ein Scharmützel verstrickt. IRL-Steward Brian Barnhart nahm die schnellste Frau der Welt zwar in Schutz, indem er erklärte, er könne nichts unsportliches an ihrer Fahrweise erkennen, sieht aber den Zeitpunkt gekommen, einige mahnende Worte in Richtung von Patrick zu schicken.
Denn Patrick ist bekannt dafür, ihre Position kämpferisch auf Biegen und Brechen zu verteidigen, wobei sich IRL-Rennen zumeist erst am Ende anhand der unterschiedlichen Tank- und Reifensparstrategien entscheiden und nicht mitten drinnen. Kooperation ist den IRL-Piloten wichtiger als in anderen Rennserien.
Patrick zeigt auf der Piste gerne die Zähne
"Die Jungs sind wegen ihr allmählich etwas frustriert", erklärte Barnhart. "Sie sollte etwas vorsichtiger sein, wenn die Dinge mit ihrem Auto nicht ganz wunschgemäß verlaufen. Sie sollte ihre Konkurrenten mit Respekt behandeln und wenn sie das nicht macht, könnte sie das noch Kopf und Kragen kosten."
Carpenter, Dixon und Briscoe sind nicht die einzigen Piloten, welche mit der schönen Rennamazone aneinander gerauscht sind: Vor etwa einem Jahr gerieten sich Patrick und Wheldon nach dem Rennen in Milwaukee in die Haare, wobei der Brite Patricks Attacken mit lockeren Macho-Sprüchen wegkonterte. Es ist die Frage, ob es an Patricks feuriger Persönlichkeit liegt oder an der Notwendigkeit, sich als weibliche Rennfahrerin mit etwas Nachdruck den Respekt ihrer männlichen Kollegen zu verschaffen, so dass es bisweilen neben der Strecke kracht.
Kritik lässt die Rennamazone abprallen...

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Im Rennwagen legt Danica Patrick ihre zarte Seite ab und kämpft wie ein Mann Zoom
Oder es ist die wohl in jedem Mann innewohnende Furcht, dass eine Frau ihm seinen Ruhm streitig machen könnte - und auf keine Branche dürfte das so sehr zutreffen, wie auf den von Männern beherrschten PS-Zirkus Motorsport mit seinen Selbstdarstellern. Es wird wohl wie immer eine Mischung aus allem sein. Patrick selbst quittiert die negativen Kommentare, mit denen sie jüngst so mancher Fahrer bedacht hat, mit einem Schulterzucken.
"Ich weiß nicht, ob ich durch meinen Sieg mehr zur Zielscheibe von Kritik werde. Ich versuche nicht darüber nachzudenken. Ich war in meiner ganzen Karriere nie anders. Ich war schon immer die selbe Person. Ich versuche beständig zu fahren und verfolge das Wochenende, wie jeder andere auch", erklärte Patrick während einer Pressekonferrenz.
"Und ich versuche nicht allzu viel Aufmerksamkeit dem zu bemessen, was um mich herum passiert und schaue nur auf mich selbst, weil ich am Ende eines Tages nichts gegen solche Emotionen oder negativen Kommentare machen kann. Idealerweise kriege ich davon nie etwas mit. Solche Sachen liegen nicht im Mittelpunkt meiner Konzentration", so die 26-Jährige.
...wie Tennisbälle
Die Angriffe der Kollegen kontert sie mit einem ironischen Kommentar: "Was diese Fahrer sagen, von wegen zu aggressiv zu fahren, das sind Sachen, welche die anderen natürlich nie machen", so Patrick und legte noch einen drauf: "Als Fahrerin versuche ich immer aggressiv zu sein. Wenn überhaupt war ich vergangenes Rennwochenende bei den Restarts zu wenig aggressiv. Dort habe ich viele Plätze verloren."
"Ich weiß nicht, wo die Kommentare herkommen. Und ich kann nichts dagegen tun. Ich kann leider daher nicht allzu viel darüber sagen." Die aufkeimende Kritik erklärt der weibliche Superstar mit ihrer ungeheuren Popularität, als dass es an ihrer zu überschäumenden Fahrweise liege. Denn, wer so berühmt sei, auf den werde besonders geachtet und jede Aktion, jeder Fehler wird mit der Lupe untersucht.
Natürlich, räumt sie ein, sei es auch Teil ihres feurigen Temperaments: "Ich denke, dass mir bei meiner Natur und meiner Popularität viel Aufmerksamkeit zukommt, sowohl positive, als auch negative. Auf so was muss man vorbereitet sein. Und man muss mit so einer Situation zurechtkommen. Ich weiß, dass mich viele Dinge, die ich mache, in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit setzen. Und wenn jemand was dazu sagt, hören ihm die Leute eben zu. Mehr kann ich dazu nicht sagen."
Parallelen zu Tony Stewart oder Juan Pablo Montoya?
Im Rennsport hat nahezu jede Rennserie ein "enfant terrible", einen "Bad Guy", der mit seiner unkonventionellen und bisweilen ruppigen Art die Gemüter der Fans spaltet, die Rennserie aber dadurch interessanter macht. In der Formel 1 war es lange Zeit Juan Pablo Montoya, in der NASCAR sind es Tony Stewart und Kyle Busch, welche die polarisierenden Gestalten darstellen. Analog hat Patrick momentan ein wenig das Image einer "Bad Lady". Doch in so einer Rolle sieht sich Patrick nicht, selbst als sie Carpenter als neuen Scott Sharp bezeichnet hat.
"Ich denke nicht, dass man es sich aussuchen kann, ein 'Bad Guy' zu sein. Ich denke, in einer idealen Welt würde ich jedermanns Herz gewinnen und wäre ein Liebling und wäre gleichzeitig zäh auf der Strecke und hätte tolle Resultate, das wäre ideal und die Leute würden mich von diesem Standpunkt her mögen. Aber leider bekommt man, wenn man populär ist, sowohl positive als auch negative Aufmerksamkeit. Ich habe über so was keine Kontrolle", zuckt Patrick mit den Schultern.
Eines hat die 26-Jährige ihren bislang eher farblosen rennfahrenden Kolleginnen wie Milka Duno oder Sarah Fisher voraus: Es ist nicht nur ihr bestechender Erfolg und nicht nur ihr tadelloses Äußeres, Patrick ist zudem zu einer echten Persönlichkeit mit klaren Konturen, mit charakterlichen Rundungen und Kanten geworden. IRL-Boss Tony George jedenfalls wird alles daransetzen, um seine größte Trumpfkarte möglichst dauerhaft in der IRL zu halten.

