• 17.04.2013 09:15

  • von Pete Fink

Long Beach: Der Klassiker mit 27 IndyCars

An diesem Wochenende steht das prestigeträchtige IndyCar-Flagschiff von Long Beach an: 27 Teams gemeldet - bleibt die Andretti-Siegesserie bestehen?

(Motorsport-Total.com) - Der erste IndyCar-Klassiker des Jahres steht an. Oder um es ganz kurz und knapp zu formulieren: Der Toyota Grand Prix von Long Beach ist neben den 500 Meilen von Indianapolis das zweite wirklich bedeutende Top-Event im US-amerikanischen Formelsport. Aus gutem Grund: Long Beach ist schlicht und ergreifend ein Rennen mit Kultstatus und einem enormen Flair, das seit vielen Jahren ein weltweites Interesse auch weit über die Grenzen Südkaliforniens hinaus genießt.

Titel-Bild zur News: Josef Newgarden, Dario Franchitti

Die erste Kurve von Long Beach: Hier krachte es in der Vergangenheit desöfteren

Auf den Straßen rund um das Convention Center am Hafen von Long Beach und in Sichtweite der Queen Mary versammelten sich in der Vergangenheit an allen drei Tagen nicht selten über 300.000 Zuschauer, unter denen sich auch gerne der eine oder andere Prominente aus dem nahe gelegenen Los Angeles ein Stelldichein in der Startaufstellung gibt. Vielleicht noch begründeter als St. Petersburg wird Long Beach deshalb gerne das "Monaco der USA" genannt.

Das schätzen auch die Piloten. "Long Beach ist eine riesige Motorsportparty", weiß Graham Rahal. "Die Atmosphäre in der Stadt ist unglaublich und das ist der Grund, warum dieses Rennen so populär geworden ist." In der Tat: Long Beach war ein Grund, warum die über ein Jahrzehnt anhaltende Fehde zwischen CART und der IRL überhaupt so lange andauern konnte. Denn was für die IRL das Indy 500 war, war für Kevin Kalkhoven und Co. Long Beach: das absolute ChampCar-Flagschiff.

Wie wichtig Long Beach ist, verdeutlicht die Wiedervereinigungssaison 2008. Damals siegte Will Power in einem eigens organisierten Abschiedsrennen der ChampCars, während Danica Patrick am gleichen Wochenende im japanischen Motegi ihr erstes und einziges IRL-Rennen gewann. Als 2009 endlich der komplette IndyCar-Tross an die kalifornische Westküste zog, gab der sechsmalige Long-Beach-Triumphator Al Unser Jr. zu Protokoll: "Ich freue mich ganz besonders darauf, in den Straßen von Long Beach wieder die IndyCars sehen zu dürfen, die später auch das Indy 500 fahren werden. So war es zu meiner Zeit in den 1980er und 1990er Jahren."

Power oder wieder nicht Power?

2009 gewann übrigens Dario Franchitti und führte später eine statistische Besonderheit fort, die nur das Ganassi-Team betrifft: Immer wenn einer der roten Target-Renner Long Beach gewinnt, dann holt er sich später auch den Titel. So geschehen 1996 (Jimmy Vasser), 1997 und 1998 (Alex Zanardi) und 1999 mit Juan Pablo Montoya. Ebenfalls in der Auflage von 2009 gab es ein völlig überraschendes Comeback von Helio Castroneves, der nur wenige Stunden zuvor seinen Steuerprozess beendete und ohne jegliche Vorbereitung Siebter wurde.

Will Power

Long-Beach-Sieg im Vorjahr: Endet die Pechsträhne von Will Power? Zoom

2010 sicherte sich Ryan Hunter-Reay mit seinem Long-Beach-Erfolg ein Vollzeitcockpit bei Andretti Autosport. Dieser Sieg gilt deswegen heute noch als Initialzündung dafür, dass sein Titelgewinn 2012 überhaupt möglich wurde. 2011 stand Mike Conway zum bislang einzigen Mal in der Victory Lane eines IndyCar-Rennens. Der Brite wird in der laufenden Saison 2013 zum ersten Mal antreten und sitzt in einem dritten Rahal-Honda mit der Startnummer 17. Der Vorjahressieger heißt Will Power, der damals mit einer Zweistopp-Strategie von Startplatz 12 aus gewann. Auch dieses Rennen schrieb IndyCar-Geschichte, weil alle Chevy-Teams nach einem Motoren-Update kollektiv um zehn Startplätze nach hinten versetzt wurden.

Apropos Power: Sollte der schnelle Australier in Diensten von Roger Penske an diesem Wochenende wieder nicht gewinnen können, dann ist er tatsächlich ein ganzes Jahr sieglos geblieben. Sein letzter Erfolg stammt aus Sao Paulo im April 2012, wo der IndyCar-Tross in 14 Tagen gastieren wird. Neben Power und Castroneves sitzt auch wieder A.J. Allmendinger in einem dritten Penske-Chevy. Der Kalifornier wird auch das Indy 500 bestreiten - dem Vernehmen nach kann es 2013 bis zu acht Allmendinger-Einsätze geben.


Eine virtuelle Runde in Long Beach

Weder Penske noch Ganassi standen in der Saison 2013 bisher in der Victory Lane - Andretti Autosport ist noch ungeschlagen. In der Gesamtwertung führen interessanterweise aber Helio Castroneves (Penske) und Scott Dixon (Ganassi), die in beiden Rennen in den Top 5 landeten. Erst danach folgen die drei Andretti-Boys Ryan Hunter-Reay, Marco Andretti und James Hinchcliffe. Hunter-Reay siegte im Barber Motorsports Park, Hinchcliffe zu Saisonbeginn in St. Petersburg und der wiedererstarkte Marco Andretti holte die Plätze drei und sieben.

Was machen die Außenseiter?

Die Kampfansage steht: "Long Beach ist eines meiner Lieblingsrennen", sagt IndyCar-Champion Hunter-Reay. "Wir versuchen, wieder ein fehlerfreies Wochenende hinzulegen." Soll heißen: Die wichtige Pole-Position und der Sieg. Das ist auch nötig, wie Rivale Dixon weiß: "Wenn du heute nur ein paar Zehntelsekunden liegen lässt, dann haut dich das in der Startaufstellung gleich um fünf oder sechs Plätze nach hinten. Die Konkurrenz ist wirklich extrem stark geworden und das wird sich im Saisonverlauf wohl noch weiter intensivieren."

Dario Franchitti, Simon Pagenaud, Josef Newgarden

Dario Franchitti vor Simon Pagenaud: Beide haben Nachholbedarf Zoom

In der Tat: Zum Beispiel das starke französische Doppel Simon Pagenaud und Tristan Vautier (Schmidt-Honda) könnten die nächsten Piloten sein, die zum ersten Mal auf der obersten Stufe des Podiums stehen. Pagenaud wurde im Vorjahr mit einer Dreistopp-Strategie hervorragender Zweiter. Bei KV Racing mit Tony Kanaan und Simona de Silvestro will man die Barber-Formkrise vergessen machen. Die Schweizerin urlaubte nach Barber im Kreise der Familie in Florida, wo sie auch viel mit Teamkollege Kanaan unternahm.

Aufgrund der Leistungsdichte des IndyCar-Feldes und auch aufgrund der bisherigen Rennverläufe sind inLong Beach Überraschungen nicht ausgeschlossen. Takuma Sato (Foyt-Honda) oder Justin Wilson (Coyne-Honda) besitzen genauso eine Außenseiterchance wie etwa ein Sebastien Bourdais (Dragon-Chevrolet), der sich vielleicht an seine drei Long-Beach-Siege 2005 bis 2007 erinnern kann. Die Strecke kennt der Franzose jedenfalls aus dem Eff-Eff.

Seit dem Long-Beach-Debüt 1975 gab es insgesamt neun Streckenvarianten. Das aktuelle Layout mit 1,97 Meilen oder 3,17 Kilometern und elf Kurven existiert seit dem Jahr 2000. Die wohl spektakulärste Stelle ist die enge Haarnadelkurve am Ende der Runde, die in der Vergangenheit für unzählige Turbulenzen gesorgt hat. Von dort aus beschleunigen die IndyCar-Boliden aus dem ersten Gang heraus die Uferlinie entlang auf bis zu 300 Stundenkilometer. Nach den Regenfällen der Vorsaison ist der Wetterbericht in diesem Jahr perfekt: An allen drei Tagen gibt es das klassische Long-Beach-Wetter mit viel Sonne und Temperaturen um die 25 Grad Celsius.

Die Meldeliste für Long Beach:

01. 1 Ryan Hunter-Reay (Andretti-Chevrolet)
02. 2 A.J. Allmendinger (Penske-Chevrolet)
03. 3 Helio Castroneves (Penske-Chevrolet)
04. 4 J.R. Hildebrand (Panther-Chevrolet)
05. 5 Ernesto Viso (Andretti-Chevrolet)
06. 6 Sebastian Saavedra (Dragon-Chevrolet)
07. 7 Sebastien Bourdais (Dragon-Chevrolet)
08. 9 Scott Dixon (Ganassi-Honda)
09. 10 Dario Franchitti (Ganassi-Honda)
10. 11 Tony Kanaan (KV-Chevrolet)
11. 12 Will Power (Penske-Chevrolet)
12. 14 Takuma Sato (Foyt-Honda)
13. 15 Graham Rahal (Rahal-Honda)
14. 16 James Jakes (Rahal-Honda)
15. 17 Mike Conway (Rahal-Honda)
16. 18 Ana Beatriz (Coyne-Honda)
17. 19 Justin Wilson (Coyne-Honda)
18. 20 Ed Carpenter (Carpenter-Chevrolet)
19. 22 Oriol Servia (Dreyer/Reinbold-Chevrolet)
20. 25 Marco Andretti (Andretti-Chevrolet)
21. 27 James Hinchcliffe (Andretti-Chevrolet)
22. 55 Tristan Vautier (Schmidt-Honda)
23. 67 Josef Newgarden (Fisher-Honda)
24. 77 Simon Pagenaud (Schmidt-Honda)
25. 78 Simona de Silvestro (KV-Chevrolet)
26. 83 Charlie Kimball (Ganassi-Honda)
27. 98 Alex Tagliani (Herta-Honda)

Der Zeitplan von Long Beach:

Freitag:

19:30 - 20:15 Uhr: Erstes Freies Training
23:30 - 00:15 Uhr: Zweites Freies Training

Samstag:

19:40 - 20:25 Uhr: Drittes Freies Training
ab 23:00 Uhr: Qualifikation

Sonntag:

18:00 - 18:30 Uhr: Warmup
ab 22:45 Uhr: Toyota Grand Prix of Long Beach

Alle Long-Beach-Sieger auf einen Blick:

2012: Will Power
2011: Mike Conway
2010: Ryan Hunter-Reay
2009: Dario Franchitti
2008: Will Power (Abschiedsrennen der ChampCars)
2007: Sébastien Bourdais
2006: Sébastien Bourdais
2005: Sébastien Bourdais
2004: Paul Tracy
2003: Paul Tracy
2002: Michael Andretti
2001: Helio Castroneves
2000: Paul Tracy
1999: Juan Pablo Montoya
1998: Alex Zanardi
1997: Alex Zanardi
1996: Jimmy Vasser
1995: Al Unser Jr.
1994: Al Unser Jr.
1993: Paul Tracy
1992: Danny Sullivan
1991: Al Unser Jr.
1990: Al Unser Jr.
1989: Al Unser Jr.
1988: Al Unser Jr.
1987: Mario Andretti
1986: Michael Andretti
1985: Mario Andretti
1984: Mario Andretti
1983: John Watson (Formel 1)
1982: Niki Lauda (Formel 1)
1981: Alan Jones (Formel 1)
1980: Nelson Piquet (Formel 1)
1979: Gilles Villeneuve (Formel 1)
1978: Carlos Reutemann (Formel 1)
1977: Mario Andretti (Formel 1)
1976: Clay Regazzoni (Formel 1)
1975: Brian Redman (Formel 5000)