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  • 02.06.2023 14:34

  • von Charles Bradley, Übersetzung: Andre Wiegold

"Dragon-weave" beim Indy 500: Fahrer geteilter Meinung über Taktik

Um einen Hintermann abzuschütteln, nutzen die Fahrer beim Indy 500 der IndyCar-Serie gerne den "Dragon-Weave" - Dazu wird die Einfahrt in die Boxengasse genutzt

(Motorsport-Total.com) - Der Windschatten ist beim Indianapolis 500 der IndyCar-Serie enorm wichtig, um eine Chance zu haben, den Vordermann zu überholen. Deshalb versucht der Führende mit allen Tricks und Kniffen, den Hintermann abzuschütteln, der wiederum alles gibt, um am vorausfahrenden Piloten heranzukommen. Ein beliebtes Manöver nach Kurve 4 ist der so genannte "Dragon-Weave", der allerdings wegen der waghalsigen Manöver an der Boxeneinfahrt umstritten ist.

Titel-Bild zur News: Josef Newgarden, Marcus Ericsson

Josef Newgarden verteidigt seine Führung gegen Marcus Ericsson Zoom

Simon Pagenaud nutzte diese Strategie 2019 zum ersten Mal, um seine Verfolger abzuschütteln und Penske den Sieg zu schenken. Seitdem ist das Manöver auf dem 2,5 Meilen (vier Kilometer) langen Oval von Indianapolis immer häufiger zu sehen. Nach Kurve 4 machen die Fahrer einen großen Bogen in Richtung Boxeneinfahrt, sodass der Hintermann den Slipstream verliert. Josef Newgarden setzte sich auf diese Weise 2023 gegen Marcus Ericsson durch.

Teilweise kommen die Piloten der Boxenmauer haarsträubend nahe, wenn sie wieder auf die eigentliche Ideallinie einschwenken. Dabei werden Geschwindigkeiten von über 360 Kilometer pro Stunden erreicht. Da diese Stelle als besonders gefährlich gilt, ist das Manöver nicht bei allen Fahrern beliebt, es verstößt aber nicht gegen das IndyCar-Reglement.

Ein Fahrer, der nicht namentlich genannt werden möchte, sagt gegenüber unserer englischsprachigen Mutterseite 'Motorsport.com': "Vorne an der Spitze in Richtung Boxengasse zu fahren, das funktioniert, weil die Sicht klar ist. Aber wenn es weiter hinten passiert, wo man zu zweit nebeneinander fährt, ist es etwas anderes. Man stelle sich vor, da fährt jemand in die Boxenmauer. Dann wird es ein bisschen unprofessionell."

Auch Newgarden, der mit dieser Strategie gewann, ist kein großer Fan des Manövers, aber da er nicht bestraft wurde, musste auch er alle Register ziehen, um den Sieg nach Hause zu fahren. "Es ist unmöglich, es nicht zu fahren, weil es sonst zu einfach ist, einem Auto zu folgen", erklärt der Indy-500-Sieger von 2023, der in der letzten Runde auf den Dragon-weave zurückgriff.

"Ich wäre fast in die Boxengasse gefahren, aber es ist legal, mehr kann ich dazu nicht sagen", so Newgarden. "Sie haben klar gesagt, dass es keine Strafe gibt, wenn man die [gestrichelte] Linie [an der Boxeneinfahrt] überfährt. Sie haben es auch vergangenes Jahr nicht bestraft und so sollte es auch dieses Jahr sein. Wenn die Zielflagge kommt, tue ich alles, um das Rennen zu gewinnen."

Da Ericsson dem Penske-Piloten im Nacken saß, musste Newgarden besonders "aggressiv" vorgehen, um den Schweden abzuschütteln. "Wenn man vorne ist, ist man in einer schwierigen Position. Ich bin kein Fan davon", gibt Newgarden zu. Ericsson, der selbst versuchte, seine zwischenzeitliche Führung mit einem weniger aggressiven Dragon-weave zu behaupten, folgte Newgarden bis über die gestrichelte Linie. Er widersprach seinen Fahrerkollegen: "Ich denke, wir können so weitermachen. Ich fand es nicht so schlecht."

Auch Santino Ferrucci, der das Rennen als Dritter beendete, sieht keinen Handlungsbedarf. "Es ist die Entscheidung des Fahrers", sagt er. "Ich glaube nicht, dass wir dort eine Regel für Tracklimits brauchen. Schließlich riskieren die Fahrer ihr Leben, wenn sie das tun. Wenn dort etwas passiert und jemand in die Mauer kracht, ist er selbst schuld."


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Ferrucci selbst vermeidet es, so nah an die Boxenmauer zu fahren, auch weil er großen Respekt vor dieser Stelle auf dem Indianapolis Motor Speedway hat. "Man sieht wie ein Idiot aus, wenn man dort in die Mauer fährt, nur um den Windschatten zu vermeiden. Ich bin nicht überrascht, dass das passiert ist, denn man muss alles tun, um das Rennen zu gewinnen."

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