Pannen-LMP2 aus Daytona wird zum Social-Media-Renner

Der Ligier von Sean Creech Motorsport und vor allem Lance Willsey zogen mit ihrem Rennen voller Pleiten, Pech und Pannen den Humor in zahlreichen Memes auf sich

(Motorsport-Total.com) - Es gibt zwei Möglichkeiten, bei einem großen Rennen wie den 24 Stunden von Daytona auf sich aufmerksam zu machen. Entweder man macht es wie Porsche und sorgt mit einem Sieg für Schlagzeilen. Oder man macht es wie Sean Creech Motorsport und sorgt mit einem Rennen voller unfreiwilliger Komik für Aufsehen. (Um die humorvollen Twitter/X-Embeds zu sehen, bitte Embeds für diesen Artikel erlauben)

Titel-Bild zur News: Der Ligier JS P217 von Sean Creech Motorsport erlebte ein desaströses Rennen voller Zwischenfälle

Der Ligier JS P217 von Sean Creech Motorsport erlebte ein desaströses Rennen voller Zwischenfälle Zoom

Tatsächlich wirkte der Auftritt von Lance Willsey, Joao Barbosa, Jonny Edgar und Nolan Siegel an manchen Stellen arg unbeholfen. Vor allem Amateurfahrer Lance Willsey, ehemaliges Vorstandsmitglied des Pharmakonzerns Exelixis, fiel mit einigen Fahrfehlern auf, bei denen er von außen betrachtet teilweise etwas schusselig wirkte.

Am Ende löste der Ligier #33 allein vier Gelbphasen aus. Doch das war nur die Spitze des Eisbergs der zahlreichen Zwischenfälle, in die der Bolide während des Rennens verwickelt war. Das Internet zog zahlreiche Vergleiche mit der LMP3-Klasse, die einen äußerst zweifelhaften Ruf in ihren drei IMSA-Jahren hatte.

Dass es sich bei der Mannschaft durchaus um ein professionelles Team mit ernsthaften Ambitionen handelt, das in der LMP3-Klasse bereits die 12 Stunden von Sebring gewonnen hat und bei den 24 Stunden von Daytona zweimal Zweiter geworden ist, spielt für die Online-Community natürlich keine Rolle. Motto: Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen.

So wurde das Team vor allem von den Twitter-Kanälen Fifth Gear und Random WEC Memes gleich reihenweise auf die Schippe genommen. Auch andere Kanäle machten sich humorvoll über das Fahrzeug und insbesondere Willsey lustig, etwa bei einer Verkehrskontrolle wegen merkwürdiger Fahrmanöver.

Das Team, dessen bisherige Klasse LMP3 in der IMSA SportsCar Championship seit diesem Jahr nicht mehr ausgeschrieben ist, stieg für 2024 notgedrungen in die LMP2 auf. Diese Klasse wird eigentlich vom Oreca 07 dominiert. Sean Creech hingegen hat sich - wohl aus Budgetgründen - einen Ligier JS P217 zugelegt.

Das Fahrzeug gilt gegenüber dem Oreca als unterlegen. Nolan Siegel bemerkte vor dem Rennen, dass dies der einzige LMP2-Ligier im regulären Renneinsatz weltweit sei. Allerdings gilt der Bolide im Vergleich zum Oreca auch als schwieriger zu fahren.

Zudem konnte das Team mit dem Fahrzeug nicht wie gewünscht in Daytona testen. Ein geplanter Privattest fiel der Asphaltierung der Auslaufzone vor der Le Mans-Schikane zum Opfer, ein anderer dem Regen.

"Das ist nicht, wer wir sind"

Dennoch ist das Team, das über einen professionellen Social-Media-Auftritt und eine eigene Presseabteilung verfügt, nach diesem Auftritt äußerst selbstkritisch. "Nach unseren positiven Erfahrungen beim Roar [before the 24, offizieller Vortest] eine so schmerzhafte Niederlage zu erleiden, ist sehr schade, ehrlich gesagt inakzeptabel", sagt Willsey.

"Das ist nicht, wer wir sind", sagt er offenbar auch mit Blick auf die Reaktionen in den sozialen Medien, wo es neben humorvollen Memes auch zahlreiche hämische Kommentare hagelte. "Wir werden daraus lernen und gestärkt nach Sebring zurückkehren. Wir haben eine lange Liste von Dingen abzuarbeiten."

Willsey nimmt das Team ausdrücklich in Schutz, womit sich der Fokus natürlich sofort in Richtung Ligier verschiebt. Für den französischen Hersteller war der Auftritt mit einem Auto, das schon vor Jahren den Wettbewerb gegen Oreca schlichtweg verloren hat, natürlich ebenso unangenehm.

Als Grund für die vielen Dreher und Verbremser von Lance Willsey nennt die Pressemitteilung zunehmende Probleme mit einem instabilen Heck, insbesondere beim Anbremsen in der Anfangsphase. Bei den zahlreichen Abflügen von Willsey nahmen die Memes bereits ihren Lauf.

"Es war eine Vielzahl von Umständen, die zu unserem enttäuschenden Abschneiden führten. In erster Linie waren es elektronische Ausfälle der Servolenkung zu ungünstigen Zeitpunkten und fehlende Teile, als wir sie brauchten."

Nach Sonnenuntergang begannen die Probleme erst richtig. Die Schwierigkeiten mit der Servolenkung konnten auf eine schwache Batterie zurückgeführt werden, was auch eine der vier Gelbphasen auslöste, die der Ligier #33 verursachte. Nach Angaben des Teams trat das Problem auch nach mehreren Reparaturversuchen an der Lichtmaschine immer wieder auf.

Dennoch wurde das Fahrzeug in der Nacht wieder auf die Strecke gebracht und es folgten einige ereignislose Stunden. Am Sonntagmorgen verlor der Bolide dann aus heiterem Himmel seine Motorabdeckung, woraufhin das Fahrzeug zurückgezogen wurde. Das Team betont, dass es zuvor beim Boxenstopp das Teil auf festen Sitz überprüft hatte.

Wie viel Schuld trägt Ligier?

Teambesitzer Sean Creech übt subtile Kritik an Ligier: "Wir haben an diesem Wochenende viel Zeit mit Ligier verbracht und ich erwarte, dass das so weitergeht, wenn wir gemeinsam analysieren, was an diesem Wochenende alles passiert ist. Wir haben eine Vorstellung von den Schwachstellen und werden uns in den kommenden Wochen damit beschäftigen."

Routinier Joao Barbosa, dreimaliger Gesamtsieger der 24 Stunden von Daytona, versucht die Wogen professionell zu glätten: "Wir hatten eine so vielversprechende Performance beim Roar und ein tolles Basis-Set-up für das Auto."

"Aber es ist natürlich ein neues Auto für das Team, und es war das erste Mal, dass wir es so lange am Stück gefahren sind - und leider kamen einige Schwächen des Autos zum Vorschein, die uns etwas zurückgeworfen haben. Die Pace war da. Wir waren nicht die Schnellsten, aber wir konnten das Tempo der Spitze mitgehen und waren sehr konstant. Schade, dass wir das Rennen nicht beenden konnten."

Mit Indy-NXT-Pilot (ehemals Indy Lights) Nolan Siegel und Jonny Edgar, dem Meister der ADAC Formel 4 2020, saßen auch zwei Nachwuchspiloten im Auto, für die es aufgrund der vielen Zwischenfälle ebenfalls schwierig war.

"Es war ein sehr harter Tag", sagte Siegel. "Wahrscheinlich der härteste Tag, den viele in diesem Team je erlebt haben. Aber wenn man so ein Programm mit einem neuen Auto und allem, was neu ist, beginnt, konnte niemand erwarten, dass wir das Rennen ohne Probleme überstehen."

"Ich bin allen Jungs im Team dankbar, dass sie durchgehalten haben und während des Rennens die ganze Nacht wach geblieben sind, um am Auto zu arbeiten - wir sind mehrmals in die Garage gekommen, und jedes Mal hat sich jeder sofort an die Arbeit gemacht, ohne sich zu beschweren. Jeder hat sich voll auf seine Aufgabe konzentriert."

Siegel hebt die Pace des Fahrzeugs hervor, als es lief. Edgar stimmt ihm zu: "In der vergangenen Woche [beim Vortest] gab es Abschnitte, in denen das Auto schnell war, schneller als jeder von uns - und wahrscheinlich auch der Rest des Feldes - erwartet hatte. Das war schön zu sehen."

"Aber offensichtlich gab es einige Probleme, die sich leider erst im Rennen zeigten. Wir hatten Probleme mit dem Auto erwartet, weil es seit einigen Jahren nicht mehr gefahren ist. Aber für mich gab es während des gesamten Rennens viel Positives - mein erstes richtiges Langstreckenrennen und zwei Doppelstints in der Nacht."

"Damit bin ich eigentlich zufrieden. Es tut mir nur leid, dass wir nach all der Arbeit, die wir alle im Team in der vergangenen Woche geleistet haben, kein besseres Ergebnis einfahren konnten. Aber ich bin trotzdem sehr dankbar für die Gelegenheit, Rennen zu fahren, und glücklich, hier gewesen zu sein."

Nicht nur der Ligier musste den Spott des Internets über sich ergehen lassen. Auch das Abwinken des Rennens 90 Sekunden vor Schluss bekam sein Fett wett. So wurde Porsche mehrmals zum Sieg bei den 23:58:24.723 Stunden von Daytona gratuliert - mit der ironischen Frage, ob das überhaupt auf eine Rolex passt, die es traditionell für den Sieger gibt.

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