• 11.03.2009 15:27

  • von Pete Fink

Erste Details zum Castroneves-Prozess

Das Durcheinander um die Zahlungen an Helio Castroneves ist auch nach Prozessbeginn nicht kleiner geworden - Prozessausgang völlig ungewiss

(Motorsport-Total.com) - Im Steuerprozess um Helio Castroneves kommt nach und nach das erste Licht ins Dunkel, was aber die bis dato schon reichlich verworrene Situation um den angeklagten Penske-Piloten nicht zu klären vermag. Im Gegenteil. Der Sachverhalt entpuppt sich als ein juristisches und finanztechnisches Bewertungsgerangel um die steuerliche Handhabung von fünf der insgesamt sechs Millionen US-Dollar, die Castroneves Ende 1999 von Roger Penske erhalten hat - oder besser gesagt: Erhalten sollte.

Titel-Bild zur News: Helio Castroneves

Wann kann sich "Spiderman" Castroneves wieder aufs Rennfahren konzentrieren?

Hier die im Prozessverlauf ans Tageslicht gekommenen Fakten: Ende 1999 sollte eigentlich der am 31.Oktober 1999 in Fontana ums Leben gekommene Greg Moore ein Penske-Cockpit erhalten. Nach Moores Tod verpflichtete Penske den damals erst 24-jährigen Castroneves, und tauschte auf dem Vertragspapier einfach Name und Summe handschriftlich aus.#w1#

Eine Million der insgesamt sechs Millionen US-Dollar Gage erhielt Castroneves sofort, doch dessen Anwalt und Berater Alan Miller bat Penske darum, die restlichen fünf Millionen, vorgesehen zur Zahlung an die panamesische Firma Seven Promotions, zunächst einzubehalten. Im Januar 2003 wurde dieses Geld dann offenbar auf die Konten der niederländischen Firma Fintage Licensing umgeleitet, wo es bis heute liegt.

"Constructive Receipt" vs. "Deferred Royalty Plan"

Während die US-Steuerbehörden diesen Vorgang als "konstruktiven Erhalt" der kompletten Vertragssumme von sechs Millionen US-Dollar definieren wollen, sehen die Castroneves Verteidiger in diesem Sachverhalt eine sogenannte "zurückgestellte Lizenzvereinbarung". Die Begründung: "Einfache Athleten verfügen in ihrer Jugend nur über eine kurze Periode an ökonomischer Produktivität", zitiert die 'AP' Miller-Verteidiger Robert Bennett.

Helio Castroneves

Helio Castroneves steht nach wie vor im Nebel der Steuerbehörden Zoom

"Sie sind möglicherweise nicht in der Lage, mit diesem Geld vernünftig umzugehen, wenn sie alles auf einmal bekommen." Im Fall Castroneves sei das Szenario also so konstruiert worden, dass der Brasilianer im Mai 2009, mittlerweile zehn Jahre reifer und älter, die fünf Millionen US-Dollar erhalten, und die dann fälligen Steuerzahlungen rückwirkend beglichen hätte. So zumindest die Verteidigung.

Demgegenüber beharren die US-Steuerbehörden darauf, dass Castroneves die fraglichen fünf Millionen US-Dollar schon Ende 1999 erhalten habe, und dementsprechend auch sofort zu versteuern gehabt hätte. Die Behörden unterstellen Castroneves zudem, dessen Ziel sei ein Verlassen der USA, etwa ins Steuerparadies Monaco, um dort mit diesem Geld ein schönes Leben zu führen. Die fälligen 1,5 Millionen US-Dollar an Steuergeldern wären also verloren.

Geht es noch ein wenig komplizierter?

Sowohl ein "konstruktiver Erhalt", als auch eine "zurückgestellte Lizenzvereinbarung" sind zwei hochkomplexe und kontrovers diskutierte US-Steuersachverhalte. Fraglich ist zudem nach wie vor, ob und inwieweit Castroneves eine Kontrolle über die Fintage Licensing, und/oder über die panamesische Firma Seven Promotions hatte oder hat. In beiden Fällen wäre solch ein Vorgehen in jedem Falle illegal.

Helio Castroneves

Schwer vorstellbar: Vollblutrennfahrer Castroneves auf der Couch in Monaco? Zoom

Die Steuerbehörden argumentieren zudem, dass Castroneves selbst in dem Fall Steuern zu zahlen hatte, als die fragliche Summe noch bei Roger Penske lagerte, denn, so die Logik: Selbst wenn der Brasilianer die ihm zustehenden fünf Millionen US-Dollar nicht in Empfang nehmen wollte, entbinde ihn dieses nicht von der Pflicht, dafür Steuern zu bezahlen.

Auf gut Deutsch: Die zu klärende Frage lautet im Prinzip, ob man dem Staat Steuern schulden kann, ohne das Geld dafür gesehen zu haben. Ein furchtbar komplizierter Sachverhalt also, dessen Ausgang völlig ungewiss ist. In einem Punkt liegen die Steuerbehörden wohl in jedem Falle falsch, denn das einzige Interesse Castroneves' dürfte die schnellstmögliche Rückkehr in sein Penske-Cockpit sein.