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Barber-Show: Hunter-Reay kämpft Ganassi und Penske nieder
Alles drin in Alabama: IndyCar-Champion Ryan Hunter-Reay wehrt sich erfolgreich gegen Scott Dixon, Helio Castroneves und Will Power
(Motorsport-Total.com) - Hunter-Reay, Dixon, Castroneves. Oder: Andretti, Ganassi, Penske. Die großen Drei der IndyCar-Teams boten am Sonntagabend beim Honda Indy Grad Prix von Alabama im Barber Motorsports Park ein mitreißendes IndyCar-Spektakel, das alles beinhaltete, was die angeschlagene Serie benötigt. Harte Zweikämpfe, jede Menge Überholmanöver unter Grüner Flagge und dazu noch ein knallhartes Strategiematch in Sachen Benzin und Reifen.

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Ryan Hunter-Reay musste für seinen Barber-Erfolg hart kämpfen Zoom
Die Kurzfassung: Champion Ryan Hunter-Reay gewann von der Pole-Position aus, obwohl Team Penske mit Helio Castroneves (3.) und Will Power (5.) gegen Rennmitte das Ruder fast schon herumgerissen hatte. Dahinter mischte auch Scott Dixon kräftig mit, der sich am Ende als der härteste Hunter-Reay-Konkurrent entpuppte, aber zum vierten Mal in vier Barber-Rennen als Zweiter ins Ziel kam.
"Ich habe mir meinen Hintern abgefahren", kommentierte Hunter-Reay die finale Verfolgungsjagd über 15 Runden, in der ihm Dixon dicht im Genick saß. Es war sein insgesamt zehnter IndyCar-Erfolg. In Alabama stand der Andretti-Pilot bisher noch nie in den Top 10 und lobte sein Team dementsprechend: "So ein gutes Auto hatten wir hier noch nie." Ganassi-Pilot Dixon hingegen nahm seine vierte Silbermedaille in Folge nicht ganz zufrieden zur Kenntnis: "Wir hatten heute das schnellste Auto, aber im Prinzip nie freie Fahrt."
Neuer IndyCar-Tabellenführer mit 79 Punkten ist Helio Castroneves, der nach Rang zwei in St. Petersburg als Dritter erneut auf das Podium fahren konnte. Nach den letzten Boxenstopps rund 20 Runden vor dem Ende lag der Penske-Pilot noch in Front, musste sich dabei jedoch die härteren Blacks aufschnallen lassen. Hunter-Reay und Dixon fuhren gleichzeitig auf den weicheren Reds, weshalb Castroneves im Finale keine Chance mehr hatte.
Turbulenter Start - auch für Hinchcliffe

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Kurve eins in Barber: Will Power kommt außen zweimal in den Dreck Zoom
"Direkt nach dem Start mussten wir unsere Strategie ändern und aggressiver an die Sache herangehen", schilderte der "Spiderman". "Der Preis, den wir dafür bezahlt haben, war die Reifenstrategie. Es waren noch knapp 20 Runden zu fahren und mir war schon von Beginn an klar, dass das nicht funktionieren wird." Am Ende brummten Hunter-Reay und Dixon dem Penske-Chevy rund 17 Sekunden auf.
In der Tat ging es im sonnigen Barber Motorsports Park bei besten äußeren Bedingungen sofort nach dem Fallen der Grünen Flagge rund. Während Pole-Mann Hunter-Reay alles im Griff hatte, geriet Power nach einem suboptimalen Start auf der Außenbahn unter Bedrängnis. Innen schoben sich Tristan Vautier (Schmidt-Honda), Charlie Kimball (Ganassi-Honda) und Marco Andretti (Andretti-Chevy) durch. Dahinter entstand ein Kuddelmuddel, das Power, Dixon und Castroneves in den Staub brachte.
Die Höhepunkte von Alabama
Kaum hatte das Feld die heiklen Kurven eins und zwei hinter sich gebracht, krachte es im Museumskomplex im Hinterfeld, als sich beim Anbremsen eine Kettenreaktion entwickelte. Oriol Servia (Dreyer/Reinbold-Chevy; 15.) und Graham Rahal (Rahal-Honda; 21.) erwischte es mit kleineren Schäden, während St-Pete-Sieger James Hinchcliffe (26.) in der folgenden Gelbphase ohne Vortrieb ausrollte. Kurios: Nachdem der Andretti-Chevy an der Box war und wieder auf die Strecke fuhr, machte sich vor Kurve fünf ein Hinterrad selbstständig.
Noch kurioser: Weil das Auto in der nächsten Gelbphase geborgen werden sollte, blieb Hinchcliffe im giftgrünen Andretti-Chevy sitzen. Das Problem: Es kam im gesamten Rennverlauf zu keiner weiteren Gelbe Flagge mehr. Der 26-jährige Kanadier saß also sage und schreibe 72 (!) Runden lang in seinem Auto, bevor er schließlich das Handtuch warf: "Das nächste Mal nehme ich mir ein Handy mit, damit ich wenigstens den Pizza-Lieferservice anrufen kann", scherzte Hinchcliffe.
Penske zu Strategieänderungen genötigt

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Skurril: James Hinchcliffe saß 72 Runden in seinem Andretti-Chevy Zoom
Beim einzigen Restart des Rennens in Runde vier wurde Power prompt ein zweites Mal weit nach außen getragen, was ihn auf Rang neun zurückwarf. "Ich kam einfach in den Dreck, mehr gibt es dazu nicht zu sagen", kommentierte der Australier. Weil auch Castroneves von Startplatz sechs aus den Top 10 herausgefallen war, war plötzlich IndyCar-Rückkehrer A.J. Allmendinger, der sich nach zwei sauberen Starts auf Rang sieben nach vorne gekämpft hatte, bester Penske-Pilot. An der Penske-Box rauchten nun die Strategieköpfe.
Von dem ganzen Tohuwabohu unbeeindruckt setzte Hunter-Reay vorne die Segel, während dahinter Vautier und Kimball in einen intensiven Kampf um Platz zwei verwickelt waren. Nach 20 Runden hatte der gelbe Andretti-Chevy mit der Startnummer 1 satte neun Sekunden Vorsprung herausgefahren. Dixon hatte derweil Andretti und Justin Wilson im Dale-Coyne-Honda hinter sich gelassen und schloss langsam aber sicher auf das Kampfduo auf.
Im sehr gut besuchten Barber Motorsports Park, wo man kurz vor dem Start übrigens eine Verlängerung bis einschließlich 2016 unterschrieben hatte, war eigentlich eine Dreistopp-Strategie zu erwarten. Castroneves, Dario Franchitti im zweiten Ganassi-Honda und Simon Pagenaud im zweiten Schmidt-Honda lagen allesamt nicht in den Top 10 und drückten daher bereits in Runde 19 massiv auf den Strategieknopf.
Ab Runde 23 begann dann der Reigen der ersten regulären Stopps, die in Vautier und Wilson zwei große Verlierer sahen. Beide erlebten einen langsamen Boxenaufenthalt, der Franzose kam in Kurve 1 zudem von der Strecke ab. Power wiederum zeigte eine andere Strategie: Der Penske-Pilot blieb sogar über das reguläre Benzinfenster (27 Runden) hinaus auf der Strecke und kam erst in Runde 32 zum Tanken. Der Lohn der freien Fahrt: Power ordnete sich auf Rang fünf wieder ein.
Hunter-Reay plötzlich unter Druck
So lautete die Reihung nach dem ersten Renndrittel: Hunter-Reay, Castroneves, Kimball, Dixon, Power, Franchitti, Pagenaud, Vautier, Andretti und Allmendinger. Die große Frage lautete nun, ob Powers Chefstratege und Penske-Präsident Tim Cindric den schnellen Australier tatsächlich auf eine Zweistopp-Strategie umgepolt hatte? Und wie würde sich die aggressive Off-Sequence-Strategie von Castroneves, Franchitti und Pagenaud auswirken?
Eine erste Antwort kam in Runde 43, als das Trio zum zweiten Mal früh beim Tanken war - zumindest im Fall Franchitti. Der vierfache IndyCar-Champion strandete mit einem gebrochenen Krümmer an der Box. Nach Platz 25 in St. Petersburg erneut Platz 25 in Barber. Für den erfolgsverwöhnten Schotten ein wahrer Horrorstart in die neue IndyCar-Saison. Etwas überraschend kamen nur eine Runde später auch Hunter-Reay und Dixon wieder an die Box. Beide hatten sich dazu entschlossen, einen extrem kurzen Mittelstint auf den härteren Blacks zu fahren.
Daraufhin entwickelte sich an der Spitze ein munterer Dreikampf: Spritsparer Power hatte Hunter-Reay und Castroneves im Genick sitzen und der "Spiderman" griff an: In Runde 48 überholte er beim Anbremsen in Turn 5 Hunter-Reay, der bis dato quasi eine sonntägliche Spazierfahrt im Park unternommen hatte. Nun lagen plötzlich zwei Penske-Chevys in Front. Zwei Runden später kassierte Castroneves auch noch Power und machte sich auf und davon, während Hunter-Reay hinter dem Australier festhing.
"Will war im Spritsparmodus, aber er hat es trotzdem geschafft, mich hinter ihm zu halten", schilderte Hunter-Reay die folgenden Runden. "Ein sagenhafter Job." In der Tat: Castroneves drückte nun mächtig auf das Gaspedal, während hinter Power und Hunter-Reay die Verfolger aufschließen konnten. Diese hießen Kimball, Dixon und Pagenaud. Vautier, Andretti, Wilson und Josef Newgarden im Fisher-Honda rundeten die Top 10 ab.
Castroneves ohne Chance
In Runde 60 hatte Castroneves zehn Sekunden Vorsprung auf seine Verfolger herausgefahren, als Power endlich zu seinem zweiten und letzten Tankstopp abbog. Tatsächlich: Das Penske-Team riskierte bei seiner Startnummer 12 eine Zweistopp-Strategie. Der Serviceaufenthalt warf Power von Platz zwei auf neun zurück. Dann begann die Runde der letzten Tankstopps, im Rahmen derer A.J. Allmendinger seinen Penske-Chevy abwürgte. Seine Bilanz: "Bis zu diesem Stopp war es ein guter Tag, ich hätte eine Chance auf die Top 10 gehabt." Zu diesem Zeitpunkt schnupperte der NASCAR-Gaststarter noch daran, kam am Ende aber nur als 19. ins Ziel.

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Ganassi, Andretti, Penske: Die "Big Three" auf dem IndyCar-Podium Zoom
Als das komplette Feld nach Runde 71 seinen letzten Service hinter sich gebracht hatte, lag Castroneves zwar immer noch vorne, Hunter-Reay hatte aber bei freier Fahrt bereits etwa die Hälfte seines Rückstandes gutgemacht. Dixon lauerte als Dritter knapp dahinter und fuhr jetzt noch schnellere Rundenzeiten als das Spitzenduo. Ein Zusammenschluss der "Big Three" war unvermeidbar und dieser sollte auch sehr schnell kommen.
In Runde 75 griff Hunter-Reay in Kurve fünf den quasi wehrlosen Castroneves an. Dixon hatte direkt dahinter beste Sicht auf dieses Manöver und tat es dem IndyCar-Champion eine Runde später gleich. Das war die Vorentscheidung: Castroneves war auf seinen Blacks ab diesem Moment auf Rang drei gepolt, was der brasilianische IndyCar-Routinier auch solide erledigte. Doch der Kampf um den Barber-Sieg war noch nicht entschieden.
KV-Duo steckt im Mittelfeld fest
Dixon knabberte pro Runde teilweise vier Zehntelsekunden von seinem Rückstand ab, brachte sich aber niemals in den direkten Windschatten des gelben Andretti-Chevys. Auch das Duell der verbliebenen Push-to-Pass-Einsätze stand nahezu unentschieden, was Hunter-Reay einige Male die entscheidenden Meter sicherte. Am Ende wies Dixon einen Rückstand von 0,606 Sekunden auf Sieger Hunter-Reay auf.

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Für Simona de Silvestro ging am Sonntagabend gar nichts Zoom
Hinter Castroneves sicherte sich ein immer besser in Schwung kommender Kimball Platz vier gegen Spritsparer Power, der durch die letzten Tankstopps der Konkurrenz zeitweise wieder auf Position vier nach vorne gespült worden war. Rang sechs ging an Pagenaud vor Andretti, Wilson, Newgarden und Rookie Vautier. Das KV-Duo Tony Kanaan (13.) und Simona de Silvestro (18.) steckte meist im Mittelfeld fest und spielte daher nie eine Rolle.
Kein Zweifel: Die beiden Auftaktrennen der IndyCar-Saison 2013 in St. Petersburg und am Sonntagabend im Barber Motorsports Park haben großen Appetit auf mehr IndyCar-Racing gemacht. Die dritte Station folgt bereits in zwei Wochen am 21. April auf dem altehrwürdigen Straßenkurs von Long Beach. Der Vorjahressieger des kalifornischen IndyCar-Klassikers heißt Will Power, der im Kampf um die Krone 2013 als aktueller Gesamtachter bereits einigen Druck verspürt.

