• 27.05.2017 09:48

Buchmacher-Favorit: Fernando Alonso bereit für das Indy 500!

Das letzte Interview vor dem 500: Fernando Alonso sieht eine echte Chance auf den Sieg, will während des Rennens lernen und die Tricks der alten Hasen kontern

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Fernando, wie fühlen Sie sich jetzt vor dem Rennen am Sonntag?"
Fernando Alonso: "Ich fühle mich bereit. Mir fehlt noch viel Erfahrung, besonders für die rennentscheidenden Situationen. Dafür haben die alten Hasen sicher ihre kleinen Tricks. Die werde ich hoffentlich während des Rennens auch lernen."

Titel-Bild zur News: Fernando Alonso

Fernando Alonso rechnet sich beim Indy 500 Chancen auf den Sieg aus Zoom

"Aber ich fühle mich bereit und glaube, dass wir uns im Training gut vorbereitet haben. Ich habe viel im Simulator trainiert und mir viele Videos von alten Rennen angesehen. Natürlich fehlt mir die Erfahrung, ich mache ja alles zum ersten Mal. Den fliegenden Start zum Beispiel. Gleichzeitig habe ich hart gearbeitet und könnte nicht besser vorbereitet sein. Vielleicht ist es nicht genug, aber mehr hätte ich nicht tun können."

Frage: "Weil Sie es ansprechen: Wie haben Sie sich auf den fliegenden Start vorbereitet?"
Alonso: "Mein letzter fliegender Start war 1997 bei der Go-Kart-WM! Ich habe mir die Rennen vergangener Jahre angeschaut, besonders Onboard-Aufnahmen. Und ich habe die Daten aller Autos unseres Teams vom vergangenen Jahr studiert. Darauf versuche ich mir einen Reim zu machen."

"Im Simulator haben wir auch einiges ausprobiert, aber im Simulator fährst du immer nur alleine und nicht gegen andere Autos. Vielleicht wird mir dies und jenes fehlen. Aber das lerne ich hoffentlich in der ersten Rennhälfte, um in der zweiten Rennhälfte besser vorbereitet zu sein. Ich habe alles gegeben: Simulator, Videos, Team, Training - ich kann mir nichts vorwerfen."

Das Kribbeln beginnt erst am Sonntag

Frage: "Wie sieht es tief in Ihnen aus jetzt? Sind Sie aufgeregt?"
Alonso: "Ich spüre keinerlei Emotion. Das wird am Montag anders sein! Da kann ich das wieder zulassen, aber momentan konzentriere ich mich voll und ganz auf die Arbeit mit dem Team. Ich saß noch am Freitag im Simulator. Wenn du so konzentriert bist, bleibt kein Raum für Emotionen."

Frage: "In Las Vegas führen Sie die Buchmacher als Favoriten auf den Sieg. Ist das eine objektive Erwartungshaltung?"
Alonso: "Wahrscheinlich nicht. Das Indy 500 ist ein unvorhersehbares Rennen, das fast jeder Teilnehmer gewinnen kann. Jungs, die vom 24. Startplatz kommen, werden irgendwann wahrscheinlich mal führen. Das ist das Schöne an diesem Rennen, dass jeder seine Chance hat."

"Meine ist aber kleiner als die einiger alter Hasen, glaube ich, weil mir die Erfahrung fehlt. Aber ich werde versuchen, diese kleinere Chance zu nutzen. Ich bin gut vorbereitet und werde versuchen, meine fehlende Erfahrung mit Motivation und Racing-Spirit auszugleichen. Ich empfinde großen Respekt vor meinen Konkurrenten, großen Respekt für dieses Rennen. Und wenn jemand wetten will und Geld auf mich setzt, dann werde ich versuchen, die Wette aufgehen zu lassen!"


Indy 500 2017: PK Alonso, Castroneves, Sato

Fernando Alonso spricht nach dem "Carb-Day" über seine Chancen beim Indy 500. Weitere Gäste: Helio Castroneves und Takuma Sato. Weitere Formelsport-Videos

Frage: "Wie aggressiv werden Sie das Rennen angehen?"
Alonso: "Mal sehen. Für die Anfangsphase habe ich nicht wirklich einen Plan. In der Formel 1 sind wir daran gewöhnt, dass wir gleich in den ersten paar Kurven um die Positionen kämpfen, weil danach die Reihenfolge bezogen ist. Hier ist das ganz anders. Ich kann nicht sagen, dass ich zu Beginn auf Nummer sicher gehen werde, denn das würden alle anderen ausnutzen. Ich muss mir alles offen lassen."

Kein leichtes Opfer in den ersten Runden

"Wenn ich mit einer schnellen Gruppe mitfahren kann, wäre das gut. Wenn ich weiter zurückfalle, dann werde ich ruhig bleiben und auf meine Chance später im Rennen warten. Und sollte ich gleich am Anfang konkurrenzfähig sein, werde ich sicher nicht absichtlich bremsen. Ich glaube, das Rennen bringt dich letztendlich in die Position, die du verdienst."

Frage: "Was wäre am Montagmorgen, wenn Sie aufwachen, ein Erfolg beim Indy 500 für Sie?"
Alonso: "Ich will das Rennen und die Zeit hier genießen. Das Indy 500 ist ein Rennen, das sich nicht planen lässt. Daher habe ich keinen Plan und keine konkreten Erwartungen. Bisher waren wir recht konkurrenzfähig, im Qualifying konnte ich sogar um die erste Startreihe kämpfen."

Fernando Alonso

Das Fahren im Pulk ist eine der großen Herausforderungen für Rookies Zoom

"Ich wäre gern auch im Rennen so konkurrenzfähig, aber wenn ich nach 100 Runden zurückfalle, kann ich am Ende des Rennens auch nicht traurig sein. Dieser ganze Event war eine fantastische Erfahrung. Ich will den Moment genießen. Das ist mein Ziel."

Frage: "Die anderen Fahrer waren sehr nett zu Ihnen. Das wird sich mit der grünen Flagge am Sonntag ändern. Sind Sie darauf vorbereitet?"
Alonso: "Ja, sicher. That's Racing! Ich werde auch nicht mehr so nett sein wie in den Trainings!"

Andrettis stehen mit Rat und Tat zur Seite

Frage: "Haben Sie sich Rat eingeholt, wie Sie mit den Restarts umgehen sollen?"
Alonso: "Ich habe mir ganz viele Ratschläge eingeholt. Michael, Mario (Andretti; Anm. d. Red) geben mir jeden Tag Ratschläge. Meine Teamkollegen, Gil (de Ferran; Anm. d. Red.). Aber letztendlich musst du es selbst machen und ein bisschen improvisieren."

"Die ersten paar Restarts sind die beste Gelegenheit zu lernen. Was auch immer du vorher besprichst, es wird in der Realität anders kommen. Also werde ich versuchen, bei den ersten Restarts zu lernen und meine Fehler beim jeweils nächsten Restart nicht mehr zu machen. Und bei den letzten werde ich dann hoffentlich schon ein erfahrenerer Pilot sein."

Frage: "Haben Sie die Restarts gezielt trainiert? Das ist ja genau das, was Nigel Mansell 1993 den Sieg gekostet hat."
Alonso: "Im Simulator, ja. Mehr kann ich nicht tun. Aber es gibt halt keine echten Gelbphasen und keine echten Restarts, bis sie im Rennen passieren. Runde 1 wird meine erste Erfahrung sein. Beim zweiten Restart werde ich schon ein bisschen besser sein, und beim dritten noch besser. Und hoffentlich genauso gut oder besser als die anderen, wenn dann der letzte Restart kommt. Denn der ist am wichtigsten."


Indy 500 2017: PK Fernando Alonso, Alexander Rossi

Die Andretti-Teamkollegen sprechen nach dem Qualifying zum Indy 500 unter anderen über den höchsten Speed seit 1996. Weitere Formelsport-Videos

Frage: "Bei all Ihren Erfolgen: Wo würden Sie einen Sieg am Sonntag für sich einordnen?"
Alonso: "Schwer zu sagen. Darüber habe ich noch nicht nachgedacht. Sollte es so kommen, werde ich mir für Sonntag eine bessere Antwort einfallen lassen."

Noch keine Träume vom Sieg in Indy

Frage: "Haben Sie visualisiert, wie es wäre, hier zu gewinnen und in die Victory-Lane zu fahren, die Borg-Warner-Trophy überreicht zu bekommen?"
Alonso: "Nicht wirklich, nein. Noch nicht. Ich habe dauernd nur Simulator-Bilder gesehen, Set-ups. Das sind die Dinge, die in meinem Kopf schwirren. Nicht das Bild von der Trophäe."

Frage: "Wann war das letzte Mal, dass Sie mit so wenig Erfahrung in ein Rennen gegangen sind? Können Sie das mit irgendetwas vergleichen?"
Alonso: "Ich weiß nicht. Vielleicht mit der Formel 3000. Da haben alle die gleichen Autos. In der Formel 1 hast du immer Stärken und Schwächen - du weißt genau, wo du am besten überholen kannst, was deine Chance sein könnte, der Start, ein späterer Zeitpunkt, die abbauenden Reifen der anderen. Aber du hast immer anderes Material als die anderen Teams."

Fernando Alonso

Fernando Alonso wird von den Buchmachern zu den Favoriten gezählt Zoom

"Hier ist die Performance aller Teams mehr oder weniger gleich. So hat jeder eine Chance. Das freut die Fans und schürt die Spannung vor dem Rennen. Aber um auf die Frage zurückzukommen: Muss 16 oder 17 Jahre her sein!"

Frage: "Was ist Ihre größte Sorge vor dem Rennen?"
Alonso: "Keinen großen Fehler zu machen. Ich bin ein Neuling in diesem Rennen. Hoffentlich kann ich mit Dingen wie Restarts, Boxenstopps, Fahren im Pulk umgehen und sie richtig umsetzen. Das ist ja alles neu für mich. Es ist eine Sache, sich auf diese Dinge vorzubereiten und sich bereit zu fühlen, aber es ist etwas ganz anderes, es dann auf den Punkt umzusetzen. Darauf muss ich mich wahrscheinlich am meisten konzentrieren."

Alonso glaubt: Chance auf den Sieg lebt

Frage: "Glauben Sie, dass Sie das Rennen gewinnen können?"
Alonso: "Es könnte passieren. Dieses Rennen können viele Fahrer gewinnen. Selbst die Fahrer, die von Platz 25 oder 27 kommen, werden wahrscheinlich irgendwann mal führen. Das ist das Schönste am Indy 500, weil du dir vorher keinen definierten Plan zurechtlegen kannst. Diese Unvorhersehbarkeit sorgt für die tolle Show."

"Ich bin mir sicher, dass wir eine Chance haben. Vielleicht nicht so groß wie die alten Hasen, denn die sind erfahren und kennen alle Tricks, die sie in den entscheidenden Momenten auspacken können. Das kann ich nicht. Aber ich werde versuchen, das mit Entschlossenheit, Speed und Fokus auf die entscheidenden Momente wettzumachen."

Frage: "Wie war das Fahrverhalten im Pulk bisher?"
Alonso: "Gut. Wir sind sechs Fahrer in einem großen Team, wir teilen viele Daten untereinander. Manchmal ist das Set-up, mit dem du dich am besten fühlst, nicht das beste Set-up für das Fahren im Pulk. Aber ich habe erfahrene Teamkollegen und vertraue ihnen, dass wir für das Rennen bestens gerüstet sein werden. Da erwarte ich keine Probleme. Es geht mehr darum, alle Prozeduren richtig umzusetzen, die neu für mich sind."


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Die Zusammenfassung des Pole-Day in zwei Minuten: Scott Dixon auf Pole, Fernando Alonso wird Fünfter. Weitere Formelsport-Videos

Frage: "Sie werden dreieinhalb Stunden in diesem Auto sitzen. Wie haben Sie sich darauf vorbereitet?"
Alonso: "Wenn alles gut läuft und es keine Probleme gibt, wird es eine Freude sein, so lange zu fahren. Dann kommen einem dreieinhalb Stunden ganz kurz vor. Ich liebe es, ein Rennauto zu fahren. Aber wenn es nicht nach Plan läuft, dann können dreieinhalb Stunden ganz schön lang sein. Hoffentlich kommt es nicht so!"

Ganz cool: Druck ist keine Belastung

Frage: "Die ganze Motorsport-Welt schaut an diesem Wochenende auf Sie. Der Druck muss enorm sein. Wie schieben Sie das von sich weg?"
Alonso: "Das geht schon. Ein Rennfahrer hat immer Druck. Ich weiß, dass es am Sonntag kribbeln wird. Schon am Vormittag, dann die Phase vor dem Start. Aber wenn du das Visier runterklappst, siehst du nur noch diesen schmalen Streifen mit der Rennstrecke vor dir. Du willst alle anderen schlagen. Der Druck wird am Sonntag kein Faktor sein."

Frage: "Sie hatten im Qualifying einen Motorschaden. Bereitet Ihnen das Sorgen?"
Alonso: "Nein, nicht mehr. Das eine Problem hatten wir schon, das können wir von der Liste streichen! Ich bin total entspannt, was das angeht. Und ich bin zufrieden mit der Performance. Wir waren zumindest im Qualifying schneller als Chevy. Sie werden im Rennen da sein, auch die Penskes. Aber bisher leistet Honda fantastische Arbeit."

"Das eine Problem hatten wir schon, das können wir von der Liste streichen!" Fernando Alonso

Frage: "Alle Fahrer sprechen darüber, wie mental auslaugend das Indy 500 ist. Wie bereiten Sie sich darauf vor?"
Alonso: "Ich versuche, mit so vielen Informationen wie möglich ausgestattet zu sein. Nur zu wenig zu wissen, könnte mich nervös machen und schwächen. Wenn ich das Gefühl habe, dass ich nicht alles unter Kontrolle habe oder etwas nicht weiß."

"Ich habe mir viele Rennen aus vergangenen Jahren angeschaut, habe im Simulator gearbeitet, mit dem Team, die Daten des Vorjahres studiert - bei dieser gelben Flagge, bei diesem Restart, in dieser Rennsituation. All diese Arbeit der vergangenen zwei oder drei Wochen lässt mich dem Rennen momentan sehr entspannt entgegenblicken. Ich bin nicht nervös. Aber einiges kann ich nur während des Rennens lernen. Darauf freue ich mich."